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Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition)

Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition)

Titel: Schwedenbitter: Ein Hamburg-Krimi (Droemer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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hinter ihrer Theke hervor, stellt sich dicht neben mich und streicht mir über die Haare.
    »Liebes«, sagt sie, »wo lebst du eigentlich? Es gibt keinen Ort auf der Welt, auf dem nicht das Geld mächtiger wäre als die Menschen. Du bist manchmal echt süß.«
    Ich bin nicht süß. Ich bin sauer. Ich lebe in einer altmodischen sozialromantischen Nische. Und ich habe überhaupt keine Lust, da rauszukommen.
    *
    In meinem Büro in der Staatsanwaltschaft fühle ich mich immer wie die Bären in Hagenbecks Tierpark. Eingesperrt, aber gemütlich. Und so wie die Bären aus Langeweile ihre Beine ins Badewasser halten, fange ich an, in meinen Akten zu blättern.
    Hamburg hat sich mit Kapitalverbrechen in letzter Zeit ziemlich zurückgehalten. In meinen Akten geht es relativ unaufgeregt zu. Ein Eifersuchtsdrama. Ein kleiner Bandenkrieg mit ein paar Opfern in der unteren Hierarchieebene. Zwei Prostituierte, die ihren Zuhälter umgelegt haben. Nichts Verzwicktes, nichts Großes. Ich sortiere den Ermittlungsstand im Mord an den Tuckers und mache ein bisschen Ablage. Draußen im Park wird aus Grün langsam Braun. Die Bäume haben schon längst ihre Blätter abgeworfen, demnächst macht auch der Rest die Augen zu.
    Mein Telefon klingelt. Der Faller ist dran.
    »Hey, alter Freund«, sage ich.
    »Moin«, sagt der Faller.
    »Na, was machen die Ermittlungen, Detective?«
    »Geht voran«, sagt der Faller. »Und bei Ihnen?«
    »Sie kennen ja den Calabretta«, sage ich, »unspektakulär, aber hartnäckig.«
    »Jaja«, sagt er, »der gute Calabretta. Spielt nicht für die Tribüne, unser Freund. Was macht Ihr Husten?«
    »Ähnlich«, sage ich, »unspektakulär, aber hartnäckig.«
    »Wenn’s schlimmer wird, gehen Sie aber zum Arzt, ja?«
    »Wenn’s schlimmer wird, kann ich mich einsargen lassen«, sage ich.
    Der Faller sagt nichts. Ich höre, wie er sich eine Zigarette anzündet. Ich zünde mir auch eine an und muss husten.
    »Haben Sie schon irgendwelche Zeugen?«, fragt der Faller, und er fragt das auf eine sehr merkwürdige Art, er hört sich an wie ein drittklassiger Fernsehreporter. Da stimmt was nicht.
    »Waren Sie schon in der Roten Flora?«, frage ich.
    Der Faller zieht an seiner Zigarette. Ich weiß genau, wie er jetzt kuckt. Wie ein Cowboy, der vom Pferd gefallen ist.
    »Sie können uns das ruhig sagen, wenn Sie mit Zeugen oder Verdächtigen sprechen«, sage ich. »Und wie sind Sie eigentlich auf die Flora gekommen?«
    Der Faller schweigt.
    »Ich muss jetzt auflegen, Chastity.«
    »Moment mal«, sage ich, »Sie können nicht so einfach …«
    Der Faller kann. Es klickt, und dann tutet es.
    Ich glaub, es hackt. Ich glaub, der spinnt. Was sollte das denn eben?
    Jetzt wäre es von Vorteil, wenn ich auf den Faller wütend sein könnte. Kann ich aber leider nicht. Mein Ärger bleibt drin, rattert vor sich hin und fühlt sich an wie ein Piranha, der sich verzweifelt in meinem Brustkorb windet.
    *
    Weil heute weder Nebel noch Nieselregen vom Himmel fällt, gehe ich am Abend durch die Wallanlagen nach Hause. An der Mauer, die den Park vom Untersuchungsgefängnis trennt, stehen wie immer um diese Tageszeit die, die draußen sind, und reden mit denen, die drinnen sind. Meistens stehen hier draußen die Frauen, die ihren Männern da drinnen von ihrem Alltag erzählen. Von dem, was die Männer nicht mehr mitkriegen. Sie rufen es rüber zu den geöffneten Fenstern, da stehen dann die Typen hinter ihren Gittern und rufen zurück. Bei manchen scheint das ewige Gerufe von Knastfenster zu Park eine derartige Selbstverständlichkeit zu sein, dass sie so auch die üblichen Streitereien austragen, die zwischen Paaren eben üblich sind. Wenn man eh schon schreit, kann man sich ja auch gleich anbrüllen:
    »Dein Cousin hat mir heute die Waschmaschine angeschlossen!«
    »Hast du ihm schöne Augen gemacht?!?«
    »Er hat mir nur die Waschmaschine angeschlossen!«
    »Ich weiß doch, dass du jedem schöne Augen machst! Du Miststück!«
    »Dein! Cousin! Hat! Mir! Nur! Die! Waschmaschine! Angeschlossen! Und jetzt beruhig dich gefälligst wieder!«
    »Bring mir Tabak mit, wenn du mich am Wochenende besuchst!«
    »Schrei mich nicht immer so an!«
    »Was soll ich denn sonst machen?!?«
    So geht das da den ganzen Abend. Bis die Fenster zugemacht werden müssen.
    Ich laufe an der kompletten Längsseite der JVA entlang, und plötzlich tut’s mir leid, dass ich den Weg durch die Wallanlagen genommen habe. Zu dieser Jahreszeit, im Spätherbst, ist ein

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