Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenfänger

Seelenfänger

Titel: Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
Vom Netzwerk:
Zacharias.
    Florence betrachtete die neuen Bilder, manche von ihnen groß, mehr als einen Meter hoch, andere so klein, dass sie sich vorbeugen und genau hinsehen musste, um Einzelheiten zu erkennen.
    »Eine Reisestation«, sagte Zacharias. »So kommt es mir vor. Traveller treffen hier ein und warten, bis die Säule ihnen das Ziel ihrer Reise zeigt. Jenen unter ihnen, die länger warten müssen, steht die Hütte zur Verfügung.«
    »Die Tür, der Zugang hierher, existiert nicht mehr.« Florence betrachtete die Bilder. »Wer weiß, wann die nächsten Reisenden eintreffen. Und wer weiß, wie groß diese Welt ist.« Sie wandte den Blick kurz von der Säule ab und deutete zum Rand des Felsvorsprungs. »Ich würde gern mehr über die riesige Skulptur erfahren, und über die Leute, die sie geschaffen haben.«
    Zacharias schickte ein weiteres Ping in den Äther dieser Welt, doch die einzigen Echos, die er empfing, stammten von der Säule mit den wandernden Bildern. Ansonsten blieb sein Radar völlig leer.
    Er legte Florence den Arm um die Schultern. »Wir könnten noch etwas länger bleiben. Ein oder zwei Tage. Oder eine ganze Woche. Die Vorräte in der Hütte reichen so lange. Wir könnten hinunterklettern zu der Skulptur. Und du hättest Gelegenheit, mich auf den neuesten Stand zu bringen. Du scheinst viel mehr zu wissen als ich, insbesondere was dieses Weltennetz betrifft …«
    Florence zögerte kurz und sagte dann: »Wir haben keine Ahnung, wie groß der Ereigniswinkel in Bezug auf Lassonde ist, Zach. Wir sollten keine Zeit verlieren. Ich möchte zurück zur Foundation und dort nach dem Rechten sehen.« Sie beugte sich plötzlich vor. »Hier, dieses Bild. Das sieht nach Lassonde aus.«
    Zacharias schaute genau hin und sah graubraunen Dunst, aus dem Türme in blassen Pastellfarben ragten. »Bist du sicher?«
    »Ja, ich glaube schon.«
    »Du glaubst es?«
    Florence beugte sich noch etwas weiter vor, bis ihre Nase fast an das kleine Bild stieß. Sie gingen davon aus, dass die Größe der Bilder auf ihre Entfernung hinwies: Je größer das Bild, desto näher die betreffende Welt. Danach musste Lassonde – wenn es wirklich Lassonde war – ziemlich weit entfernt sein. Aber es war nur eine Vermutung, und für die Reise, für den Sprung durch den Space, spielte es keine Rolle. Oder sollte es eigentlich keine Rolle spielen. Ganz sicher war Zacharias nicht; er wusste zu wenig über das Netz der Welten und den »Hauptstrang«.
    Er sah Florence von der Seite an. »Du willst nicht zurück zur Foundation, um nach dem Rechten zu sehen. Du willst zurück, weil dir dies alles Angst macht.« Zacharias deutete auf die Bilder der vielen Welten.
    Sie wich ein wenig von der Säule zurück. »Vielleicht hast du recht; ich weiß es nicht genau. Vielleicht … möchte ich Gewissheit erlangen.«
    »Du möchtest aufwachen«, sagte Zacharias mit plötzlichem Ernst, ließ den Arm sinken und schob die kalt gewordene Hand in die Jackentasche. »Du möchtest die Augen öffnen und sagen können, dass alles nur ein Traum war.«
    »Oh, dies ist mehr als ein Traum, daran besteht kein Zweifel. Aber …« Florence sprach nicht weiter.
    »Wenn ich in der Foundation die Augen öffne, kann ich nur sie bewegen: die Augen.«
    »Ich weiß, Zach«, sagte Florence, und auch sie klang sehr ernst. »Ich weiß. Aber wir müssen zurück.«
    Warum?, fragte einer der arglistigen Gedanken, die in einem Winkel von Zacharias’ Kopf lauerten.
    Florence deutete auf das Bild. »Ich bin sicher«, sagte sie. »Das ist Lassonde. Bring uns hin, Zach.«
    »Na schön.« Zacharias schob alle anderen Gedanken beiseite, konzentrierte sich auf das Bild und ließ es vor dem inneren Auge wachsen. Ein Ping bestätigte die Existenz des Übergangs; er musste ihn nur auf dieser Seite öffnen. Er stellte sich eine Tür vor, streckte die Hand nach ihrem Knauf aus, drehte ihn …
    Etwas saugte ihn an, und es gelang ihm gerade noch, Florences Hand zu fassen und sie mit sich zu ziehen, als er den Boden unter den Füßen verlor und flog . Ein Gefühl von unendlicher Weite stellte sich ein, und etwas zerrte an ihm und auch an Florence, zog sie beide wie ein Gummiband in die Länge. Trägheit von Körper und Geist, dachte der analytische Teil von ihm, den Florence als Therapeutin immer wieder stimuliert hatte. Die Adaptation dauert länger als der Vorgang des Transfers; Gedanken sind schneller als der Körper, selbst wenn der Körper nur im Space existiert.
    Seine Synästhesie reagierte bereits

Weitere Kostenlose Bücher