Seelenjäger: Die Jagd beginnt (German Edition)
anderer.
Ich ging weiter auf ihn zu, bis ich direkt vor ihm stand.
„Nimm den Dolch runter!“
„Ach, komm schon! Nur ein bisschen Spaß … Ich verspreche auch, sanft zu sein!“, erwiderte er.
Ich sah ihn warnend an.
„Nimm den Dolch runter!“, wiederholte ich.
Alecs Grinsen erstarb, doch er tat, was ich von ihm verlangte.
„Schon komisch!“, sagte er.
Ich schaute ihn fragend an.
„Noch vor wenigen Minuten war ich dir der Liebste auf der ganzen Welt und jetzt …bin ich dir zuwider!“ Das Letzte spuckte er beinahe aus.
Er stapfte mit grimmiger Miene an mir vorbei und verschwand durch das Palasttor. Ich blieb wie erstarrt zurück. Ich wusste, dass er recht hatte. Noch vor Kurzem hätte ich alles für ihn gegeben und nun sträubte sich alles in mir gegen die Vorstellung, ihn wirklich zu lieben.
Einer der Soldaten fragte, ob alles in Ordnung wäre. Ich bejahte und lief zurück in den Palast. Immer schneller rannte ich durch die Gänge. An jeder Ecke begegnete ich jemandem, der sich vor mir verbeugte und mich mit „Eure Majestät“ begrüßte. Ich rannte weiter und suchte einen Ort, an dem alles so war wie früher. Als ich durch eine der vielen Türen stürzte, stand ich plötzlich auf dem Steg, auf dem ich als Kind immer meinem Vater geholfen hatte, die Fische zu sortieren. Eine leichte Brise verwehte meine Haare und trug mir einen Schwall Fischgestank ins Gesicht.
„Jaqueline, kommst du?“, rief eine vertraute Stimme hinter mir.
Ich wirbelte herum. Am anderen Ende des Stegs stand mein Vater mit einem großen Korb voller Fische. Weiter hinten konnte ich meine Mutter sehen, die die Fische ausnahm, und meinen Bruder, der mit kleinen Steinchen spielte. Es sah genauso aus wie früher.
Tränen rollten meine Wangen hinunter. Ich schloss die Augen und befand mich auf einmal wieder im Palast von Lyss. Ich fiel geradewegs in die Arme von Alec, der neben mir stand. Ich schlang die Arme um seinen Hals, doch er erwiderte meine Umarmung nicht.
„Es tut mir so leid!“, schluchzte ich.
Alec rückte von mir ab. Ich sah ihn durch einen Vorhang von Tränen an. Er sah mir kalt in die Augen. Es kam mir vor, als würde sich kein Gefühl in ihm regen.
„Alec?“, fragte ich mit erstickter Stimme.
„Wieso sollte ich meinen Gefühlen erlauben, dass sie Oberhand gewinnen?“, entgegnete er ebenso kalt, wie sein Blick war. „Dann wäre ich verletzlich und schwach!“
Mein Herz zog sich zusammen, als ich diese Worte hörte. Ich starrte Alec entsetzt an.
„Wie kannst du so etwas sagen?“
„Du liebst mich nur, wenn ich der selbstzweifelnde, schwache, langweilige Alec bin! Nicht, wenn ich mein wahres Gesicht zeige!“, erwiderte er forsch.
Ich zuckte zurück. Alec bemerkte dies und fühlte sich nur bestätigt in seiner Aussage. Er musste lächeln. Ein kaltherziges Lächeln.
„Wenn du mich wirklich lieben würdest, würdest du auch diese Seite von mir lieben! Aber das tust du nicht!“, fügte er hinzu.
Er wandte sich ab und wollte das Zimmer verlassen. Ich war gelähmt und konnte mich nicht bewegen. Aber ich konnte sprechen.
„Alec … Alec!“, rief ich.
„Was denn noch?“, fragte er genervt.
Ich drehte mich um und sah ihm in die Augen.
„Ich liebe dich!“, hauchte ich.
Für einen Moment schaute mich Alec verwirrt an, dann hatte er sich wieder unter Kontrolle. Er kam langsam auf mich zu und streckte eine Hand nach mir aus. Kurz vor meinem Gesicht stoppte er und starrte mich nur an. Ich überwand die letzten Zentimeter und schmiegte mein Gesicht in seine Hand. Als würden kleine, knisternde Blitze von ihnen ausgehen, zuckten seine Finger. Sein kalter Blick wurde weich und seine erkalteten roten Augen fingen an, wieder wie flüssiges Blut zu fließen. Seine Hand wanderte in meinen Nacken und griff in mein Haar. Er zog mich an sich und küsste mich stürmisch auf die Lippen.
Es war nicht wie letzte Nacht, es war wilder und leidenschaftlicher. Mein Herz tanzte einen schnelleren Tanz als zuvor und Alec war auch nicht mehr so … vorsichtig, als wäre ich zerbrechlich. Ich fühlte mich ihm näher als je zuvor. Es war auf jeden Fall besser als das letzte Mal. Als sich seine Lippen einen Spalt öffneten, seufzte ich. Alec musste lachen.
„Was?“, fragte ich vorsichtig.
„Nichts! Ich bin nur jedes Mal aufs Neue überrascht, dass jemand meine Anwesenheit so genießt!“, erklärte er mir.
Ich musste lächeln.
„Heißt das, dass du jetzt wieder der nette Alec bist?“, fragte ich.
Er wich
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