Schwaben-Freunde: Kommissar Braigs 16. Fall (Schwaben-Krimi) (German Edition)
liebt meine Tiere, der versorgt’s zuverlässig, da brauch ich keine Angst ham.«
»Wir reden von Hans Rassauer, ja?«, erkundigte sich Braig. Er wunderte sich, in welch liebevollem Ton die Frau von ihrem Bruder sprach. Wie eine große Schwester, die sich für den jüngeren Anverwandten verantwortlich weiß. Die sollte an Rassauers Tod schuld sein?
»Der Hansi, ja.«
»Fährt Ihr Bruder einen weißen BMW?«
»Oh, das dürfen’s mich nicht fragen. Mein Bruder handelt mit gebrauchten Fahrzeugen. Viele davon fahrt der selber. Die wechseln ständig, wissen’s.«
»Sie haben ein gutes Verhältnis zu ihm?«, fragte Neundorf.
Prolitschka musterte die Kommissarin, starrte ihr in die Augen. »Warum wollen’s dös wissen?«
»Sie hatten die letzten zwei Wochen Kontakt?«
»Na klar, wir telefonieren alle paar Tage. Das tun wir immer, gleich wo wir uns aufhalten. Der Hansi will ja wissen, wie meine Kurse laufen.«
»Ihre Kurse?«
»Ja, ich habe eine Firma für Sportgymnastik. Wir geben Kurse speziell für Frauen. Fitness, Massage, fernöstliche Praktiken wie Shiatsu. Die Damen der neuen Reichen in den Emiraten stehen Schlange. Die eifern unseren westlichen Idealen nach.« Sie bemerkte offensichtlich die Überraschung in den Gesichtern der beiden Kommissare, legte ihre Stirn in Falten. »Was ist jetzt los? Habe ich was Falsches gesagt?«
Neundorf hatte sich als Erste wieder im Griff. »Nein, wir haben nur ein großes Problem. Ihr Bruder, es tut mir leid, aber die Spuren sind eindeutig, Herr Rassauer hat am Dienstagabend ein kleines Kind entführt und bis zum Donnerstagmorgen hier in Ihrem Haus versteckt. Und heute früh …«
»Der Hansi!« Marina Prolitschka vergrub ihr Gesicht in ihren Händen, seufzte laut. »Der Depp! Ein kleines Kind? Etwa das Mädchen, das in den Nachrichten im Internet ständig erwähnt wurde? Oh nein! Von wem hat er sich denn dazu hinreißen lassen?«
Braig glaubte, nicht richtig zu hören. Kein Wort der Widerrede, kein Protest, kein Anwurf einer falschen Beschuldigung. Sie war sofort bereit hinzunehmen, was über ihren geliebten Bruder behauptet wurde.
»Und jetzt ham’s ihn verhaftet, den Deppen, was? Deshalb habe ich ihn telefonisch nicht erreicht! Oh nein, ich kann den Kerl einfach nicht allein lassen, der ist wie ein kleiner Bub! Der Hansi ist nie erwachsen geworden, wissen’s, der lässt sich von einem jeden dahergelaufenen Lumpen zum größten Schwachsinn überreden. Das war schon immer so. Die Mama, Gott hab sie selig, hat ihn einfach zu arg verwöhnt. Und wo ham’s ihn jetzt? Im Gefängnis, ja?«
Neundorf wehrte mit der Hand ab. »Tut mir leid, Frau Prolitschka. Herr Rassauer ist tot.«
»Wie …« Die Frau verstummte mitten im Wort, starrte die beiden Kommissare mit weit aufgerissenen Augen an. »Der Hansi?«, fügte sie dann, gefühlte Ewigkeiten später, hinzu. Sie lief zum Gartenzaun, stützte sich an einem der spitzen Pfähle ab.
Neundorf ließ ihr Zeit, wartete, bis Prolitschka wieder zu einer Frage fand.
»Wie ist es passiert?«
»Mit dem Auto.«
»Der Depp! Wieder gerast wie ein Irrer!«
»Jein«, antwortete die Kommissarin. »An seinem Auto, einem BMW, waren die Bremsleitungen angesägt. An zwei Stellen.«
»Das war Absicht, wollen Sie sagen?«
»Es sieht so aus. Oder trauen Sie Ihrem Bruder einen Selbstmord …«
»Der Hansi? Nie!«, schrie Marina Prolitschka. »Sie können dem Hansi alles vorwerfen. Er ist a bisserl einfach polt, verstehen’s, er hat nicht grad das größte Hirnkastl und ist wirklich nicht zum Universitätsprofessor geschaffen, ja. Und er lässt sich von jedem Deppen zum größten Scheißdreck überreden, da gehört nicht viel Kunst dazu, dass er mitmacht. Aber eines ist er nie: depressiv. Der Hansi lebt gern, schon immer. Und das war auch in den letzten Tagen so, wir haben vorgestern, nein, am Dienstagmittag noch lang miteinander gesprochen. Der war aufgeregt, ja, total aufgeregt, ich weiß nicht, warum. Deshalb bin ich auch so früh es ging zurück, weil ich wissen wollt, was den Kerl so nervös macht die letzten Tage. Aber nein, der Hansi hat nie und niemals Selbstmord begangen, schlagen’s sich das aus dem Kopf!«
31. Kapitel
Marina Prolitschka war es nicht leicht gefallen, Braig und Neundorf noch länger Rede und Antwort zu stehen. Der Tod ihres Halbbruders – »unsere Mütter san verschieden, der Vater war derselbe Hanswurst« – hatte sie im Innersten getroffen.
»Wissen’s, wenn ich nicht so eine starke Person wäre«,
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