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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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ruhen angeglüht zwischen Sonnenaufgang und Niedergang. Wo ist die Nacht? ... Dort im dunkeln Walde, dort hat sie sich niedergesenkt und ruht.
    Wie schlüpfen die Mondstrahlen durch das Gezweige und ruhen auf den Blättern und gleiten hinab auf den Boden und schlummern auf weichem Moose. Tief unten aber gräbt der Baum seine Wurzeln hinab und saugt den Saft und schickt ihn hinauf in die Blätter, drauf die Strahlen ruhen, daß sie miteinander kosen in lautloser Verschwiegenheit, was im Dunkeln geschlummert und was im Lichte herniederstieg; und jedes Blatt ist ein Hochzeitsbette.
    Jakob legte sich unter die Buche an der Halde. Er will die Augen schließen und es ist ihm, als läge er tief unten im Meeresgrunde und über ihm rauschten die Wellen und schwämmen Geschöpfe ohne Zahl.
    Welch ein Klingen in den Lüften, Himmel und Erde liegen in stiller Umarmung; welch' flüsternde Lebensstille im Aether. – Eine Blume verwelkt, eine andere springt auf, ein Mensch ist geboren, ein Mensch ist vergangen.
    Jakob richtet sich auf, rückt rasch seine Mütze zurecht: er gedenkt, den Kopf wieder auf die Hand niedergesenkt, wie einsam er ist. Er will fort; was zögert er? Die Augen gehen auf und zu, die Arme heben sich und sinken nieder ....
    Am Fenster Magdalenens pocht es leise.
    »Wer ist da?«
    »St! Jakob.«
    »Um Gottes willen, was willst du?«
    Er antwortete nicht und stieg durch das geöffnete Fenster, er hatte die Mütze tief in die Stirn gedrückt; er gab Magdalene keinen Kuß und schlich leise durch die Kammer die Treppe hinab. Nach geraumer Weile kam er wieder und verließ lautlos die Kammer auf dem Wege, wo er gekommen war.
    Magdalene schaute hinaus in die Nacht. Ein Wimmern und Wehklagen zog durch die Luft, und nach einer Weile schlich eine schwarze Katze oder ein Marder über die Dachfirste am Hause gegenüber ....
    Die Lerche hatte schon längst den ersten Sonnenstrahl gegrüßt und sich ihm entgegengeschwungen, die Vögel jubilirten schon lange in den Zweigen, die Käfer summten, die Bienen und Schmetterlinge flogen umher – endlich erwachte Jakob. Er rieb sich verwundert die Augen, er konnte sich nicht entsinnen, wo er war, wie er daher gekommen. Nach und nach wurde es ihm klar und sein Auge glänzte so hell wie die Thautropfen auf Blatt und Halm. Jeder Nerv in ihm spannte sich in Frohmuth, etwas von der allbelebenden, geheimnißvollen Kraft der Mutter Erde durchströmte ihn. Er war wie neugeboren und sprang muthig hinein in den jungen Tag.
    Wenn man nach einer solchen Nacht und einem solchen Morgen nur etwas Außerordentliches vollbringen könnte, eine That für die Ewigkeit. Wie klein und zerstückelt ist da all das gewöhnliche Thun und Treiben!
    Jakob eilte mit Herzklopfen nach Hause, er wußte nicht, welche Stunde am Tag es war. Erst als er sich dem Dorfe näherte und die Ziffer an der Thurmuhr erkennen konnte, ging er langsam, still und fromm.
    Am ersten Hause des Dorfs schreckte er zusammen.
    »Guten Morgen, Jakob, woher schon so früh?« rief eine gellende Stimme, es war die des Hennenfangerle, das zum Fenster herausschaute. Jakob antwortete nicht und ging rasch. Die Hexe hatte ihn zuerst gegrüßt, das gab einen bösen Tag.
    Zu Hause traf Jakob große Verwirrung. Ein Fuhrmann wartete schon seit einer Stunde auf Vorspann; der Adlerwirth, aus seinem Schlafe gestört, schalt mit allem Nachdrucke. Der Rappe hatte sich über Nacht im Stalle losgerissen und hatte den Braunen geschlagen, neben dem er sonst friedlich an der Deichsel ging, hatte den Futterkasten zertrümmert und allerlei Untereinander angerichtet.
    Das war ein schöner Morgen nach einer solchen Nacht.
    Eben als Jakob vorspannen wollte, kamen der Schultheiß und der Schütz und verhafteten ihn. Dem Bäck wären heut Nacht achtzig Gulden aus dem Eckschrank gestohlen worden. Der Nachtwächter hatte Jemand zu Magdalene hineinsteigen sehen, das Bett Jakobs war unberührt – er war der Dieb.
    Anfangs lachte Jakob aus vollem Halse. Man hatte ihn noch nie lachen gehört, und das klang jetzt wie der teuflischste Spott. Bald aber lachte er nicht mehr, sondern schlug mit Riesenkraft um sich, als man ihn packen wollte; er hatte die Kraft eines Rasenden. Er faßte den Schütz und den herbeigekommenen Kilian am Halstuch und würgte sie, daß sie kirschbraun aussahen; er hätte sie erdrosselt, wenn nicht neue Hülfe gekommen wäre. Nur mit Mühe gelang es fünf Mann, ihn niederzuwerfen und zu binden.
    Jetzt war er im Stall eingesperrt und

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