Sean King 01 - Im Bruchteil der Sekunde: Roman
meine brillante Theorie Nummer zwei, die davon ausgeht, dass Jorst nicht in die Sache verwickelt ist. Gehen wir sie mal Punkt für Punkt durch: Scott plant mit Ramsey den Mord an Ritter; er ist der Maulwurf beim Secret Service. Das Motiv kenne ich nicht, vielleicht ging es um Geld, vielleicht um eine private Abrechnung mit Ritter.« Sie schnippte mit den Fingern. »Warte mal. Ich weiß, es klingt verrückt, aber vielleicht haben ja Scotts Eltern Ritter ihr ganzes Geld gegeben, als der noch als Prediger durch die Lande zog? Erinnerst du dich noch, was Jorst darüber sagte? Und als ich Ritters Hintergrund untersucht habe, fand ich raus, dass er ein schwerreicher Mann war, vor allem aufgrund dieser ›Donationen‹ an seine Kirche – eine Kirche, deren einziger Nutznießer er selbst war.«
»Daran hab ich auch schon gedacht. Schade, dass diese Theorie nicht zu den Fakten passt. Ich hab jahrelang mit Scott zusammengearbeitet und weiß über seine Herkunft Bescheid. Seine Eltern starben, als er noch ein Kind war, und haben ihm nicht einen Cent hinterlassen.«
Enttäuscht lehnte sich Michelle zurück. »Schade! Das wäre so ein tolles Motiv gewesen. He, was ist mit Sidney Morse? Dessen Eltern waren doch wohlhabend. Vielleicht haben die ihr Geld Ritter in den Rachen geworfen. Dann war vielleicht Morse an dem Attentat beteiligt.«
»Nein. Seine Mutter hat bei ihrem Tod ihr ganzes Geld Morse hinterlassen. Das sprach sich damals rum, als Morse zu Ritters Wahlkampagne stieß, denn sie war wohl erst kurz zuvor gestorben. Außerdem wissen wir jetzt mit Gewissheit, dass es Querverbindungen zwischen dem Fall Ritter und dem Fall Bruno gibt. Sidney kann höchstens was mit Ritters Tod zu tun haben, aber an der Entführung Brunos ist er mit Sicherheit nicht beteiligt gewesen. Es sei denn, er hätte ihn mit einem Tennisball k. o. geschlagen.«
»Okay, das stimmt. Nehmen wir also einfach mal weiter an, dass Bob Scott hinter allem steckt. Das ist der erste Teil. Sagen wir einfach, er wurde für seine Hilfe bei dem Attentat bezahlt. Das hat ihn zwar seine Karriere gekostet, aber lassen wir ’s mal dabei. Er haut ab und zieht sich in die Wildnis von Montana zurück.«
»Und was ist mit Bruno? Wo ist da die Verbindung zu Scott?«
»Also, wenn er Ritter ans Messer geliefert hat, dann tat er das, weil er und Ramsey irgendwie befreundet waren. Die Frage ist nur, seit wann? Ich weiß, es klingt verrückt. Scott hat im Vietnamkrieg gekämpft und Ramsey dagegen demonstriert, aber es sollen schon merkwürdigere Dinge vorgekommen sein. Vielleicht haben sie sich bei irgendeiner Demo kennen gelernt. Du weißt schon, Scott hatte die Schnauze voll vom Krieg und sprang auf Ramseys Vorstellungen sofort an. Wenn er Arnold Ramsey bei der Planung des Attentats auf Ritter geholfen hat, dann kennt er auch Kate Ramsey. Und außerdem weiß er, dass Bruno die Karriere ihres Vaters mit getürkten Beschuldigungen ruiniert hat, und das erzählt er Kate. Kate wächst also voller Hass auf John Bruno heran. Irgendwann taucht Scott dann wieder bei ihr auf, sie schließen sich kurz und entführen Bruno aus Rache für sein damaliges Verhalten. Damit wäre doch alles erklärt.«
»Und der Mann, der Arnold Ramsey in der Nacht besucht hat und von dem Kate behauptet, er habe Thornton Jorsts Namen genannt – soll das auch Scott gewesen sein?«
»Also, wenn Kate wirklich mit drinhängt, dann könnte sie uns darüber einfach belogen haben, um uns von der Wahrheit abzulenken – das hatten wir doch schon mal. Also, was meinst du?«
»Diese Schlussfolgerungen klingen ziemlich plausibel.«
»Ja, ich denke auch, dass wir zwei ein ziemlich gutes Team bilden.«
King holte tief Luft. »Und nun warten wir am besten ab und sehen, was uns der morgige Tag bringt.«
KAPITEL 60
Am folgenden Morgen brachen sie bereits im ersten Tageslicht in drei Fahrzeugen auf. Parks fuhr mit King und Michelle in seinem Wagen, gefolgt von zwei schweren Transportern mit grimmig dreinschauenden, bis auf die Zähne bewaffneten FBI-Agenten.
King und Michelle hatten Parks über die neuesten Entwicklungen mit Kate Ramsey unterrichtet und ihm auch Michelles – wenngleich noch etwas vage – Theorien über die möglichen Verbindungen zwischen den einzelnen Punkten erklärt.
Parks wirkte nicht überzeugt. »So, wie das in diesem Fall bisher läuft, warte ich jetzt schon auf die nächste unangenehme Überraschung.«
In einer Kaffeepause erläuterte Parks seinen Angriffsplan: »Ein Transporter wird
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