Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwelbrand

Schwelbrand

Titel: Schwelbrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
Vom Netzwerk:
wurde. Es handelt sich um Pentaerythrityltetranitrat«, sagte Frau Dr. Braun.
    »Toller Zungenbrecher«, antwortete Lüder. »Gibt’s denn dafür auch eine Bezeichnung, die normale Menschen aussprechen können?«
    »Was wollen Sie damit andeuten?«, fragte Frau Dr. Braun, die für ihre Sensitivität im ganzen Amt bekannt war.
    »Normal – damit meine ich Menschen, die nicht über Ihre wissenschaftliche Bildung verfügen«, versuchte Lüder schnell zu beschwichtigen.
    »Nitropenta ist eine gängige Bezeichnung.«
    »Gibt es eine Nähe zu Nitroglyzerin?«
    »Das gehört zur Familie. Deshalb verwundert es Sie sicher nicht, dass der Grundstoff auch in der Medizin Verwendung findet.«
    »Hoffentlich in anderer Konzentration«, warf Lüder ein. »Ich nehme an, zur Erweiterung der Gefäße, zum Beispiel bei Angina Pectoris. Da knallt es richtig in den Adern.«
    »Ihre Phantasie … Es wundert mich nicht, wenn ich mir ansehe, wie unsere Gesetze und Verordnungen aussehen. Das versteht kein Mensch. Die werden von Juristen gemacht. Wie einfach wäre unser Leben, wenn wir alles so präzise formulieren würden, wie es in der Naturwissenschaft geschieht. Also. Der Sprengstoff ist keine Nitroverbindung, sondern ein Ester der Salpetersäure und in Wasser unlöslich. Dafür klappt es mit Aceton umso besser.«
    »Das ist das Zeug, mit dem sich die Frauen den Nagellack entfernen«, warf Lüder ein.
    Frau Dr. Braun unterbrach ihre Ausführung. Sie schien irritiert. »Darf ich weitersprechen, ohne dass Sie mich ständig unterbrechen?«, fragte sie schließlich gereizt. »Ausgangsstoff ist das Pentaerythrit. In unserem Fall ist es mit Plastifizierungsmitteln angereichert.«
    »Also ein Plastiksprengstoff«, unterbrach sie Lüder.
    »Sie können es aber auch mit einem Phlegmatisierungsmittel, zum Beispiel Wachs, als Sprengstoff für Handgranaten oder Ähnliches verarbeiten.«
    »Hat dort jemand eine selbst gebaute Handgranate geworfen? Wollen Sie mir das erklären?«
    »So können Sie es nicht nennen. Sie müssen unterscheiden zwischen dem besonderen Zündmechanismus einer Handgranate und dem hier verwendeten. Die Täter haben es sich einfach gemacht und …« Es folgte eine ausführliche Erläuterung der verwendeten Technik.
    »Das habe sogar ich verstanden«, sagte Lüder. In der Tat war die Konstruktion sehr simpel.
    »Das Ganze war in einer leeren Konservendose untergebracht«, fuhr Frau Dr. Braun fort. »Einer Champignoncremesuppe.«
    »Welches Fabrikat?«, fragte Lüder eher belustigt.
    Doch die Wissenschaftlerin wusste auch hierzu eine Antwort und nannte einen in jedem Supermarkt vertretenen Hersteller.
    »Der verwendete Sprengstoff weist Ähnlichkeiten mit Erythritoltetranitrat, Pentaerythrittrinitrat, Mannitolhex …«, fuhr sie dann fort.
    Lüder hörte nicht mehr zu. Er wusste, dass die Wissenschaftlerin mit ihren Kenntnissen brillieren wollte. Er würde die Details ohnehin in einem ausführlichen Bericht erhalten.
    »Das habe ich mir auch so gedacht«, sagte er, als es – endlich – ruhig wurde am anderen Ende der Leitung.
    »Was haben Sie sich gedacht?« Dr. Braun war die Verblüffung anzumerken.
    »Na ja, alles«, log er. »Aber niemand kann es so gut erklären wie Sie, für jeden Laien verständlich. Sie sollten in die Lehre gehen.«
    »Wie sollte ich für etwas anderes Zeit aufwenden? Wir haben genug Probleme im eigenen Haus. Mir wäre schon damit gedient, wenn wir unsere normale Arbeit schaffen würden.«
    »Wir haben noch einen zweiten Brand gehabt, in Bredstedt. Gibt es dazu –«
    »Wo denken Sie hin? Wir können doch nicht hexen.«
    »Wer im ganzen Land hat eine so moderne Hexenküche wie Sie, liebe Frau Dr. Braun?«
    »So möchte ich das nicht sagen. Also. Das liegt noch. Eines nach dem anderen. Wir haben noch viele andere Dinge. So haben wir festgestellt, dass alle Computerausdrucke …«
    »Sie meinen die Bekennerschreiben mit dem halben Landeswappen und dem Text ›Es reicht‹?«
    »Richtig. Die sind identisch. Alle. Sie wurden mit dem gleichen Drucker, einem Inkjet, erstellt.«
    »Wissen Sie etwas über das Fabrikat?«
    »Nein. Das ist auch sehr schwierig, weil viele Produkte zwar ein unterschiedliches Design, aber das gleiche technische Innenleben aufweisen. Zu anderen Dingen, um Ihren Fragen zuvorzukommen, haben wir noch keine Ergebnisse, weder zum Nylonseil, mit dem das Opfer auf die Schienen herabgelassen wurde, noch zu … Nein! Genau genommen ist das alles.«
    Lüder bedankte sich und sah Große

Weitere Kostenlose Bücher