Schweinsgalopp
›Oh, ein Bauer, der drüben beim Wald wohnt.‹ Und ich sagte: ›Meine Güte, ich kriege keinen Bissen mehr runter, und immerhin ist Silvester.‹ Tja, wir haben alles eingepackt, und hier sind wir!«
»Und bestimmt bist du überaus dankbar«, sagte der Page. »Vermutlich haben wir ein wenig Licht in den dunklen Tunnel deines Lebens gebracht, hm?«
»…oh, ja, natürlich, aber ich habe sie wochenlang aufgespart, und außerdem sind einige Bratkartoffeln in der Pfanne, hab sie im Keller gefunden, die Mäuse hatten sie kaum angeknabbert.« Der Alte starrte weiter auf seine Knie. »Und von meinem Vater habe ich gelernt, nie um etwas zu bitten…«
»Jetzt hör mal.« Der König sprach jetzt etwas schärfer. »Heute abend bin ich mehrere Kilometer weit durch tiefen Schnee gegangen, und solche Köstlichkeiten hast du sicher noch nie gesehen, oder?«
Tränen der Verlegenheit und Demütigung rollten über die Wangen des Alten.
»… nun, das ist sehr großzügig und nett von euch Herren, aber ich fürchte, ich weiß gar nicht, wie man Schwäne und so ißt, aber wenn ihr meine Bohnen probieren wollt, ich gebe euch gern etwas ab…«
»Ich möchte mich ganz klar ausdrücken«, sagte der König streng. »Dies ist echte Silvester-Barmherzigkeit, hast du verstanden? Und wir bleiben hier sitzen, bis wir ein frohes Lächeln in deinem schmutzigen, aber ehrlichen Gesicht sehen, kapiert?«
»Und welche Antwort gibst du dem guten König?« fragte der Page.
Der Bauer ließ den Kopf hängen.
»‘nke.«
»Na schön.« Der König lehnte sich zurück. »Nimm jetzt die Gabel…«
Die Tür sprang auf. Eine undeutliche Gestalt kam herein, von einer Wolke wirbelnden Schnees begleitet.
WAS GEHT HIER VOR?
Der Page wollte aufstehen und sein Schwert ziehen. Er fand nie heraus, wie die andere Gestalt hinter ihn gekommen war, aber plötzlich war sie da und drückte ihn sanft auf den Stuhl zurück.
»Hallo, Söhnchen, ich bin Albert«, erklang eine Stimme an seinem Ohr. »Ich schlage vor, du schiebst das Schwert ganz langsam in die Scheide zurück. Wir wollen doch nicht, daß jemand verletzt wird, oder?«
Der König war so überrascht, daß er sich nicht von der Stelle rührte. Ein Finger stieß gegen seine Brust.
WARUM BIST DU HIERHERGEKOMMEN?
Der König versuchte, sich auf die Gestalt zu konzentrieren. Er sah eine Mischung aus Rot und Weiß, doch hier und dort schien es auch Schwarz zu geben.
Albert staunte stumm, als der König aufstand und versuchte, möglichst würdevoll zu wirken.
»Was hier vorgeht, willst du wissen? Wer immer du auch bist: Dies ist Silvester-Barmherzigkeit!«
NEIN, DAS STIMMT NICHT.
»Was? Wie kannst du es wagen…?«
BIST DU LETZTEN MONAT HIERGEWESEN? HAST DU VOR, IN EINER WOCHE WIEDERZUKOMMEN? NEIN. ABER HEUTE ABEND WOLLTEST DU WÄRME IN DEINEM INNERN FÜHLEN. HEUTE ABEND SOLL MAN VON DIR SAGEN: ER IST EIN GUTER KÖNIG.
»Oh, nein, er geht schon wieder zu weit…«, hauchte Albert. Er drückte die Schultern des Pagen noch etwas tiefer hinunter. »Bleib hübsch brav sitzen, wenn du eine Zukunft haben möchtest, Söhnchen.«
»Was auch immer es sein mag: Es ist mehr, als er hat!« erwiderte der König scharf. »Aber er weigert sich hartnäckig, dankbar zu sein…«
JA, UND DAS RUINIERT ALLES, NICHT WAHR? Tod beugte sich vor. VERLASS DIE HÜTTE.
Der König stellte erstaunt fest, daß sein Körper gehorchte: Er stand auf und ging nach draußen.
Albert gab dem Pagen einen Klaps. »Du kannst ihm folgen«, sagte er.
»…es lag nicht in meiner Absicht, jemanden zu verärgern, ich habe niemanden um etwas gebeten…«, murmelte der Alte in seiner eigenen, von Bescheidenheit geprägten Welt und rieb sich nervös die Hände.
»Diese Sache solltest du besser mir überlassen, Herr«, sagte Albert. »Ich bin gleich wieder da.« Offene Probleme lösen, dachte er. Das ist meine Aufgabe. Der Herr denkt die Dinge nie zu Ende.
Draußen schloß er zum König auf.
»Hallo, Verehrtester«, sagte er. »Oh, keine Sorge, ich will dich nicht lange aufhalten, möchte nur noch eine Sache klären…« Albert beugte sich zu dem noch immer sehr verwunderten Monarchen vor. »Falls jemand daran denkt, einen Fehler zu machen, zum Beispiel morgen jemanden hierherzuschicken, um den Alten fortschleppen und in den Kerker werfen zu lassen… Nuuun, ein solcher Fehler wäre sehr wertvoll, weil die betreffende Person nämlich keine Gelegenheit mehr hätte, noch weitere Fehler zu machen. Ich hoffe, wir haben uns verstanden.« Er
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