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Selbstverständlich gleichberechtigt: Eine autobiographische Zeitgeschichte (German Edition)

Selbstverständlich gleichberechtigt: Eine autobiographische Zeitgeschichte (German Edition)

Titel: Selbstverständlich gleichberechtigt: Eine autobiographische Zeitgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lore Maria Peschel-Gutzeit
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waren negativ: Mit solch einer kleinen Behörde – gemessen zum Beispiel an den Justiz ministerien in Bayern oder Nordrhein-Westfalen – könne man diese Aufgabe unmöglich lösen.
    »Gut«, sagte ich, »ich habe Sie verstanden. Dann mache ich es selbst.« Umgehend begab ich mich an die Arbeit, schrieb den Gesetzentwurf und besprach ihn mit den zuständigen Beamten, die mich dann selbstverständlich unterstützten. Wir waren erfolgreich. Im Jahr 1998 trat das Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege in Kraft.
    Ein gutes Beispiel für die positive Seite der Macht: Ohne Macht hätte ich das dringend notwendige Gesetz nicht initiieren können. Und der positive Nebeneffekt war: Nie wieder musste ich mir anhören, ein Vorhaben sei zu groß für unsere kleine Behörde.
    Als Berliner Senatorin habe ich auch dafür gesorgt, dass die Strafvorschriften zur Bekämpfung von Korruption in der öffentlichen Verwaltung verschärft wurden. Natürlich war das Anliegen unter Politikern sehr umstritten, sodass das Land Berlin mindestens einen Verbündeten brauchte, um im Bundesrat Erfolg zu haben. Als Verbündeten fanden wir den mächtigen Freistaat Bayern – gemeinsam setzten wir die Verschärfung des Strafgesetzes durch. Im Zusammenhang mit dieser Initiative lernte ich den Juristen Prof. Dr. Peter Eigen kennen, der zuvor Direktor bei der Weltbank gewesen war. Er hatte gerade Transparency International ins Leben gerufen, eine unabhängige, national und international tätige Organisation zur Aufdeckung und Verhinderung von Korruption. Ich beteiligte mich am Aufbau der Organisation, die seither wichtige und beachtete Arbeit leistet.
    Ein weiteres Gesetz, das ich von Berlin aus über den Bundesrat auf den Weg bringen konnte, ermöglichte enteigneten Grundstücksbesitzern, ihr Eigentum zurückzubekommen. Zu DDR-Zeiten hatte der Staat viele Privatgrundstücke an sich gerissen, um dort die Mauer und weitere Grenzanlagen zu errichten. Nach der Wiedervereinigung übernahm die Bundesrepublik als Rechtsnachfolgerin die verstaatlichten Grundstücke, ein Großteil davon in sehr guter, teurer Lage. Der Regierende Bürgermeister beauftragte mich, über den Bundesrat eine In-itiative zur Rückgabe der Grundstücke zu starten. Dazu veranlasst sah Diepgen sich insbesondere durch eine enteignete Familie, die sich ausdauernd und vehement bei ihm beklagte. Er meinte, ich solle mein Bestes versuchen, viel Hoffnung gebe es jedoch nicht. Ich sollte mich nicht wundern, wenn ich auf Desinteresse und Widerstand träfe, nicht aber auf große Unterstützung. Ich stürzte mich in die Aufgabe. Immerhin ging es um Eigentumsverhältnisse, die auf Unrecht entstanden waren. Die DDR hat Enteignungen vorgenommen, um den Todesstreifen einzurichten. Nun profitierte davon wieder ein Staat, unser Staat, die Bundesrepublik Deutschland. Und weiterhin litten Privatleute darunter.
    Diepgens Prognose bewahrheitete sich nicht. Es gelang mir, den Bundesrat zu einem Entschließungsantrag an die Bundesregierung zu bewegen. Diese sollte ein Gesetz vorschlagen, das den Bund zur Rückübertragung der Grundstücke verpflichtete. Aufgrund starken Widerstands im Bundestag kam das Gesetz am Ende leider nicht genau so zustande, wie ich es vorgeschlagen hatte. Den Enteigneten wurden ihre Grundstücke nicht ohne Wenn und Aber zurückgegeben, sondern zum Rückkauf angeboten, jedoch zu einem sehr geringen Preis. Viele machten davon Gebrauch.

    »Frau Senatorin! Bitte, Frau Senatorin, vielleicht sollten Sie doch besser darauf verzichten …« Die Bediensteten der Jugendstrafanstalt hätten mich beinahe handgreiflich zurückgehalten. Aber nein, ich ließ mich nicht davon abbringen, aufs Gefängnisdach zu klettern.
    Aus der Jugendstrafanstalt Berlin-Plötzensee waren zwei Gefangene über das Dach entwichen – als ich davon erfuhr, war ich gerade unterwegs auf einer Dienstfahrt. Sofort sagte ich meinen bevorstehenden Termin ab und bat meinen Chauffeur, zur Jugendstrafanstalt zu fahren. Die Bediensteten dort empfingen mich mit den Worten: »Es war nicht zu verhindern.« Auch der Leiter der Strafanstalt war überzeugt: »Frau Senatorin, da kann man nichts machen.« Wie konnte das sein? Ein Gefängnis, aus dem Häftlinge ausbrechen, weil »man nichts dagegen machen« kann? Wer mich kennt, der weiß: Solche Behauptungen kann ich nicht akzeptieren. »Na, dann wollen wir doch mal schauen«, sagte ich und begann sogleich zu klettern und zu springen. Die

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