Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwelbrand

Schwelbrand

Titel: Schwelbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
Vom Netzwerk:
Lesern etwas suggeriert wurde, stieß bei Lüder auf Ablehnung. Es waren keine Unwahrheiten, aber die Kunst Ditterts bestand darin, so zu schreiben, dass die Schlussfolgerungen des Lesers in eine Richtung führten, die nur wenig mit der Realität zu tun hatte. Es war eine teuflische Suggestion, dachte Lüder. So wurden Menschen manipuliert.
    Und genau das war das Fatale. Die Zeitung hatte immer noch den Mord an Jörg Asmussen zum Thema. Es wurde das Haus des Polizisten gezeigt mit der Überschrift »Die Familie. Da müssen sie jetzt raus«. Lüder wusste nicht, woher LSD seine Informationen bezog, aber er war offenbar über das Video informiert und behauptete, in dessen Besitz zu sein, obwohl es nicht zuletzt dank der Betreiber des Internetdienstes sehr schnell wieder aus dem Netz herausgenommen worden war. Die Zeitung hatte einen rührseligen Bericht über Asmussen verfasst, schrieb, wie beliebt er in Husum war, dass jeder in der örtlichen Polizei ihn als außergewöhnlichen Kollegen geschätzt habe, dass er sich hier und dort sozial engagiert hatte und so weiter. Man scheute sich auch nicht, ein Foto der Schule zu zeigen, die eines der Kinder besuchte, unter dem stand, dass alle Schüler mittrauerten.
    Natürlich wurden auch die Brände in Bredstedt und der Anschlag auf das Finanzamt in Leck ausführlich behandelt. Immerhin erfuhr Lüder aus der Zeitung, dass die Turnhalle komplett abgebrannt war und vermutlich durch einen Neubau ersetzt werden musste.
    »Wer zieht durch den Norden, mordet und zündet unsere Städte an?«, fragte LSD in einer weiteren Schlagzeile im Innenteil und kam zu dem Schluss, dass die Polizei ohnmächtig dem Phantom gegenüberstand, das Drohbriefe an den Tatorten hinterließ. »Geht es weiter?« Damit schürte Dittert die Panik in der Bevölkerung. Genau das hatte Lüder vermeiden wollen.
    Noch schlimmer war es, dass Dittert an eine Kopie der Drohbriefe gelangt war, die in der Zeitung abgedruckt wurde. Das Ganze wurde auch noch dadurch angeheizt, dass ein Kommentator in einer Kolumne auf die Aussage »Es reicht« Bezug nahm und zu dem Schluss kam, dass die unbekannten Täter nichts anderes als das gerechte Volksempfinden ausdrückten, wenn er auch – zumindest halbherzig – anmerkte, dass Gewalt kein Mittel der Auseinandersetzung sei.
    Wütend knüllte Lüder die Zeitung zusammen und warf sie in den Papierkorb.
    »Was ist mit Ihnen? Hat Ihr Lieblingsverein verloren?«, fragte Große Jäger spottend, der mit zwei dampfenden Kaffeebechern in der Bürotür erschien.
    »Lies das«, sagte Lüder und beobachtete den Oberkommissar, der die Titelseite und die innenliegenden Berichte überflog.
    »Das ist eine ausgemachte Schweinerei«, schimpfte Große Jäger. »Übelste Meinungsmache. Haben andere Zeitungen ähnlich reagiert?«
    »Nein«, sagte Lüder und wies auf eine andere Boulevardzeitung. »Natürlich stellen alle Medien die Ereignisse groß heraus. Auch die Bekennerbriefe, wenn wir sie so nennen wollen, werden erwähnt. Aber in keinem anderen Blatt wird der Volkszorn angestachelt wie in diesem.«
    »Da muss man doch etwas gegen unternehmen. Das kann doch so nicht im Raum stehen bleiben.«
    Lüder schüttelte den Kopf. »Dittert ist so gerissen, dass wir ihm nichts Unrechtes nachweisen können. Meinungsmache ist nicht strafbar, und er versteht seine Artikel so zu formulieren, dass sie rechtlich nicht angreifbar sind. Ethisch schon, aber das ist für ihn kein Maßstab.« Dann rief er die Kriminaltechnik an und ließ sich mit deren Leiterin, Frau Dr. Braun, verbinden.
    »Was glauben Sie, was wir sind?«, empörte sich die Wissenschaftlerin nach der sehr knappen Begrüßung. »Uns werden die Mittel immer mehr zusammengestrichen. Und weil es publikumswirksamer ist, kürzt man zuerst den Bereichen die Stellen, die nicht auf der Straße unterwegs sind. Da fällt es ja nicht auf.«
    »Wir müssen alle damit leben, dass das Land knapp bei Kasse ist, Frau Dr. Braun. Und wenn wir nicht alle am gleichen Strang ziehen, wird der ganze Laden kurzerhand geschlossen.«
    »Herr Dr. Lüders. Wir sind im öffentlichen Dienst. Beamte. Haben Sie das vergessen?«
    »Und wir zwei wechseln im ärgsten Krisenfall in die Abteilung Gelddruckerei?«
    Lüder hörte, wie seine Gesprächspartnerin tief durchatmete. »Was wollen Sie wissen?«, wechselte sie abrupt das Thema.
    »Eine Menge. Gibt es schon Erkenntnisse zum Anschlag auf das Finanzamt in Leck?«
    »Wir haben den Sprengstoff analysiert, der in Leck verwendet

Weitere Kostenlose Bücher