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Schweizer Ware

Schweizer Ware

Titel: Schweizer Ware Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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Hoffnung auf, gerettet zu sein. Vielleicht würde die Polizei ja die Verfolgung aufgeben.
    Von weitem hörten sie, wie Danner pulsierend atmete, immer wieder aufstöhnte. »Mein Arm, mein Arm«, stammelte er, während sich auf seiner Stirne eine gewaltige Beule bildete. Sein rechter Ellenbogen schien so stark lädiert zu sein, dass er selbst den starken Schmerz im Oberschenkel nicht wirklich wahrnahm.
    Die Verfolger standen um ihn herum und sagten wenig. Sie mussten nach dem Lauf zuerst ein wenig Luft holen. Der Grabschänder, der sich vor ihnen am Boden krümmte, hatte sich offenbar verletzt, aber, na ja, er war immerhin ein Mensch. Es dauerte daher nur einen kurzen Moment, bis die zwei Dorfpolizisten sich um den Grabräuber zu kümmern begannen. Als sie sich zu ihm hinunterbeugten, wurden auch die Wächter wieder lebendig. Sie begannen den Mann mit der Kamera mit wüsten Flüchen und Verwünschungen einzudecken.
    Gemeinsam halfen die beiden Polizisten aus der Vorstadt – ein alter Dicker und ein junger Dürrer – dem Blick-Journalisten auf. Sie waren erstaunt, keinen Jüngling vorzufinden. In letzter Zeit hatten ein paar Grufties nachts den Friedhof besucht und okkulte Messen gefeiert. Die waren immer völlig in Schwarz gekleidet gewesen und wie Dracula geschminkt. Der Mann hier sah aber ganz normal aus. Die Polizisten halfen ihm auf eine nahe Bank und mussten den Fotografen dabei stützen, denn er konnte auf dem lädierten Bein kaum stehen und humpelte mehr, als dass er ging. Mittlerweile hatte er den Höllenschmerz verbissen und setzte sich zerknirscht auf die Bank. Seinen Ellbogen hielt er vor seiner zusammengekrümmten Brust fest, die Kamera weiter eingeklemmt. Den Kopf hatte er tief gesenkt. Ob er diese Haltung aufgrund der Schmerzen einnahm, oder ob er einfach den Blick der Leute um ihn herum meiden wollte, war nicht zu entscheiden.
    Der dicke Polizist hatte die Brille aufgehoben, reichte sie dem Verletzten. »So, jetzt bleiben Sie mal hier sitzen«, sagte er und legte Danner seine Pranke auf die Schulter. Auch bei dieser Geste war nicht klar, ob sie aus Anteilnahme geschah oder ob er dem Mann mit der Fotokamera zeigen wollte, wer hier der Chef war. »Wir holen schnell noch Ihre feinen Kollegen und dann plaudern wir ein bisschen miteinander.«
    Rolf Danner entgegnete nichts, hoffte nur, dass seinen Kumpeln die Flucht gelungen war. Zugleich wünschte er, dass die zwei Polizisten nicht allzu lange fernbleiben würden, denn so ganz traute er den drei Friedhofsangestellten nicht, die jetzt unablässig auf ihn einzureden begannen, was das denn solle, was er sich dabei nur gedacht habe, ein feines Bürschchen sei er, so eine Sauerei. Und, und, und.
    Die beiden Dorfpolizisten ließen Danner in seinem Schmerz und mit seinen Befürchtungen zurück und schlenderten gemütlichen Schrittes die Stufen von der Terrasse hinunter, auf der Anita Kägi in ihrem offenen Sarg lag und still den Mond betrachtete. Sie tat dies ausführlich, lange. Der in der kühlen Märzenluft glitzernde Mond gefiel ihr. Sie könnte ihn ewig betrachten.
    Auf einer entfernten Rasenfläche standen alte Bäume und ein großes Gebüsch. Die Riehener Dorfpolizisten gingen zu diesem Buschwerk hinüber und stellten sich vor den Strauch hin. Es war der etwa 60-jährige Polizist, dessen steifer Hut ihn größer erschienen ließ, als er tatsächlich war, der als Erster zum Busch sprach. »Na, wollt ihr nicht rauskommen?«, fragte er freundlich.
    Keine Antwort.
    »Rauskommen!«, pfurrte der jüngere der Beamten.
    Keine Antwort.
    Der ältere Polizist sagte mit Langmut in der Stimme. »So kommt doch bitte raus, es wird langsam kalt.«
    Nichts bewegte sich im Busch.
    Also zündete der Dicke seine Taschenlampe an. Sofort blitzten die Reflektoren an Heinzmanns Polizeijacke auf und warfen das Licht in grellen Streifen zurück. Obwohl von dichtem Geäst verdeckt, erkannte man doch sofort die Konturen dieser Person, welche die Jacke trug. Heinzmann sah aus wie mit einem Dutzend Leuchtstäben behangen. Auf seiner Brust leuchtete groß das Wort POLIZEI. Baumer hingegen war im Dickicht überhaupt nicht zu erkennen.
    »Ihre Polizeijacke leuchtet aber schön«, sagte der Dicke anerkennend.
    Keine Antwort.
    Dann hörte man eine giftige Stimme im Gebüsch zur Leuchtjacke sprechen. Sie war offenbar zwischen bleckenden Zähnen hervorgedrückt. »Super Idee, Stefan! Eine supergeile Idee, deine Scheißjacke zu tragen.«
    »Zwei mehr im Netz«, freute sich der erfahrene, alte

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