Seekers 03: Auf dem Rauchberg
als würden die Jäger jubeln. Ein paar weitere Schüsse ertönten. Hatten sie die anderen aufgespürt?
Lusas Tatzen bebten, doch sie zwang sich, noch einmal hochzuklettern. Das Rumpeln und die Jubelrufe wurden schwächer. Vom Baumwipfel aus erblickte sie das Feuerbiest, das sich holpernd talaufwärts bewegte, während das Mondlicht auf seinen Flanken glänzte.
Ziehen sie sich zurück? Sind wir jetzt in Sicherheit?
Lusa zwang sich, den Baum loszulassen, und kletterte wieder nach unten. Sie rannte zwischen den Bäumen hindurch und suchte nach ihren Freunden.
»Bitte, seid unverletzt«, flüsterte sie. »Seid am Leben.«
Was, wenn sie die Einzige war, die es geschafft hatte? Würde sie die Letzte Große Wildnis dann ganz allein suchen müssen?
Nicht drüber nachdenken, wies sie sich zurecht. Du bist nicht allein. Sie werden da sein.
Lusa blieb stehen, um Atem zu schöpfen. Die Bäume ringsum bewegten sich nicht. Ein stechender Schmerz fuhr durch ihre Schulter. Ihr Fell fühlte sich klebrig an, sie konnte nur hoffen, dass die Kugel nicht in ihr drinsteckte.
In den Büschen bewegte sich etwas.
Lusa erstarrte. »Toklo?«, flüsterte sie. »Kallik? Ujurak?« Sie bereitete sich darauf vor, auf den nächsten Baum zu flüchten.
Ein weißer, mit Schlamm überzogener Pelzkopf lugte aus dem Busch hervor.
»Lusa!«, rief Kallik. »Du hast es geschafft!« Sie sprang aus dem Gebüsch und lief, schnaufend vor Erleichterung, auf Lusa zu.
»Du bist ja völlig verdreckt!«, stellte Lusa fest. »Bist du gestürzt? Hast du dich verletzt?«
»Ich hab versucht, mich zu tarnen«, erläuterte Kallik, während sie den Hals verdrehte, um die dicke Schlammschicht auf ihrem weißen Pelz zu begutachten. »Hat anscheinend ganz gut funktioniert. Ich konnte die Krallenlosen abschütteln.«
»Hast du Toklo oder Ujurak gesehen?«, fragte Lusa.
Kallik hob den Kopf. Lusa folgte ihrem zum Himmel gerichteten Blick und sah eine Eule, die sich aus den Wolken herabstürzte. Sie hielt genau auf sie zu, und für einen Moment befürchtete Lusa, sie würde kopfüber auf den Boden schlagen, doch im letzten Moment stieg sie wieder hoch, um dann elegant zu landen. Die Eule begann sich zu verwandeln und kurz darauf stand Ujurak neben ihnen.
»Oh, Ujurak. Ich bin so froh, dass mit dir alles in Ordnung ist.« Lusa schmiegte sich an seine tröstlich warme Seite.
Er starrte seine Tatzen an. »Sich in einen Vogel zu verwandeln, um einer Gefahr zu entgehen, ist feige«, murrte er.
»Das ist doch Unsinn«, widersprach Kallik und klang für einen Moment wie Toklo. »Glaubst du etwa, wir würden es nicht tun, wenn wir könnten?«
»Ohne mit der Wimper zu zucken«, bestätigte Lusa. »Ich würde nicht mal drüber nachdenken! Ich würd mir Flügel wachsen lassen und über alle Berge sein, bevor die Flachgesichter auch nur ihre eigene Nase gefunden hätten!«
»Toklo nicht«, meinte Ujurak bedrückt. »Er würde kämpfen, als Bär, und er würde es voller Stolz tun.«
Lusa und Kallik wechselten unbehagliche Blicke. Sie starrten gemeinsam in den stillen Wald.
Wo war Toklo?
25. KAPITEL
Toklo
Toklo sah zu, wie Ujurak auf schneeweißen Schwingen in den Himmel flog, dann drehte er sich um und jagte Lusa nach. Er sah Kallik in die andere Richtung davonstürmen. Es gab nichts, womit er ihr helfen konnte. Sie war ohnehin die Schnellste von allen. Aber Lusa konnte bestimmt Hilfe gebrauchen.
Offenbar lief sie auf die Felsen zu, die das Tal säumten. Der heiße Brandgeruch des Feuerbiests verstopfte ihm die Nase, und er stolperte über Steine, die er für Schatten gehalten hatte. Seine geschundenen Muskeln protestierten heftig, als er das Tempo noch einmal verschärfte.
Plötzlich kreuzte das Feuerbiest brüllend seinen Weg. Das hell glühende Licht in seinen Augen blendete Toklo, sodass er abrupt stehen blieb. Einer der Jäger stieß einen Schrei aus und Toklo hörte das Knallen eines Feuerstocks.
Er konnte jetzt nicht zu Lusa gelangen. Das Beste war, die Flachgesichter von ihr wegzulocken. Toklo drehte sich um und floh in die entgegengesetzte Richtung durchs Tal. Seine geblendeten Augen konnten noch nicht wieder richtig sehen, doch er erblickte in einiger Entfernung langes Sumpfgras und hielt darauf zu.
Mit Schwung pflügte Toklo durch das Gelände, bis er feststellte, dass sich sein Fell in stachligem Unkraut verfangen hatte. Er riss sich mit Gewalt los und hechtete in ein großes Büschel aus dickem Gras. Vom hohen Schilf verborgen, lag er bäuchlings im
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