Schokoladenzauber - Roman
seltsam erscheint«, wagte ich eine zynische Erklärung.
»Das stimmt nicht. Felix zum Beispiel ist nicht seltsam«, protestierte sie.
»Jeder Mann, der so in seine Bücher versunken ist, dass er nicht bemerkt, wenn sein Jackett falsch geknöpft ist oder er zwei verschiedene Schuhe trägt, hat einen gewissen Hang zur Seltsamkeit, selbst wenn er nett ist, meinst du nicht?«
»Liebenswerte Exzentrizitäten sind etwas anderes«, widersprach sie entschieden, zögerte und fügte hinzu: »Chloe, ist dir in letzter Zeit aufgefallen, dass dich Felix irgendwie … anders ansieht? Ich hatte eine Weile geglaubt, ich bilde mir das nur ein, aber neulich Abend …«
Ich seufzte. »Oh, du hast es also auch bemerkt? Ich hatte gedacht, ich spinne mir da etwas zurecht – zumindest hatte ich das gehofft. Aber nachdem er nun ein Beziehungsleben will, hat er sich aus irgendeinem wahnwitzigen Grund offenbar auf mich fixiert. Das hat vermutlich letztes Jahr angefangen, als er bei einer Auktion ein paar alte Kate-Bush-Platten erworben hat und fand, ich sähe ihr ähnlich. Seitdem betrachtet er mich mit anderen Augen.«
»Ja, da magst du recht haben«, sagte Poppy nachdenklich. »Zu dem Zeitpunkt ist es mir auch zum ersten Mal aufgefallen. Wahrscheinlich hat er endlich gemerkt, wie hübsch du bist – und ihr versteht euch doch gut.«
Ich ignorierte das Kompliment, weil Poppy so etwas nur aus freundschaftlicher Loyalität sagte, und erwiderte: »Natürlich verstehen wir uns, das gilt für uns alle drei – wäre es dann nicht das Naheliegendste, wir würden eine Ménage à trois beginnen?«
Sie grinste. »Wenn du es so formulierst, sehe ich, wie albern das ist. Felix war immer ein Bruderersatz, ein Leben lang, es würde einiges erfordern, damit wir ihn mit anderen Augen sehen.«
»Ja, einen sehr starken Zauber.«
Poppy kicherte wieder. »Ich habe Felix zweimal dabei erwischt, wie er auf Yo u Tube ein altes Video von Kate Bush angeschaut hat, ›Wuthering Heights‹, und er war eindeutig verzaubert.«
»Ich sehe nicht wie Kate Bush aus.«
»Die meisten würden sich über den Vergleich freuen. Ich ganz bestimmt.«
»Ich glaube, ich habe einfach eine grundsätzliche Aversion gegen eine Doppelgängerin. Na komm, gehen wir ins Cottage und trinken einen Kaffee. Ich bringe das später zur Post – das ist nicht dringend.«
Ich holte einige meiner Trüffelexperimente hervor. Obwohl ich ausschließlich hohle Schokolade verkaufe, mache (und esse) ich auch gerne gefüllte – ein Fach in meinem Kühlschrank ist immer voll. Und außerdem gibt es nichts Besseres zur Aufmunterung und Beruhigung als ein Stück Schokolade. Als Poppy zurück zur Reitschule fuhr, war ihr üblicher Elan fast wiederhergestellt.
Ich rollte meine Pakete zur Post und überlegte, wie man Felix’ Interesse in Richtung Poppy verschieben und sie dazu bringen könnte, ihn als potenziellen Geliebten und nicht als Bruder zu betrachten.
Aber da es vollkommen ausgeschlossen war, dass sie sich in eine Kate Bush verwandeln würde oder er sich in einen George Clooney, war die Situation ziemlich verfahren.
Kapitel vierzehn
Feenstaub
P oppy wusste zu berichten, dass Hebe Winter eine kurze Nachricht von der Sekretärin des Bischofs erhalten hatte. Demnach würde der neue Vikar schon bald seine Pflichten aufnehmen, viel früher, als alle erwartet hatten.
Als am Freitagnachmittag zwei riesige Umzugswagen zum Pfarrhaus rumpelten, trieb auch mich die pure Neugierde auf die Straße – offiziell wollte ich im Supermarkt ein Brot kaufen –, auch wenn wahrscheinlich bloß die Besitztümer des neuen Amtsinhabers eintrafen, nicht jedoch er selbst.
Die Auffahrt des Pfarrhauses war recht kurz, die größte Fläche des Grundstücks, das auf die Angel Lane stieß, lag hinter dem Haus. Das Tor stand offen, die Möbelwagen parkten vor der Eingangstür, die Packer trugen Dinge ins Haus. Das meiste sah nach ganz gewöhnlichen Möbeln aus, von einem gewaltigen hölzernen Bettkopfende abgesehen, das sehr alt wirkte. Aber aus der Ferne war das schwer zu sagen, und ich konnte auch bloß deshalb etwas erspähen, weil der Wind eine Schutzdecke anhob.
Dann kam etwas, das wie große Statuen aussah, aber so dick eingewickelt war, dass man die Form kaum erkennen konnte. Trotzdem sind die Besitztümer anderer unheimlich faszinierend; es ist wie bei einer Fernsehshow, bei der alle möglichen Gegenstände auf einem Band vorbeirollen und man nie weiß, was als Nächstes kommt.
Aber ich konnte nicht
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