Schottische Ballade
Doch sie durfte keine romantischen Gedanken für den Mann hegen, der sie einst betrogen hat. Sie war eine kluge Frau mit einem Sohn, an den sie denken musste. „Ich kann sie nicht annehmen.“ Sie warf ihm den Beutel zu.
Seine Hand griff nach der ihren. „Wir werden das später besprechen ... wenn ich zurückkehre.“
Rowenas Ärger hatte ein anderes Ziel gefunden. „Wenn du mit diesen Kinderjägern ausreitest, werde ich niemals mehr mit dir sprechen.“
„Ah, du hast dein feuriges Temperament noch nicht verloren.“ Seine freie Hand wühlte in ihrem Haar, das lose auf ihre Schultern herabfiel. Er strich es von ihrer Schläfe, ein zärtliches Lächeln wärmte seine harten Züge. „In dir sind alle Farben des Hochland-Herbstes gefangen. Ja. Und deine Augen sind so blau wie der Sommerhimmel. Doch es ist deine kühne Art, die mich all die Jahre begleitet hat.“
Rowena verschlug es den Atem, sie konnte kaum denken, wenn er so liebevoll sprach. „Du ... du hast kein Recht, solche Dinge zu sagen, wenn ich böse mit dir bin.“
„Die Wahrheit ist niemals fehl am Platz, Mädchen. Und die Tatsachen sind oftmals nicht, was sie scheinen.“ Seine dunklen Augen waren vom Rand seines Helmes beschattet.
„Was willst du damit sagen?“ wisperte sie.
„Bloß das.“ Er zog sie so fest an sich, dass ihre Brüste die kalten Metallglieder seines Kettenhemdes berührten. „Du musst hinter das Offensichtliche blicken. Der Earl reitet aus, und ich muss gehen, obwohl ich es vorziehen würde, zu bleiben und die Zeit des Tages mit dir zu verbringen.“
Rowena zögerte. In seinen Augen suchte sie nach Antworten. Hinter ihr machten sich Männer zum Ausritt fertig. Einige waren Freund, andere Feind. Ritten unter ihnen vielleicht die Männer, die sie letzte Nacht auf der Treppe angegriffen hatten? Ein Mummenschanz? Wer sind die Helden? Wer die Schurken? Was war das Ziel dieses Schauspiels? Und welche Rolle spielte sie darin? „Zu viele Fragen und keine Antworten.“
„Ich werde sie beantworten, wenn ich zurückkehre. Bis dahin bitte ich dich, mir zu vertrauen und nichts Übereiltes zu tun.“ Rowena nickte zögernd, Kälte erfasste sie nicht nur bei seinen Andeutungen, sondern auch durch die Kühle der Morgenluft. „Dann erwarte ich deine Rückkehr, doch das Geschmeide will ich nicht.“
„Ich werde mit Freuden diese Angelegenheit mit dir besprechen, Madame.“ Er hob ihre Hand und küsste sie. Diese einfache Berührung ließ einen Schauer über ihren Rücken laufen. Er lächelte breit und auffordernd. „Geh zurück ins Bett, Rowena, und träume von mir.“
Wusste er? Er konnte nicht, und doch ... Sie errötete und zog ihre Hand zurück, aber er lachte nur und brachte sie ins Innere der Burg. Der Eingang war nun verlassen, und sie waren für den Augenblick allein.
„Ich lasse drei Männer zurück, die auf dich aufpassen sollen. Sie werden sofort bereitstehen, sobald ich ihnen den Befehl erteilt habe. Dies ist eine Angelegenheit, die wir nicht öffentlich besprechen werden“, fügte er hinzu und küsste sie rasch. „Sei ein braves Mädchen, bis ich zurückkomme.“
Er war bereits weg, ehe sie ihm den Tritt versetzen konnte, den er wohl verdient hätte.
„Dein Liebhaber ist sehr galant“, vernahm sie eine kalte, wohl-bekannte Stimme. Eneas kam die Treppe, die zu den Gästezimmern führte, herab. Sein Haar war sauber, das Gesicht von Barthaaren befreit. Das Kettenhemd, das er trug, war neu, und die Tunika darüber war rot und schwarz, in den Farben des Earls. „Du siehst gut und erfolgreich aus“, erwiderte Rowena scharf. Eneas zuckte die Schultern, doch er wirkte selbstgefällig. „Dem Earl das Leben gerettet zu haben brachte unerwartete Vorteile. Ein Gemach in der Festung, neue Bewaffnung und ein Pferd. Und einen Titel. Ich bin nun Laird of Westray.“
„So bist du nicht länger an Hillbrae interessiert“, sagte Rowena und fühlte sich schwindelig vor Erleichterung.
„Ich werde immer Interesse an meinem Zuhause haben.“ Er hielt inne, die Augen kalt und arglistig. „Wenn ich es nur von dir und deiner Brut, die du versuchst, als die meines Bruders auszugeben, fern halten kann.“
„Paddy ist Padruigs Sohn.“
„Das sagst du.“
„Das sagte Padruig.“
„Ja, das hatte er. Und wenn schon, Padruig hätte selbst den Teufel zu seinem Sohn erklärt, nur um mich davon abzuhalten, den Clan Gunn anzuführen.“ Nachdenklich strich sich Eneas über das Kinn. „Ich habe mich immer gewundert, wie es
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