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Seit du tot bist: Thriller (German Edition)

Seit du tot bist: Thriller (German Edition)

Titel: Seit du tot bist: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie McKenzie
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Schlüsselbund und der Tasche. Ich habe keine Wahl. Ich muss erfahren, was sie glaubt. Und warum.
    Sam’s Deli gehört zu meinen Lieblingsläden hier. Immer duftet es dort nach Käse und Geräuchertem, und die dunklen Regale ächzen unter Eingemachtem und Marmeladengläsern. Ich gehe durch die Feinkostabteilung, vorbei an einem Regal mit Chili-Marmelade und sauer eingelegten Okra weiter zum Café im hinteren Ladenteil.
    Lucy O’Donnell sitzt an einem kleinen runden Tisch etwas abseits einer Schar von Müttern mit Kleinkindern. Vor ihr steht eine Tasse Milchkaffee, offenbar kalt und unberührt. Sie blickt auf und sieht, dass ich sie mustere. Als ich auf sie zusteuere, blinzelt sie heftig. Die Holztische und -stühle sind einfach und praktisch. An den Wänden Bilder italo-amerikanischer Filmstars. Ich nehme unter Al Pacino Platz und falte meine Hände im Schoß. Mein Herz rast und mein Hals ist so ausgetrocknet, dass ich bestimmt kein Wort herausbringe.
    Lucy beugt sich über den Tisch und berührt meinen Arm. Ich ziehe ihn zurück.
    »Möchten Sie Kaffee?«, fragt sie, als der Kellner sich nähert.
    »Nur Wasser, danke«, krächze ich.
    Der Kellner geht, und ich sehe Lucy an. Sie wirkt immer noch verlegen und ängstlich.
    »Mrs. Loxley …« Sie hustet. »Danke, dass Sie gekommen sind. Es tut mir leid, dass ich das vorhin nicht richtig erklärt habe. Ich will noch einmal von vorn beginnen.« Sie stellt ihre Kunstlederhandtasche auf den Tisch und kramt für eine Sekunde darin herum. Dann zieht sie ein Foto hervor, auf dem sie und eine andere schwarze Frau mittleren Alters in die Kamera lächeln. Die andere Frau trägt Schwesternkleidung. »Das ist meine Schwester Mary«, sagte Lucy und reicht mir das Bild. »Sie war vor acht Jahren bei der Geburt Ihres Babys dabei … Diesen Juni vor acht Jahren.«
    Ich starre das Bild an. Die andere Frau kommt mir irgendwie bekannt vor, aber wirklich einordnen kann ich sie nicht. An die Zeit unmittelbar vor dem Not-Kaiserschnitt habe ich kaum eine klare Erinnerung. Dr. Rodriguez habe ich natürlich oft getroffen, aber meine Hebamme war gerade im Urlaub, als ich operiert wurde, und das OP -Team habe ich nur bei der Vorbereitung für die Narkose kurz gesehen. Fünf oder sechs Leute sind das gewesen, mindestens, aber ich war so benommen, dass ich mich an keinen wirklich erinnere.
    Lucy runzelt besorgt die Stirn. »Sie erkennen sie nicht?«
    Für eine Sekunde frage ich mich, ob diese Frau einfach nur geistesgestört ist.
    »Ich bin mir nicht sicher«, antworte ich. Ich bin heiser, bringe kaum ein Flüstern zustande.
    »Aber sie war bei Ihnen im Fair Angel, als Ihr Kind zur Welt kam.«
    Ich starre auf das Foto und versuche krampfhaft, mich zu erinnern.
    Eine der Schwestern im OP ist tatsächlich eine Schwarze gewesen. Ich weiß noch, dass sie meine Hand hielt, als mich der Anästhesist für die Notoperation unter Narkose setzte. Aber an ihr Gesicht erinnere ich mich nicht mehr, und an den Namen schon gar nicht.
    »Ich bin mir nicht sicher, dass sie es war«, sage ich und reiche das Foto zurück. Lucy nimmt es und steckt es gedankenverloren in ihre Manteltasche. Wieder lässt sie das nervöse Hüsteln vernehmen. »Mary war dort. Der Arzt – Dr. Rodriguez – hatte sie über eine Agentur eingestellt … und ihre Anreise aus Birmingham bezahlt, wo wir wohnen …«
    Der Kellner kommt und stellt mein Glas Wasser auf den Tisch. Ein winziger Tropfen spritzt aufs Holz.
    »Aber da waren noch viele andere Menschen im Operationssaal«, wende ich ein. »Wollen Sie tatsächlich behaupten, dass die alle mit angesehen haben, wie ein lebend geborenes Baby für tot ausgegeben wird?«
    »Nur der Narkosearzt und Mary«, sagt Lucy. »Dr. Rodriguez schickte den Assistenzarzt und die anderen Schwestern hinaus, bevor das Kind zur Welt kam.«
    »Wie das?« Ich schüttele den Kopf. Das kommt mir alles sehr weit hergeholt vor.
    Lucy zuckt mit den Achseln. »Das weiß ich nicht genau … Mary war so krank, als sie mir davon erzählte … aber wenn ich es richtig verstanden habe, hat er ihnen wohl etwas verabreicht … damit es wie eine Lebensmittelvergiftung aussah.«
    » Wie?« Ich starre sie an. Mein Hirn arbeitet auf Hochtouren. Was sie da schildert, hätte unwahrscheinlich genau geplant werden müssen. »Warum?«
    »Ich weiß nicht. Ich weiß nur, dass Dr. Rodriguez Ihr Baby genommen hat, um es jemand anderem zu geben«, fährt Lucy fort. Sie spricht leise, aber sehr erregt. »Mary hat es gesehen, weil sie

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