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Schwimmen mit Elefanten - Roman

Schwimmen mit Elefanten - Roman

Titel: Schwimmen mit Elefanten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlagsbuchhandlung Liebeskind GmbH & Co. KG
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Herr, der aus dem Halbdunkel auf sie zutrat. Das Hinterzimmer, in das er sie führte, war ein wenig kleiner. Und tatsächlich war alles vorbereitet. In der Mitte des Raumes stand ein weiß gedeckter Tisch, auf dem sich ein Schachbrett, eine Schachuhr und eine Karaffe Wasser mit Gläsern befanden. Daneben hatte sich ein Schiedsrichter aufgebaut, ringsherum saßen die Zuschauer.
    Alle Blicke waren unverhohlen auf den Jungen gerichtet. Einige der Zuschauer tuschelten miteinander. Sämtliche Herren trugen Krawatten und hatten Pomade im Haar. Sie tranken Kaffee und pafften Zigarren. Der dicke Mann mit seinem zu knappen Hemd über der heruntergerutschten Hose und der Junge in seiner abgetragenen Kleidung wirkten in dieser Umgebung wie Fremde.
    »Geh nur, mein Junge. Hab keine Angst. Du schaffst das schon«, flüsterte ihm der Meister zu. Im Korb hörte man das Kratzen von Pawns Krallen. Um seine beiden Begleiter zu beruhigen, versuchte der Junge zu lächeln, aber es reichte nur zu einer verkniffenen Grimasse.
    Als er nach Aufforderung des älteren Herrn, der sie empfangen hatte, am Tisch Platz nahm, sah er zum ersten Mal seinen Gegner. Er war im selben Alter, ein Junge mit heller Haut und wohlgeformten Lippen, der sehr klug aussah. Seine marineblaue Hose hatte Bügelfalten, und die Brusttasche seines Blazers zierte das goldene Abzeichen des Klubs. Er musterte den Jungen, stutzte einen Moment, als sein Blick auf dessen Lippen fiel, blieb aber ungerührt auf seinem Stuhl sitzen.
    Was den Jungen jedoch am meisten irritierte, waren das Schachbrett und die Figuren. Sie waren spiegelblank, ohne einen Kratzer, jede Figur wirkte so kostbar, dass man sie kaum anzufassen wagte. Es war merkwürdig, dass es sich hierbei um das gleiche Spiel handeln sollte, wie er es aus dem Bus kannte. Er war völlig ratlos, wie er es anstellen sollte, diese Figuren von der Stelle zu rücken. Sein Herz klopfte wie wild, kalter Schweiß stand auf seiner Stirn, und ihm wurde schlecht. Der ältere Herr machte ihn mit den Einzelheiten der Prüfung vertraut, aber der Junge bekam nichts davon mit. Ehe er sich’s versah, hatte sein Gegner mit Weiß das Spiel eröffnet. Zögerlich schob der Junge seinen Bauern ein Feld vor. Der fühlte sich so kalt und abweisend an, als wäre er gar keine Schachfigur.
    Dem Jungen war schleierhaft, nach welchen Gesichtspunkten man seinen Gegner ausgewählt hatte, aber es stellte sich bald heraus, dass der andere Junge ihm ebenbürtig war. Er konzentrierte sich voll und ganz auf das Spiel, so als würde sein Kontrahent gar nicht existieren. Trotz seines unhöflichen Benehmens waren seine Spielzüge von kraftvoller Schönheit und Eleganz.
    Seine grazilen Hände strotzten vor Selbstvertrauen. Sie wirkten wie ein Ornament, das perfekt zum Ensemble der Schachfiguren passte. Der Junge musterte seine eigenen dürren Finger. Verglichen damit waren die des anderen Jungen wie geschaffen fürs Schachspielen. Was für ein Talent er doch haben musste. Mit jedem Zug wurde der Junge verzagter.
    Sein Gegner hatte sofort die Initiative ergriffen. Sein Spiel war ganz anders als das des Meisters. Er überquerte einsturzgefährdete Brücken und ging resolut zum Angriff über, ohne sich jemals in Gefahr zu bringen. Es gab Situationen, in denen er mit angehaltenem Atem seine Position festigte. Aber selbst dann bewahrte er Ruhe. Seine Züge waren manchmal waghalsig, aber nie ungestüm, sie waren Teil eines Plans, der keine Angriffsfläche bot.
    Der Junge, der seine Ruhe wiederfinden wollte, strich sich über den Flaum seiner Lippen, aber das hatte eher den gegenteiligen Effekt. Der Stuhl mit den Armlehnen war hart und außerdem zu hoch für ihn, sodass seine Beine in der Luft baumelten. Sein Rücken schmerzte. Der Junge dachte bei sich, dass sein Großvater diesen Stuhl bestimmt umgebaut hätte, und plötzlich hatte er Angst, er könne nie wieder in seinen Alkoven zurückkehren. Auch das Ticken der Schachuhr und das Kritzeln des Bleistifts, mit dem der Schiedsrichter den Spielverlauf notierte, verunsicherten ihn. Aber am meisten irritierte ihn die spärliche Beleuchtung. Da sie im Kellergeschoss waren, gab es keine Fenster, sondern nur das schwache Licht der Lampe über dem Tisch. Wie sehr er auch die Augen zusammenkniff, der Junge konnte die Umrisse der Figuren bloß schemenhaft erkennen. Er sehnte sich nach den Sonnenstrahlen, die den Bus durchfluteten. Nach süßem Zuckerduft, den abgegriffenen Figuren, der weichen Hand seines Meisters.
    Der

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