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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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dem harten Boden herum und in die Luft hinaus und hat am Ende nichts erschafft. Wie vieldeutig ist das!!
     
    Vom Futter und Allem, was man grün heimthut, entrichtet man keinen Zehnten.
    Beim Kornschneiden muß man die abgeschnittene Frucht stets hinter sich legen, da ist Raum dafür, vorwärts stehen die neuen Halme, die zu schneiden sind; so muß es auch mit unseren fertigen Thaten sein, wir müssen sie aus unserm Gesichtskreise legen und das vor uns stehende Neue in Angriff nehmen.
     
    Wenn ich von ferne die bald sich erhebenden, bald sich niederbeugenden Schnitter ansehe, ist es mir oft, als ob sie ein ceremoniöses Gebet verrichteten.
     
    Da wird der neue Zaun am Schloßgarten mit grüner Oelfarbe angestrichen. Dürres Holz fault in Wind und Wetter, wenn man es nicht mit Farbe bekleidet. Die Natur hat über alle ihre Geschöpfe eine schützende Oberhaut ausgebreitet; die Menschen aber reißen die natürlichen Rinden und Glasuren ab, dann müssen sie eine künstliche auftragen.
     
    Ist die Bildung vielleicht nichts als eine Oelfarbe, die den natürlichen Schmelz ersetzt? Nein, sie ist erhöhte, sie ist die wahre Natur; diese Menschen, wie sie hier sind ....
     
    Der alte Zimmermann Valentin ist so vergeßlich, er geht mit der Peitsche über der Schulter seinen Weg und sagt immer vor sich hin: Hio! ohne zu merken, daß seine Kühe schon dreißig Schritte hinter ihm einen andern Weg gegangen sind. Ergeht es nicht auch manchen Herrschern gerade so?
     
    In einem Garten an der Straße steht eine Trauerweide, deren Aeste in allerlei Ellipsen, Zirkel, schiefe und rechte Winkel zusammengebunden wurden und nun so in einander verwachsen sind.
    Ja, die Aeste des Trauerbaumes, die Zweige des Schmerzens sind am leichtesten zu biegen, da lassen sich die Menschen gar wunderlich verschnörkeln; aber die zähe Naturkraft macht die herben Krümmungen von Neuem ausschlagen. Warum nur die Bauern die verschnörkelte Natur so lieben? warum sie die Trauerweide, den schönsten aller Bäume, so mißhandeln? Vielleicht liegt es tief in der menschlichen Natur, mit dem, was das ganze Jahr die ernsteste Beschäftigung darbeut, auch einmal zu spielen ...
     
    (Am Kreuz im Schießmauernfeld.) Ich habe früher nie über Juden nachgedacht, obgleich in meinem Geburtsorte auch Juden wohnten; ich erinnere mich nur, daß ich als kleines Kind auch die Judenknaben meines Alters verhöhnte und, wenn ich konnte schlug.
    Es kömmt uns nicht ein, über unser Verhältniß zu den Juden nachzudenken, so wenig wir über unser Verhältniß zu den Pferden nachdenken. Im Gegentheil, durch die Bibel bekömmt jedes Christenkind die Empfindung, daß ihm jeder einzelne Jude etwas Böses gethan. Ein geheimnißvoller Abscheu setzt sich dann in der Seele des Kindes fest; ich dachte mir immer alle Juden räudig; ein Kind kann ein Thier liebkosen, nie aber einen Juden.
    Hier habe ich Gelegenheit, oft mit Juden zu verkehren. Der jüdische Lehrer ist ein vorurtheilsfreier Mann von Bildung, wie ich noch selten einen getroffen. Er weiß mehr von der Theologie als von den Naturwissenschaften. Ist das bei allen Juden so? In seinem Unterrichte ist mehr Geistreiches, weniger Methode und Stetigkeit; das ist für minder begabte Kinder nicht gut. Als ich zum erstenmale die Synagoge besuchte, war es mir ganz eigen zu Muthe: hier, in die schwarzen deutschen Tannenwälder haben sich diese ebräischen Worte vom Libanon verloren, und doch, ist nicht auch unsere Religion von dort her? Noch mehr, das alte Rom konnte die Deutschen nicht besiegen, sie nicht römisch reden lehren, das neue vollbrachte es; hier auf den fernen Bergen ertönt allsonntäglich in der Kirche die römische Sprache.
     
    Meinem Hause gegenüber ist der sogenannte Brandplatz: dort stand das Haus, in dem eine ganze jüdische Familie, Großmutter, Schwiegertochter und fünf Enkel verbrannt sind; jetzt spielen die Kinder am liebsten auf dieser Stätte, eine solche Ruine bietet sonst seltene Verstecke. An den schwarzen Wänden klettern die rothwangigen Buben umher und tollen und jubeln. So baut sich überall schnell neues Leben auf; wo die Flammen einst gewüthet, tummelt sich sorglos das junge Geschlecht. Es ist auch in der Weltgeschichte so.
     
    Drinnen im Dorfe haben sie heute den Hammeltanz aufgeführt.
    Solche Dinge passen nicht mehr in unsere Zeit, sie gehören in das Mittelalter. Da sah wohl der Gutsherr vom Schloßerker herab der Fröhlichkeit seiner Leibeigenen zu; er hatte ihnen den Hammel und die Schnur

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