Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Sweeney Todds Haus. Ich weiß nicht, ob ich Oscar das Reden überlassen soll, aber da ich es übernommen habe, uns vorzustellen, mache ich auch weiter. Außerdem gibt Oscar nicht zu erkennen, dass er außer »Freut mich, Sie kennenzulernen!« etwas beizutragen hat. Er ist viel zu sehr damit beschäftigt, sich im Raum umzusehen und alles zu untersuchen.
    »Milly lässt Sie grüßen.«
    »Amelia ist ein echter Schatz«, sagt er, und ich beginne, sie mir in voller Milchmädchenmontur vorzustellen, wie sie in viktorianisch-ländlicher Idylle ihre romantische Erfüllung findet.
    »Das ist ja unglaublich hier«, ergänze ich, bevor ich mich zu sehr mitreißen lasse. »Haben Sie den Hof schon lange?«
    »Ist eine lange Geschichte«, sagt er, und ich spüre, wie Oscar in seinem Stuhl voller Ungeduld herumzappelt. »Er hat meinem Dad gehört, aber der hat so gut wie ganz mit der Landwirtschaft aufgehört und den großen Jungs klein beigegeben.«
    »Den großen Jungs?«
    »Den Großmästereien, wo ein Schwein das andere tottritt, die Kühe so mit Hormonen vollgepumpt werden, dass den Bullen Titten wachsen.« Er schäumt tatsächlich aus dem Mund, seine Augen glühen. »Ich konnte nicht zusehen, wie hier alles verlotterte, und als ich dann in London meinen Job verlor, beschloss ich, es zu wagen. Vom Land zu leben, zu sehen, ob es geht. Es ist erst ein Jahr her, wir sind noch lange nicht im grünen Bereich, aber wir tun unser Bestes.«
    Okay, er hat ein bisschen was von Che Guevara, wenn sein revolutionärer Eifer mit ihm durchgeht, aber genau das ist es ja, was wir suchen – jemand, der sich so leidenschaftlich um seine Schweine kümmert, dass ihr Fleisch nichts als Glück und Freude auf den Teller bringt. Oscars Leidenschaft für Nahrungsmittel war das Erste, was ich an ihm liebte, und hier ist es wieder, präsentiert in einem ziemlich schmutzigen Paket. Ich werfe heimlich einen Blick auf ihn und hoffe, dass er es genauso empfindet, doch er lässt sich kaum was anmerken. Er beobachtet aufmerksam, aber sein Gesicht gibt nichts preis. Mich ärgert die Tatsache, dass er mein Boss ist und jeder Aspekt unserer Beziehung von Komplikationen überschattet wird: Selbst jetzt ist es mir unglaublich wichtig, dass er glaubt, mich zu Recht eingestellt zu haben.
    »Das glaube ich Ihnen gern«, sage ich eifrig, um auch ja Oscars ausgedehntes Schweigen zu kompensieren. »Diese Old Spots sind ein erhaltenswerter Anblick.«
    »Dann führe ich Sie am besten aufs hintere Feld«, sagt Jack, und seine Augen leuchten. »Dort haben wir eine Rasse, die vom Aussterben bedroht war, besser gesagt von der Ausrottung, ehe wir sie von dem Bösen erlöst haben.« Er kichert ein wenig wie Muttley und kann mich damit fast davon überzeugen, dass er kein Bibelfritze und von seinen Schweinen besessener Eiferer ist, der uns gleich im Schweinestall festbinden und mit Wurst zwangsernähren wird, bis wir zugeben, dass sein Schweinegott ein gerechter Gott ist.
    »Wir stehen leider ein wenig unter Zeitdruck«, wirft Oscar ein und legt dabei seine kräftige Hand auf das Durcheinander des Schreibtischs, »also lassen Sie es uns kurz machen. Der Viehbestand sieht großartig aus, die Fleischstücke sehen großartig aus.«
    Jack strahlt vor Freude, und ich grinse idiotisch zurück, weil ich mich genauso freue, dass der große Mann von Del Monte Ja sagt. »Die Preise allerdings, von denen Sie sprechen, sind nicht so großartig.«
    Wie das? Ich hatte ihm die Preise doch unterwegs gezeigt, und er hat kein Wort dazu gesagt. Sie liegen ein bisschen über dem, was Mac verlangt hat, doch das ist bei einem so kleinen Betrieb nur verständlich. Ich wünschte, er hätte mich vorgewarnt, dann hätte ich das Gespräch anders aufgezogen, und wir müssten ihm jetzt nicht den Boden unter den Füßen wegziehen.
    »Ja, aber wenn Sie die Größe des Hofs bedenken, die Bedingungen, unter denen hier jedes einzelne Tier lebt …« Jack ereifert sich und wird rot, Oscar gibt sich unbeeindruckt.
    »Na ja, schon, ich verstehe das, aber ich führe ein Geschäft. Und muss auf Qualität und Wert achten.«
    »Genau das versuche ich Ihnen ja zu vermitteln«, sagt ein zunehmend aufgebrachter Jack. »Sie bekommen beides, müssen aber der Größe dieses Unternehmens Rechnung tragen. Die Preise, die ich Ihnen genannt habe, sind so kalkuliert, dass ich Ihnen nicht mehr entgegenkommen kann.«
    »Ich denke wirklich …«, beginne ich, aber Oscar winkt ab. Er wedelt doch tatsächlich mit einer dieser