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Seelenfänger

Seelenfänger

Titel: Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Realität.«
    Ja, dies ist die Realität, dachte Thorpe. »Was die Foundation betrifft …«
    »Man hält Sie für eine Art Controller, Thorpe, und dabei soll es so lange wie möglich bleiben. Bis wir sicher sein können, dass Sie dort vor den Augen und Ohren des Gegners geschützt sind.«
    Des Gegners, wiederholte Thorpe in Gedanken. Sind wir schon so weit, dass wir ganz offen von einem Gegner sprechen?
    »Nathan Fukuroku von Samsung-Nippon begleitet den Patienten«, sagte Vandenbrecht. »Bitte sorgen Sie dafür, dass er die volle Unterstützung der Foundation erhält.«
    »Natürlich, Moses.«
    Vandenbrecht nickte noch einmal und unterbrach die Verbindung.
    Einige Sekunden blickte Thorpe nachdenklich auf den leeren Schirm, stand dann auf und verließ das Zimmer. Im Flur traf er Jonas Rasmussen und setzte sofort sein freundliches Lächeln auf.
    »Oh, Jonas, freut mich, Sie zu sehen. Ich wollte gerade …«
    »Ich schlage vor, wir kehren in das Zimmer zurück, aus dem Sie kommen, Thorpe. Ich muss mit Ihnen reden.« Ras mussen wartete keine Antwort ab und öffnete die Tür. Thorpe folgte ihm in den Raum, in dem er mit Vandenbrecht gesprochen hatte, und begann zu ahnen, was die schroffe Art des Foundation-Direktors bedeutete. Das kurze, kaum merk liche Flackern des Bildschirms war keine Störung gewesen.
    Rasmussen vergewisserte sich, dass die Tür geschlossen war, hob dann ein kleines Gerät und drückte eine Taste.
    »… bis wir sicher sein können, dass Sie dort vor den Augen und Ohren des Gegners geschützt sind«, tönte es aus dem kleinen Lautsprecher des Rekorders.
    »Welches Spiel treiben Sie, Thorpe?«, fragte Jonas Rasmussen. In der Stimme des Foundation-Direktors lag eine Schärfe, die Thorpe bisher nicht bei ihm gehört hatte. »Wer sind Sie?«
    »Von einem Spiel kann keine Rede sein«, erwiderte Thorpe. Er deutete auf die beiden Personen, die wie Wächter neben der Tür standen: die Therapeutin Florence, die ihn misstrauisch anstarrte, und Teneker, der zweitbeste Traveller der Foundation, gleich nach Zacharias, ein junger Mann von kaum zwanzig Jahren mit mädchenhaft weichem Gesicht, dessen Züge sich jetzt aber ein wenig verhärtet hatten. »Ich würde es vorziehen, mit Ihnen allein zu reden, Jonas.«
    Rasmussen zögerte kurz und strich sich nachdenklich über seinen grauen Vollbart. »Na schön«, sagte er dann. »Florence, Teneker, lasst uns allein.«
    Der junge Traveller, fast noch ein Kind, ging sofort. Die Therapeutin zögerte und warf Thorpe einen letzten arg wöhnischen Blick zu, bevor sie in den Flur trat und die Tür hinter sich schloss.
    Einige Sekunden lang herrschte Stille, nur gestört vom leisen Summen der Klimaanlage.
    Thorpe wollte sich an das Terminal setzen, von dem aus er mit Vandenbrecht gesprochen hatte, aber Jonas sagte: »Nein, das ist mein Platz. Für Sie haben wir den Besuchersessel dort.«
    Thorpe nickte, ging zur anderen Seite des Schreibtischs und überlegte, wie viel er dem Direktor der Foundation anvertrauten konnte und durfte. »Sie haben mitgehört«, stellte er fest. »Obwohl es ein vertrauliches Gespräch war.«
    »Ja.« Rasmussen legte den Rekorder auf den Tisch und zog die Jalousien halb zu, als wollte er auf diese Weise fremde Blick aussperren. Aber auf der anderen Seite des Fensters gab es nur grenzenlosen Himmel und ein ansteigendes Meer. »Wer ist der Gegner von dem Sie gesprochen haben? China? Oder eine der Unabhängigen Korporationen? Und warum die Geheimniskrämerei?«
    »Es war ein vertrauliches Gespräch, Jonas«, sagte Thorpe und zeigte ein freundliches Lächeln, während es hinter seiner Stirn arbeitete. »Und es war verschlüsselt.«
    »Nicht gut genug für Matthias und unsere Lily.«
    Die ohne installierte Signalschranken zu einem Problem hätte werden können, dachte Thorpe. Jetzt dürfte in dieser Hinsicht keine Gefahr mehr drohen, selbst dann nicht, wenn sich hier ein Seeder eingenistet hat.
    »Sie sind kein Controller des Philanthropischen Instituts, so viel steht fest«, fügte Rasmussen hinzu. »Was geht hier vor?« Er richtete den Zeigefinger auf Thorpe. »Ich rate Ihnen dringend, mir ehrlich Antwort zu geben. Andernfalls fliegen Sie raus. Nicht nur aus der Foundation, sondern auch aus Sea City. Ich werde meinen Einfluss beim Stadtrat geltend machen und …«
    »Das ist nicht nötig.« Thorpe traf eine Entscheidung. Er hatte bei der Ausführung seines Auftrags einen gewissen Bewegungsspielraum, und den nutzte er jetzt. »Aber bevor ich Ihnen

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