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Seelenfänger

Seelenfänger

Titel: Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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können wir nicht später …«
    »Nein, wir reden jetzt darüber«, sagte Florence und hörte die Entschlossenheit in ihrer Stimme. Ihr Vater hörte sie ebenfalls, denn er richtete einen erstaunten Blick auf sie, und zumindest für einen Moment schien er seine ins Bad geflüchtete Mätresse zu vergessen. »Du hast gute Verbindungen zum Philanthropischen Institut, nicht wahr?«
    »Das Institut bekommt viel Geld von mir.«
    »Ich möchte, dass du deine Beziehungen nutzt«, sagte Florence mit Nachdruck. »Für mich. Ich möchte, dass du im Philanthropischen Institut einen Platz für mich findest, einen Ort, wo man eine Person mit … Einfühlungsvermögen braucht.«
    »Eine empathische Psychologin, meinst du?«, fragte Ferdinand und bewies damit, dass er besser zugehört hatte als seine Frau.
    Aus dem Nährboden der ersten Entscheidung wuchs, wie von ihr befruchtet, eine zweite. »Es gibt im Institut eine Gruppe, die für ihre Arbeit eine neue synthetische Droge verwendet«, sagte Florence, obwohl sie nicht wusste, wie die Gruppe hieß, und nur vage Vorstellungen von ihrer Arbeit hatte. »Eine Gruppe, der sogenannte Traveller angehören. Bitte nutz deinen Einfluss beim PI, um mir einen Job bei jener Gruppe zu beschaffen.«
    »Willst du dein Studium aufgeben?«, fragte Ferdinand erstaunt.
    »Nein, ich will es erweitern.« Florence kehrte zur Tür zurück. »Um diesen einen Gefallen bitte ich dich, Vater.« Sie deutete zum Bad. »Sag Melissa, dass sie ins Bett zurück kann. Im Bad friert sie sicher. Oder ist es Annabel?« Sie lächelte kurz. »Ein Job beim Philanthropischen Institut, Vater. Für deine Tochter.«
    Sie schloss die Tür.
    Zwei Tage später hörte sie zum ersten Mal von der Foundation.

13
    F lorence? «, brachte Matthias hervor. »Du? Um diese Zeit?« Er hatte die Tür des Admin-Büros nur einen Spaltbreit geöffnet, als traute er der Welt draußen nicht, zumindest nicht des Nachts.
    »Darf ich reinkommen?«, fragte sie und versuchte, nicht zu drängend zu klingen.
    Widerstrebend zog Matthias die Tür weiter auf, und Florence trat sofort ein, froh darüber, aus dem Flur zu entkommen.
    »Ich dachte, es ginge dir nicht gut«, sagte Matthias. Er rückte die Brille zurecht und wich in seine Welt aus hellen Bildschirmen und summenden Terminals zurück. Der große Schirm bei der Hauptkonsole zeigte den von ihm entwickelten Avatar, und Florence stellte erstaunt fest, dass das glatte Gesicht nicht neutral wirkte, sondern eindeutig einer Frau gehörte. Es war ein weiterer Hinweis, der sie daran erinnerte, dass sie sich noch immer im Space befand. »Elisabeth erzählte mir heute Abend davon. Sie meinte, sie hätten dir ein Beruhigungsmittel gegeben …«
    Florence holte tief Luft. »Was ich dir jetzt erzählen wer de, klingt seltsam«, sagte sie. »Aber ich weiß, dass du einen sehr flexiblen Verstand hast. Deshalb glaube ich auch, dass ich dir vertrauen kann.« Dies war nicht der echte Matthias, Autist und Savant, sondern das Konzept eines Matthias, in den Erinnerungen – oder Fantasien – eines Travellers namens Teneker, der bei der echten Foundation im Koma lag und dessen Körper zu sterben drohte, während sein Geist in dem einer anderen Person gefangen blieb, eines Netzwerk-Spezialisten namens Haruko Isamu Abe. Sie sprach hier mit der Idee eines Matthias, und das bedeutete, dass er vielleicht nicht so reagierte wie der, den sie kannte.
    »Ja?«, fragte Matthias. Er sank in den Sessel vor dem Hauptterminal, stand dann, als ihm die Regeln der Höflichkeit einfielen, wieder auf und zog für Florence einen Stuhl heran.
    Als sie sich setzte, fiel ihr Blick auf den großen Bildschirm der Hauptkonsole, und dort las sie: Was ist Intelligenz? Die Antwort lautete: Die Fähigkeit, das Absurde in der Vernunft zu erkennen.
    »Eine interessante Frage«, sagte sie. »Und Lilys Antwort ist vielleicht noch interessanter.«
    Matthias sah sie seltsam an. »Es ist nicht Lilys Antwort, sondern meine. Sie hat mir die Frage gestellt.«
    »Oh.« Die Psychologin in Florence fragte sich, was Matthias mit seiner Antwort gemeint haben mochte, welchen tieferen Sinn seine Worte enthielten, aber sie schob diesen Gedanken beiseite und gestikulierte vage. »Schläfst du eigent lich nie, Matthias?«
    »Ich brauche nicht viel Schlaf, nur zwei oder drei Stunden, das weißt du ja«, sagte er, obwohl Florence es nicht wusste; sie hörte es jetzt zum ersten Mal. »Und um diese Zeit sind Lily und ich ungestört. Normalerweise«, fügte er

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