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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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immer staunend an ihm hinauf, wenn er so Herrliches redete, und sie sagte einmal:
    »Du hättest doch eine Gescheitere oder gar nicht heirathen sollen, aber nein, es hat dich doch Niemand so lieb wie ich, du herziger Mensch.«
    Er bat sie nun, immer recht Theil zu nehmen an dem was er denke und erstrebe, sie war voll Demuth zu Allem bereit; sie wiederholte sich oft manche Worte, die er gesagt hatte und die gar schön geklungen hatten, mehrmals leise, um sie sicher zu behalten.
    Seitdem Lorle den Modehut aufhatte, plagte sie die Sonne weit mehr als früher da sie noch barhaupt ging, und doch vergaß sie beim Ausgehen fast jedesmal ihren Sonnenschirm, man mußte ihn oft nachholen, und war er nicht aufgespannt, so ließ sie ihn beispiellos oft fallen; es that ihr wehe, wenn Reinhard galanterweise ihn aufhob, und sie band sich ihn daher fest um die Hand. – Mit dem großen Uebertuche konnte sie sich gar nicht bewegen, eben so wenig mit der Echarpe; sie knüpfte ersteres, sobald sie aus der Stadt war, auf dem Rücken zusammen, und letztere band sie wie eine Ritterschärpe an der Seite. Nie durfte ihr Reinhard Etwas abnehmen, ja sie wollte ihm bei Wanderungen seinen Rock tragen, wie die Bauernmädchen in der Regel die Jacke ihrer Burschen am Arm hängen haben. So lange sie Handschuhe an hatte, kam sie sich ganz fremd vor, sie konnte nicht so gut reden als sonst; sobald sie nur konnte wurden daher die Handschuhe abgestreift. Diese Kleinigkeiten gaben zu vielen heiteren Neckereien Anlaß.
    Auf dem Zürichersee weinte Lorle die ersten Frauenthränen, und zwar über die neue Kirche zu Weißenbach.
    Schon bei der Abfahrt sprach Lorle von nichts Anderem, als daß jetzt, an diesem hellen Sonntag, zu Hause die Kirche eingeweiht werde; sie sah nichts von all der Herrlichkeit rings umher und Reinhard hörte ihr eine Weile ruhig zu, dann bat er sie, doch auch umzuschauen nach dem was sie hier umgebe; sie ward still, Reinhard setzte sich auf ein einsames Plätzchen auf dem Schiffe. Als nun die Kirchenglocken von nah und fern erklangen, ging er zu Lorle und sagte: »Horch wie schön!«
    »Ja,« sagte sie, »jetzt gehen sie daheim in die Kirch', und die Vroni hat ihre neue Haub' auf und der Wendelin hat die neu' Jack' an, die ich der Bärbel für ihn geben hab'.«
    Reinhard sagte zornig: »Du kannst doch ewig nicht über dein Dorf hinaus denken, das ist einfältig!«
    Heiße Thränen rollten über die Wangen Lorle's, und Reinhard ließ sie eine Stunde allein sitzen.
    Am Abend war indeß Lorle ganz glücklich durch die Mittheilung Reinhard's, daß sie sich nun auf den Heimweg machen wollten. Reinhard hatte dies beschlossen, weil er die Ueberzeugung hatte, daß Lorle erst im eigenen Haushalt sich vollkommen wohl fühlen werde und er selbst sehnte sich auch nach stiller Häuslichkeit. Seit vielen Jahren hatte er ohne Familie frei sich in der Welt umhergetummelt, er mochte kaum ahnen, mit welchen zarten und doch starken Wurzeln das Leben solch eines Mädchens mit dem Heimatboden verwachsen war; jetzt sollten sie Beide gemeinsam auf neuem Grunde wachsen.
    Vorher aber mußte Reinhard noch dafür zugestutzt werden. Auf der letzten Station, wo man Halt machte, nahm er sich seinen schönen Bart ab, denn der Oberhofmeister hatte ihm bemerkt, daß sich dieser mit Reinhard's Titulatur und Hofstellung nicht vertrage. Scherzend, aber doch mit einer gewissen Wehmuth, gab sich Reinhard die etikettemäßige Glätte. Lorle jammerte gar sehr, indem sie sagte: »Du bist gar nimmer so schön wie früher, heißt das: mir ist's gleich, aber es ist doch schad.« Sie strich ihm mit der Hand über das kahle Gesicht und beklagte, daß es nun so rauh sei. »Wenn das dein Vater sähe, würde er lachen; er hat's prophezeit,« sagte Reinhard. –
    Lorle ahnte dunkel, welchen kleinlichen, engbrüstigen Verhältnissen sie entgegen gingen; sie suchte aber sich und Reinhard zu erheitern, und es gelang ihr.
     
Zwischen hohen Mauern.
     
    Wie war Lorle voll Freude, als sie in ihrer Wohnung die Bärbel schon fand. Man war in der Nacht angekommen und Lorle durchmusterte sofort Alles, das war ja nun ihre neue Welt. Mit einer immer sich steigernden Seligkeit ordnete sie noch am Abend fast ihre ganze Aussteuer in die Schränke ein. Wie viel Unerwartetes hatte die Mutter hinzugesellt, die gute Mutter! Der Vater hatte sich's nicht nehmen lassen, nach altem Brauch eine Wiege zu schicken, und Lorle ward feuerroth, als sie diese gewahrte; dann war sie aber voll Freude über die

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