Schweig still, mein totes Herz (German Edition)
Familienbrunch erwähnte. Und war froh, dass er keine weiteren Fragen stellte. Aber sie wollte verdammt sein, ehe sie ihn als Partner in ihre Ermittlungen miteinbezog. »Recherchiere du weiter. Ich werde mich mit dem Bibliothekar im Indianerarchiv unterhalten. Wie war sein Name noch gleich?«
Er lächelte. Eines musste sie Paul lassen. Wenn er wollte, konnte er unverschämt charmant sein. Selbst ohne seine Barry-White-Imitation zum Besten zu geben. »Du meinst den Namen des Mannes, der darauf wartet, sich mit
mir
zu unterhalten? Na los. Ich fahre.«
»Ich werde fahren.« So konnte sie ihn wenigstens dort bei den verstaubten Dokumenten und Büchern abladen. Das war der sicherste Ort für ihn, außerdem würde es ihm dort gefallen. Sie würde sich irgendeine besondere Aufgabe ausdenken, wegen der er sich wichtig vorkommen konnte. Irgendetwas, das ihn den ganzen Tag über beschäftigt halten würde, selbst wenn ihm der Bibliothekar dabei half. Während sie unterwegs war. So konnte sie ihre Arbeit erledigen und wusste ihn in Sicherheit. Obwohl Paul damit vermutlich gar nicht einverstanden sein würde, sollte sie ihm die Einzelheiten auseinandersetzen.
Das Archiv war in einem von mehreren nebeneinanderliegenden weiß getünchten einstöckigen Bürogebäuden mit Blechdach untergebracht. Bis auf Caitlyns Subaru war der Parkplatz verwaist.
Der Bibliothekar, oder eigentlich Archivar, hieß Judas Bearmeat.
»Bearmeats finden Sie von Anbeginn an in den Annalen des Stammes«, sagte er stolz, während er sie durch einen leeren Empfangsbereich hinter einen Tresen führte. »Darunter auch einen Namensvetter von mir auf dem Hester-Index von 1884.«
Sie gingen an Regalen voller Mikrofiches vorbei, an gut erhaltenen Folianten, übereinandergestapelten Zeitungen und einem systematischen Katalog mit Karteikarten. Im hinteren Teil des Archivs stand ein kleiner Konferenztisch, auf dem sich Bücher stapelten. Die Ecke dahinter war in eine Art Büro verwandelt worden, bloß ohne Tür oder Wände. Ein Metalltisch stand schräg vor der Ecke und daneben an beiden Wänden Aktenschränke. Auf einem davon sah sie ein Teegeschirr und eine Kaffeemaschine, vor dem Tisch standen zwei Klappstühle für Besucher, aber Caitlyn zweifelte stark daran, dass Bearmeat besonders oft jemanden empfing. Er war Ende fünfzig, Anfang sechzig, hätte sie geschätzt, und sprach gehetzt, wie es jene, die zu viel Zeit alleine verbrachten oftmals taten, sobald sie Gelegenheit bekamen, sich mit einem anderen Menschen auszutauschen, und die dann kein Ende mehr fanden.
»Weswegen hat Lena Sie um Hilfe gebeten?«, kam Caitlyn zur Sache, während Bearmeat Paul Kaffee einschenkte und sich selbst einen Tee zubereitete. Sie hatte ein Getränk abgelehnt.
Mit der Antwort ließ er sich Zeit. Es war ihm anzumerken, dass er sich lieber mit Paul darüber unterhalten hätte – sie sprachen dieselbe Sprache. Akademiker. Meinetwegen. Das würde Paul bei der Stange halten, nachdem sie weg war.
»Wie ich Dr. Franklin schon sagte.« Bearmeat nickte Paul zu und reichte ihm eine Porzellantasse mit dem Wappen der Östlichen Cherokee darauf. »Miss Hale und ich hatten einige Male Gelegenheit, uns auszutauschen. Sie war eine entzückende Dame mit hellem Verstand. Sie hätte eine gute Wissenschaftlerin abgegeben.«
»Sie ist nicht tot, sondern als vermisst gemeldet«, erinnerte sie ihn. Sechs Minuten mit dem Kerl und schon jetzt brachte er sie mit seiner hochgestochenen Ausdrucksweise auf die Palme. »Bei Ihrem letzten Gespräch, worum ging es da?«
»Wie Sie vielleicht wissen, hat Miss Hale sich für die Annalen der Östlichen Cherokee interessiert und versucht, neben ihrer eigenen noch weitere Familien zu finden, die von den damaligen Sklaven abstammen. Sie wollte herausfinden, inwiefern aktuelle Gerichtsentscheide in Oklahoma sich auf den Status der hiesigen Nachfahren von Sklaven auswirken würden.«
»Ja, das weiß ich. Juristischer Fachartikel, Oberstes Gericht. Aber irgendetwas hat ihr Interesse an dem Tod meines Vaters geweckt. Was hat die Aufnahme ihrer Familie oder anderer Schwarzer in das Stammesregister mit dem Tod meines Vaters zu tun?«
Bearmeat nahm seinen Tee und setzte sich mit gekreuzten Beinen hin. Erst nachdem er sorgsam eine Serviette auf dem Oberschenkel ausgebreitet hatte, stellte er die Tasse samt Untertasse darauf ab. »Und wer, wenn ich fragen darf, war Ihr Vater?«
»Sean Tierney. Er war Deputy hier in Balsam County. Ist vor sechsundzwanzig Jahren
Weitere Kostenlose Bücher