Seit du tot bist: Thriller (German Edition)
die Brauen in die Stirn. »Das hätten wir sofort bemerkt.«
»Was willst du damit sagen?« Nun bin ich wirklich neugierig. Kyle ist normalerweise bestimmt nicht der Typ für großes Tamtam. »Was hat er angestellt?«
»Das spielt jetzt keine Rolle.« Kyle dreht sich zum Regal und greift sich eine Handvoll Chips. Tris und ich tauschen einen Blick.
»Dann hast du Lorcan über Art kennengelernt?«, hake ich nach.
»Nein, Art kennt Lorcan durch mich«, murmelt Kyle kauend.
»Wirklich?« Ich trete einen Schritt zurück, um Siena vorbeizulassen. »Ich weiß praktisch nichts über ihn. Art hat seit Jahren nicht mehr über ihn gesprochen.«
»Er hatte damals an unserem Haus zu tun; Art ist da noch zur Schule gegangen.« Kyle macht kein glückliches Gesicht. »Wir sind ein paarmal zusammen was trinken gegangen. Art war mit dabei, und sie sind Freunde geworden.«
»Ein Bauarbeiter?« Ich starre ihn an. »Ich dachte, Lorcan sei Schauspieler?«
Tris lacht. »Er ist, was immer er für dich sein soll, Baby.«
»Er ist ein Arschloch«, zischt Kyle. »Er hat Loxley Benson beinahe zerstört.«
Mir bleibt der Mund offen stehen. So verbittert habe ich Kyle noch nie erlebt.
Tris bläst die Backen auf. »Ganz schön hart, nach so vielen Jahren …«
»Was zum Teufel hat er angestellt?«, will ich wissen.
»Ich sagte doch, das spielt jetzt keine Rolle mehr.« Er knallt sein Glas so hart auf den Regalboden, dass die Schale mit den Chips einen Satz macht.
»Um Himmels willen, Kyle«, sage ich. »Wenn du’s mir nicht sagst, dann werde ich eben Art fragen.«
»Los, Mann«, drängt Tris. »Jetzt sag’s ihr schon.«
Kyle seufzt resigniert. »Also schön. Es war gleich nach der Gründung von Loxley Benson. Die allerersten Monate – noch bevor Art dich kennengelernt hat. Wir hatten genau zwei Kunden und Schulden ohne Ende. Im Grunde hat uns nur ein einziger Kunde über Wasser gehalten. Ohne den wären wir sofort wieder baden gegangen. Die Bank … die Löhne …« Er hält inne.
»Und dann?«, frage ich.
»Dieser Kunde …« Kyle schaudert. »Lorcan hat mit seiner Frau geschlafen. Deshalb hat Art ihn rausgeschmissen. Es war die einzige Möglichkeit, den Kunden zu halten. Lorcan ist ein verantwortungsloser Bastard.«
»Er ist schon ein ziemlicher Aufreißer …«, meint Tris versonnen.
»Ach, halt’s Maul, Tris«, brummt Kyle. »Du bist doch nur scharf auf ihn.«
Tris grinst. »Touché.« Er wendet sich an mich. »Ich wette, Art redet nie über damals.«
Das stimmt. Das Einzige, was Art noch mehr hasst, als bei etwas beinahe zu scheitern, ist, Leuten davon zu erzählen. Was Kyle mir eben anvertraut hat, hätte ich von ihm niemals erfahren.
»Lorcan ist heiß«, flüstert Tris für alle hörbar.
»Großer Gott, Tristan«, ächzt Kyle mit Schaudern.
»Ach, jetzt sei nicht so eine homophobe Nörgelliese, Kyle«, plärrt Tris und raunt mir zu: »Und sag Morgan, sie braucht sich keine Sorgen zu machen. Lorcan ist garantiert hetero.«
»Gen.« Art kommt und zieht mich von Tris fort. »Ich möchte, dass du John und Sandrine kennenlernst.«
Ich folge ihm durch den Raum und lasse mich einer Frau mit Kleopatra-Bobfrisur und funkelnden Augen und ihrem schüchternen Mann – makellos mit Anzug und Krawatte – vorstellen.
»Sandrine ist meine wichtigste Verbündete im Beratungsgremium des Premierministers«, erklärt Art mit einem klassischen Lächeln aus seinem Repertoire: sehr innig, aber mit einer winzigen Spur Verführung. »Sie war neulich mit in Brüssel dabei. Das habe ich dir doch erzählt.«
Ich nicke und erinnere mich an die Frau, die ich im Hintergrund gehört habe, während wir telefonierten. Ich sehe mir Sandrine genauer an. Sie ist sehr hübsch – ebenso gepflegt und elegant wie Morgan, aber mit einem lebhaften Lächeln, das sehr viel mehr Spaß verspricht.
»Wir haben ihre Aufmerksamkeit darauf gelenkt, wie man bei Investitionen eine ethische Grundhaltung vertritt, nicht wahr, Sandrine?«, meint Art und kichert.
Sandrine erwidert das Lächeln, mit Grübchen in den Wangen. »Wenn wir sie jetzt noch von den Vorzügen des negativen Screenings überzeugen können, anstelle von diesem ganzen Präferenz-Mist …« Sie lacht, und ich begreife schlagartig, dass sie genau Arts Typ ist – sprudelnd vor Selbstvertrauen und höllisch sexy dank ihrer Kurven in diesem schlichten Seidenkleid und ihres französischen Akzents. Sofort komme ich mir schmuddelig und glanzlos vor mit meinen Durchschnittsjeans und dem fransigen
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