Schoen wie Kaesekuchen
in dem Rosenstrauch, der neben der Bank steht, sehe ich zwei grüne Augen funkeln.
»Na warte, dich erwische ich!«, rufe ich jubilierend aus. Ohne die verwirrt dreinschauende Connie eines weiteren Blickes zu würdigen, renne ich los und werfe mich mit einem beherzten Hechtsprung mitten in den Rosenstrauch. Ich ignoriere das Kratzen der Dornenranken und konzentriere mich auf meinen Fang. Der Kater, den ich mit aller Gewalt mit meinen Händen umklammert halte, sträubt sich, faucht und versucht alles, um mir mit einer seiner beeindruckend scharf aussehenden Krallen, eine zu wischen.
»So schnell sieht man sich wieder. Wer hätte das gedacht, Gevatter Tod. Erinnerst du dich an mich?« Kaum habe ich ihn mit diesem Namen angesprochen, erstarrt der Kater in meinen Händen. Er dreht seinen Kopf zu mir und schaut mir mit seinen funkelnden, grünen Katzenaugen direkt ins Gesicht. Jetzt bin ich mir sicher, dass ich den Richtigen erwischt habe. Gut, so ein bisschen Glück habe ich mir auch wirklich verdient.
»Sieh an, wen haben wir denn da? Die kleine freche Mortatin. Einmal am Tag zu sterben genügt dir wohl nicht? Also was willst du schon wieder?«
»Könnte ich dich vielleicht einen Moment in Ruhe sprechen? Vorzugsweise an einem Ort, an dem ich nicht von Dornen gepiekst werde?«
»Glaubst du vielleicht, du kannst dich mal eben so mit dem Tod persönlich auf einen netten Plausch verabreden? Was denkst du denn, wer du bist?« Verächtlich schaut er mich an. »Und jetzt rate ich dir, mich schnellst möglich loszulassen. Es sei denn, du willst dein ohnehin nicht allzu attraktives Gesicht noch mit einem schönen Kratzer dekorieren!«
Ich entlasse den kleinen Kater aus meiner Umklammerung und breche unvermittelt in Tränen aus. Wollen wir mal sehen, ob das nicht klappt: »Genau darum geht es doch! Was soll ich denn bloß tun? Wenn du mir nicht hilfst, weiß ich nicht mehr weiter.«
»Och, nicht weinen. Ist doch alles gut!«, maunzt der Tod und reibt seinen Kopf liebevoll an meiner Wange. »Na, ich will mal nicht so sein. Ich schiebe den Todesfall ein paar Minuten auf und unterhalte mich kurz mit dir, ja? Aber hör bitte auf zu schluchzen, das nimmt mich immer so mit.«
Der Tod hat ja eine richtig sensible Seite. Das hätte ich bei seinem Job nicht vermutet. Da haben sich die zwei Semester Schauspiel an der Uni doch gelohnt.
»Hallo, Monique, ist alles in Ordnung bei Ihnen?«, ruft Connie ins Gebüsch hinein.
Oh verdammt! Die Nervensäge hatte ich ganz vergessen. Nach dem Auftritt geht sie bestimmt davon aus, dass ich mir bei dem Unfall vorhin doch einen ernsteren Schaden zugezogen habe. Rasch wische ich mir die Tränen aus den Augen.
»Äh, ja, alles in bester Ordnung. Ich ähm … musste nur kurz etwas nachsehen.«
»Pst«, raune ich dem Tod zu. »Du könntest mir noch einen winzig kleinen Gefallen tun. Tue einfach einen Moment lang so, als wärst du eine richtige Katze.« Noch ehe der Tod seiner Empörung über diese unverschämte Forderung Luft machen kann, schnappe ich ihn mir und krieche mitsamt dem sich windenden Kater unter dem Rosenstrauch hervor.
»Alles in bester Ordnung, Connie. Ich habe nur diesen kleinen Ausreißer gesucht.« Zum Beweis streichele ich dem Tod beruhigend über den Kopf und ignoriere geflissentlich das aggressive Fauchen seinerseits.
»Oh, der ist aber süß. Ist das Ihrer? Wie heißt der kleine Kerl denn?«
Ehe ich eine Warnung aussprechen kann, hat Connie auch schon ihre Hand ausgestreckt und krault unwissentlich Gevatter Tod höchstpersönlich das Kinn. Zu meiner Überraschung fällt sie aber nicht tot um. Vielmehr vernehme ich ein glückliches Schnurren seitens des Katers, der jetzt vollkommen entspannt in meinen Armen liegt.
»Meine Güte, Sie scheinen sich aber gut mit Katzen auszukennen. Normalerweise ist er nicht so leicht zu besänftigen. Und nein, der gehört nicht mir, sondern einer Nachbarin und ihr ist er vor ein paar Tagen entwischt. Zufälligerweise habe ich ihn, als ich hier vorbeikam, über die Straße laufen sehen und beschlossen den kleinen Ausreißer wieder nach Hause zu bringen. Sein Name ist übrigens Diablotin, weil er so ein kleines Teufelchen ist.« Bravo, Monique. Langsam machst du Fortschritte, was das Improvisieren in ungewöhnlichen Lebenslagen anbelangt.
»Das ist aber sehr nett von Ihnen. Und das, obwohl Sie doch heute Morgen erst so einen schlimmen Unfall hatten. Ihre Nachbarin muss Ihnen wirklich sehr am Herzen liegen. Schön, dass es Leute wie Sie
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