Seelenfänger
unterschrieben und an den Direktor der Foundation und seine zuständigen Mitarbeiter gerichtet war. Der Text ließ keinen Spielraum für Interpretationen. »Bitte veranlassen Sie aus Sicherheitsgründen unverzüglich die Installation der neuen Firewall«, hieß es dort.
Thorpe deutete auf die Stelle, an der eine Telefonnummer angegeben war. »Rufen Sie Vandenbrecht an, wenn Sie wollen. Er wird Ihnen alles bestätigen.«
Matthias wich widerstrebend einen Schritt zurück. »Zeigen Sie mir den Code.«
Thorpe steckte das Modul an den Fastport.
Von einem der größeren Bildschirme verschwand das Bild eines Europas, das die Ausbreitung der ariden Zonen im Mittelmeerraum und die veränderten Küstenlinien bei einem weiteren Anstieg des Meeresspiegels von sieben Metern in den nächsten fünfzig Jahren zeigte. Das Symbol des Philanthropischen Instituts leuchtete auf, zwei Hände, die sich vor dem Hintergrund der Erde gegenseitig umfassten, und darunter erschien ein aus Zahlen, Buchstaben und Sonderzeichen bestehender Code.
Matthias’ Finger flogen über eine nahe Tastatur.
»Authentizität des Codes wird überprüft«, ertönte eine neutrale Stimme, die sowohl einem Mann als auch einer Frau gehören konnte. Einige Sekunden verstrichen, und dann: »Authentizität und Integrität des Installationsprogramms be stätigt. Zeitstempel und Datenintegrität korrekt. Absender und Urheber: Philanthropisches Institut.« Zwei weitere Sekunden verstrichen. »Soll das Programm gestartet werden?«
Matthias empfing Thorpes auffordernden Blick. Ihm war nicht wohl bei der Sache, aber offenbar blieb ihm keine Wahl. »Ja.«
»Bitte gib dein Root-Passwort ein, Matthias«, sagte Lily.
Wieder klickten Tasten unter Matthias’ Fingern, und er stellte zufrieden fast, dass Thorpe den Blick abgewandt hatte.
»Programm wird installiert.«
Thorpe kehrte zu seinem Sessel zurück. »Ich schlage vor, wir nehmen wieder Platz. Die Installation wird eine Weile dauern, was uns Gelegenheit gibt, über den zweiten Grund für meinen Besuch zu sprechen.«
Matthias sah zum dunklen privaten Monitor und begriff, dass er noch etwas länger warten musste. »Ja?«, sagte er, als er wieder an seinem Schreibtisch saß.
»Von hier aus – ich meine, von diesem Hauptterminal aus – lassen sich auch die Interface-Systeme der Traveller und Therapeuten programmieren, nicht wahr?«
»Der Therapeuten«, sagte Matthias. »Traveller brauchen keine Interface-Systeme.«
»Erklären Sie es mir. Erklären Sie mir, wie die Interface-Systeme funktionieren, und die Reisen der Traveller.«
Matthias seufzte innerlich. Warum stellte dieser immerzu lächelnde Mann all die Fragen? Warum ließ er ihn nicht endlich in Ruhe? »Die Traveller sind natürliche Talente und können von sich aus Kontakt mit anderen Geisteswelten aufnehmen. Sie schicken ihre Gedanken in ein fremdes Bewusstsein, in den Space.«
»Beschreiben Sie es mir«, sagte Thorpe.
»Ich kann es nicht beschreiben. Ich bin kein Traveller.«
»Sie brauchen Tetranol für ihre Reisen, nicht wahr?«
»Nein, nicht unbedingt. Tetranol erleichtert ihnen den Sprung, den Übergang, und stabilisiert die Reise. Die neue Tetranol-Version, die wir seit einem Jahr benutzen, steigert die Realitätserfahrung und ermöglicht den Travellern eine bessere Orientierung. In der Anfangsphase haben Traveller manchmal auf Tetra verzichtet, aber dabei liefen sie Gefahr, sich im Space zu verirren.« Matthias warf einen Blick auf den Bildschirm, der eben das Symbol des Philanthropischen Instituts und den Autorisierungscode gezeigt hatte. Jetzt wanderten dort Zahlen- und Buchstabenkolonnen von unten nach oben, und er versuchte zu verstehen, was sie bedeuteten. Die Code-Flags einer Kolonne wiesen darauf hin, dass es um externe Verbindungen ging, um den Satelliten-Verbindungsknoten G7 und den zentralen Breitband-Rücken im Pazifikraum.
»Was ist mit den … Patienten?«, fragte Thorpe, und Mat thias bemerkte das kurze Zögern vor dem letzten Wort. Solche Dinge fielen ihm manchmal auf. »Sie bekommen ebenfalls Tetranol, nicht wahr?«
»Ja. Um ihr Bewusstsein aufnahmefähig zu machen. Damit es den Besuchern – dem Traveller und seinem Therapeuten – keinen Widerstand entgegensetzt. Damit es nicht zu einer sogenannten Aversion kommt.«
»Es wird immer wieder von Therapeuten gesprochen«, sagte Thorpe. »Aber eigentlich sind es Kognitoren, nicht wahr?«
»Der Begriff ›Therapeut‹ stammt aus der Anfangszeit, als man die Traveller für
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