Schwerter der Liebe
schreiben, um sich an die muschelförmigen Ohren seiner Lady zu erinnern.
Was zum Teufel war nur mit ihm los?
Der Rest des Tages in seinem Fechtsalon verlief alles andere als gut. Er war so in Gedanken, dass es einem Grünschnabel gelang, sich ihm bei einem Übungsgefecht bis auf weniger als einen Zoll zu nähern, woraufhin er so ungestüm reagierte, dass der Mann rückwärts über seine eigenen Füße stolperte und auf dem Rücken landete. Später hielt er einem Mann seine Zigarrenkiste hin, von dem bekannt war, dass er beim leisesten Tabakhauch grün um die Nase wurde. Und einem anderen kippte er Wein über die Finger, der so reinlich war, dass er sein Hemd täglich sechsmal wechselte. Noch ein paar Zwischenfälle dieser Art, und er konnte seinen Fechtsalon lange vor der Hochzeit schließen, da kein Klient ihn mehr aufsuchen würde.
Trübsinnig und ohne zu wissen, was er tun sollte, begab er sich bei Anbruch des Abends zur Rue Royale, um beim Stadthaus der O’Neills vorbeizuschauen. Genau genommen handelte es sich um das Stadthaus der Moisants, denn es gehörte Caids Ehefrau, die eine verwitwete Moisant war. Seit der Heirat der beiden nannte aber niemand mehr das Haus bei seinem alten Namen.
Caid war nicht zu Hause, doch Nicholas wurde in den Salon geführt, wo Lisette und ihre langjährige Gefährtin Agatha Stilton mit einer Besucherin zusammensaßen, einer Lady, die im dunklen, eleganten Stil der spanischen Aristokratie gekleidet war. Ungeachtet ihrer förmlichen Kleidung, sprang diese Frau auf und kam auf ihn zugerannt, kaum dass er das Zimmer betreten hatte.
»Nicholas!«, rief sie und warf sich ihm an den Hals. »Ich habe mir so sehr gewünscht, dich wiederzusehen!«
»Mir geht es ganz genauso, Condesa«, erwiderte er mit einem heiseren Lachen, während er einen Schritt nach hinten machte, um voller echter Zuneigung Celina de Vega, geborene Vallier, anzuschauen, die noch genauso aussah wie vor ihrer Abreise aus New Orleans. Sein Blick wanderte über ihre sherryfarbenen Augen und die zarten, goldbraunen Locken. »Wann bist du angekommen? Und wo ist Rio?«
»Heute Mittag. Endlich, möchte ich sagen. Ich dachte schon, wir kämen niemals an. Jedes Mal vergesse ich, wie endlos lang dieser Fluss ist, wenn man vom Golf erst einmal in die Mündung eingefahren ist. Überall nur Sumpf und Zuckerrohrfelder. Was Rio angeht — der Kerl hat mich im Stich gelassen, um gemeinsam mit Caid all seine alten Wirkungsstätten aufzusuchen. Wenn man sieht, wie sehr er diese Stadt vermisst, sollte man fast meinen, dass er in New Orleans geboren ist. Übrigens glaube ich, er wollte dich in deinem Fechtsalon überraschen. Mich wundert, dass du ihm auf dem Weg hierher nicht begegnet bist.«
»Ich bin ja froh, dass das nicht geschehen ist«, entgegnete Nicholas lächelnd. »Sonst wäre mir doch diese herzliche Begrüßung entgangen.«
»Parbleu! Als ob es ihn interessieren würde, dass ich den Mann umarme, der mir das Leben gerettet hat.«
»Das war sein Werk, und das weißt du.«
»Aber dein Degen setzte dem Ganzen ein Ende, auch wenn du das noch so sehr abstreiten willst. Komm und setz dich zu uns. Ich habe von Lisette soeben die erstaunlichste Geschichte über dich erfahren, und ich werde keine Ruhe geben, bis ich sie nicht auch aus deinem Mund gehört habe.«
Er begrüßte Lisette - Caids kluge und bewunderte Ehefrau mit ihrem glänzenden kastanienfarbenen Haar und den rauchgrauen Augen -, indem er ihr auf jede Wange den traditionellen Kuss gab, dann nahm er die Hand ihrer in Neuengland geborenen Gefährtin und verbeugte sich tief, und schließlich kraulte er Lisettes zusammengerollt auf dem Sofa liegenden Hund Figaro hinter den Ohren. Dann kniete er sich hin, um auch den jungen, mürrisch dreinblickenden Sean Francois O’Neill zu begrüßen, der von seinem Kindermädchen so gehalten wurde, dass Celina ihn sich gut anschauen konnte.
Anstatt auf Celinas eigenartige Bemerkung einzugehen, fragte Nicholas nach den Kindern, die sie in Spanien zur Welt gebracht hatte — einem Sohn, der wenige Monate nach ihrer Ankunft in Europa geboren wurde, und eine Tochter, die kurz vor der Rückreise nach Louisiana das Licht der Welt erblickte. Während er ihrer Antwort lauschte, lehnte er ein an-gebotenes Glas Rotwein ab und gab jenem kühlen Getränk den Vorzug, das mit Limonensirup zubereitet wurde und das auch die Ladies tranken. Nach den Ausführungen über den Nachwuchs wurde er eingeladen, ihnen so bald wie möglich einen Besuch
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