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Schwelbrand

Schwelbrand

Titel: Schwelbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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schnupperte in der Luft. Der beißende Gestank war unverkennbar. Überall lagen zum Teil zerfetzte Akten und Papiere herum. Die Füllung der Tür zum Flur war ebenfalls von der Wucht der Detonation herausgerissen worden. Die Druckwelle hatte bis auf den Flur durchgeschlagen und einen dort angebrachten Schaukasten zerstört.
    »Die haben viel Glück gehabt«, sagte Jürgensen und zog hörbar die Nase hoch. »Wenn nicht zufällig ein Passant vorbeigekommen wäre, der die Täter gestört hat, hätte es schlimmer ausgehen können. Sehen Sie sich die Tür an. Da ist nur die Füllung herausgebrochen, weil die Tür selbst nach innen aufgeht und die Zarge den Rahmen hält.«
    »War es ein Brandsatz?«, fragte Große Jäger.
    »Ein Sprengsatz«, korrigierte ihn Lüder. »Das ist am Ausmaß der Detonation erkennbar. Ich vermute aber, dass die Menge wohldosiert war. Man hätte auch einen größeren Schaden anrichten können.«
    »Das sehe ich auch so«, stimmte Klaus Jürgensen zu. »Wir haben die Überreste eines Sprengsatzes gefunden.« Mit wenigen Worten erläuterte der Hauptkommissar die Konstruktion und die vermutete Wirkungsweise des Sprengsatzes. »Das sieht auf den ersten Blick aus wie semiprofessionell. Der, der das zusammengebaut hat, wusste, was er getan hat. Nun haben wir in Flensburg –«
    »Du bist hier in Nordfriesland«, fiel ihm Große Jäger ins Wort.
    »… in Flensburg«, fuhr Jürgensen fort, nachdem er dem Oberkommissar einen bösen Blick zugeworfen hatte, »nur selten etwas mit Sprengsätzen zu tun. Ehrlich«, dabei fuhr er sich mit dem Ärmel über die schweißnasse Stirn, »uns fehlt die große Erfahrung. Gott sei Dank.« Mit einem Seitenblick auf Große Jäger ergänzte er: »Und wenn es einmal knallt, dann natürlich wieder an der Westküste.«
    »Tja, unser Feuerwerk zum Husumer Hafenfest ist eben größer als eures in Flensburg.«
    »Tühnbüdel«, tat Jürgensen Große Jägers Einwurf ab. »Ich kann nicht viel mehr dazu anmerken. Das sollten die Spezialisten aus Kiel erledigen. Die hatten auch ihr Kommen avisiert.« Er sah Lüder an. »Typisch. Von uns, die wir in der Fläche tätig sind, wird erwartet, dass wir überall sein sollen, und das möglichst sofort. Wenn aber einmal die Herren aus Kiel gefragt sind, dann …«, ließ er das Ende des Satzes offen. »Zum Glück hat es nicht gebrannt.
    Bei Sprengsätzen fehlt die Aufwärmphase. Ihr müsst es euch so vorstellen: Wenn man mit einem Feuerzeug unter einer Tischplatte aus Holz entlangfährt, fängt es auch nicht an zu brennen«, stellte Jürgensen fest. »Die Explosion hat zudem den Sauerstoff aus der Luft verbraucht. Unter anderem aus diesem Grund kommt es bei solchen Explosionen fast nie zum Brand. Wer den möchte, wirft einen Molotowcocktail. Hier fehlte das brennbare Gemisch. Es hat nur ein wenig geglimmt.«
    »Daraus könnte man die Vermutung ableiten, dass es den Tätern nicht auf die Vernichtung ankam, sondern darauf, ein Zeichen zu setzen, etwas Spektakuläres zu tun«, sagte Lüder. Er konnte am Ort der Detonation nichts weiter ausrichten. Die Ermittlungen waren bei Klaus Jürgensen und seinem Team in den besten Händen. Mit Große Jäger im Gefolge bahnte er sich seinen Weg durch die aufgeregt diskutierenden Beschäftigten des Finanzamts, die trotz des Wochenendes ins Amt gekommen waren, zum Büro des Vorstehers.
    Der leitende Regierungsdirektor Möller war ein Mann von Mitte fünfzig. Er war hochgewachsen und von schlanker Statur. Der eisgraue Bürstenhaarschnitt und die Goldrandbrille passten ebenso zum Bild eines Amtsvorstehers wie der graue Anzug und die rote Fliege, die einen regelrechten Farbklecks abgab.
    »Ich bin fassungslos«, sagte Möller, nachdem er sich mit Lüder und Große Jäger bekannt gemacht hatte. »Können Sie mir sagen, was das zu bedeuten hat?«
    »Wir stehen am Anfang unserer Ermittlungen«, erwiderte Lüder.
    »Woher kommen Sie? Landeskriminalamt? Sind Sie der Experte für Explosionen?«
    »Ich komme vom Polizeilichen Staatsschutz.«
    Möller schien nur halb zuzuhören. »Soso«, sagte er. »Das ist auch richtig so. Schließlich ist der Angriff auf ein Finanzamt ein Sakrileg. Die Hoheit über die Finanzen ist eine der vornehmsten Aufgaben eines Parlaments und ein direkter Angriff auf unsere Demokratie.« Der Vorsteher schüttelte entsetzt den Kopf. »Wer wagt es, die staatliche Autorität derart zu missachten? Ohne Einnahmen wäre der Staat machtlos und könnte seine Aufgaben nicht mehr erfüllen.« Erneut

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