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Seelenfänger

Seelenfänger

Titel: Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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sagte er, ohne auf die letzten Worte des Seelenfängers einzugehen.
    »Ja, ich muss zugeben, dass du recht hast. Sie ist dort draußen geblieben und hat sich isoliert, soweit das möglich ist. Ich meine, sie kann sich nicht völlig isolieren, solange sie sich hier befindet. Die eine oder andere Verbindung muss sie bestehen lassen, und früher oder später werde ich sie finden.«
    »Dazu hast du jetzt keine Gelegenheit mehr«, sagte Zacharias und überlegte immer noch, wie er vorgehen sollte. Es erstaunte ihn, dass er sich bis eben keine Gedanken darüber gemacht hatte. Er war mit der Absicht hierhergekommen, jeden Widerstand zu überwinden, und in seinen bisherigen Vorstellungen hatte das genügt.
    »Lily hat damals mitgeholfen, uns zu dem zu machen, was wir sind, Zacharias«, fuhr Salomo fort. »Hat sie dir davon erzählt, von Genesis?«
    Zacharias nickte widerstrebend und hatte dabei das sonderbare Gefühl, die Bewegungen seines Kopfes nicht unter Kontrolle zu haben. Das war seltsam, fand er. Er konnte eine ganze Welt kontrollieren und sie verändern, indem er Einfluss auf ihr Grundmuster nahm. Wie sollte sich da der eigene Kopf seiner Kontrolle entziehen? Pass auf, flüsterte die warnende Stimme. Er versucht erneut, dich zu beeinflussen, und er stellt es verdammt geschickt an. Er kriecht wie eine Schlange in deine Gedanken, er streut noch mehr Gift in deine Seele.
    »Wir sind das, zu dem wir gemacht worden sind, wir beide, Zacharias. Genesis hat uns darauf vorbereitet, zu den Herren von Lassonde und der anderen Welten zu werden. Es ist unsere Aufgabe, unsere Verantwortung, der wir uns nicht entziehen können.«
    Aus dem Augenwinkel bemerkte Zacharias, dass sich die Lippen des Orakels bewegten. Sie schienen lautlose Worte zu formen.
    »Genesis wollte uns zu Werkzeugen machen«, sagte Zacharias. »Wir sollten es dem Philanthropischen Institut er möglichen, die Macht über das Distributed Conscience und die Welten des Netzes zu übernehmen.«
    »Dir ist schon klar, was ›philanthropisch‹ bedeutet, oder?«, fragte Salomo mit leisem Spott.
    Die Augen unter den geschlossenen Lidern des Orakels bewegten sich, und die Lippen gerieten erneut in Bewegung. Zacharias wollte feststellen, welche Worte sie formten, aber es gelang ihm nicht, den Blick von Salomo abzuwenden.
    »Komm mir nicht mit Semantik«, erwiderte er und bemühte sich, seiner Stimme einen scharfen Klang zu geben. »Wir beide wissen, was gemeint ist.«
    »Die Herrschaft des Menschen über die Maschine, Zacharias. Darum geht es. Ich habe es dir mehrmals zu erklären versucht, aber leider hast du es nicht verstanden.«
    Zacharias beobachtete Salomo – sein Blick klebte an ihm, schien in diesen Sekunden ganz von seinem Gesicht gefangen genommen zu sein –, und ihm fiel plötzlich auf, dass die Narbe neben der Nase größer geworden war und ihre Form verändert hatte. Sie sah nicht mehr aus wie ein Strich, sondern fast wie …
    Die Lider des Orakels zitterten; es schien zu versuchen, die Augen zu öffnen. Einmal mehr bewegten sich die Lippen, und diesmal gelang es Zacharias, den Bewegungen aus dem Augenwinkel zu folgen. Hilf mir, sagten die Lippen lautlos. Hilf uns.
    Die Narbe neben der Nase. In feurigem Rot durchzog sie die Wange und bildete ein … Kreuz?
    Eine heilige Mission, dachte Zacharias.
    Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Die Überraschung war groß, aber vielleicht nicht ganz so groß, wie er zunächst gedacht hatte.
    »Ich weiß, wer du bist«, sagte er.
    Salomo ignorierte die Worte. »Ich muss dir noch ein Geständnis machen, Zacharias. Die Traveller und Legaten aus Prisma wären mir jetzt tatsächlich sehr nützlich gewesen. Ja, ich hätte sie hier gut gebrauchen können.«
    »Ohne sie sitzt du fest«, sagte Zacharias, dachte an Florence und hörte erneut die Stimme in seinem Innern, die ihn noch einmal davor warnte, Salomo zu unterschätzen. »Ohne sie kannst du den Reset nicht vervollständigen.«
    »Reset? Hat Lily es so genannt?« Salomo lachte kurz, und Zacharias spürte einen Anflug des alten Wohlbehagens. »Ja, man könnte es so nennen. Und nein, Zacharias, ich sitze nicht fest. Ich müsste mich nur mehr anstrengen, und es würde länger dauern.«
    Pass auf! , rief die Stimme in seinem Innern, so laut, dass Zacharias glaubte, sie mit den Ohren zu hören. Und im selben Moment wusste er, dass es bereits zu spät war. Er hatte den Seelenfänger im Kopf, und dort sagte er: Aber ich habe dich, Zacharias, und mit deiner Hilfe

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