Sengendes Zwielicht - Lady Alexia 05
all das Drama und die Farben. In dieser Hinsicht war sie ganz Lord Akeldamas Tochter, und sie klatschte in die kleinen Patschehändchen, als Mrs Tunstell den Schaffner anwies, all ihre Hutschachteln auf einmal ins Abteil zu tragen, und der arme Mann hintenübertaumelte, dass die Hüte in alle Richtungen flogen.
»Hier geblieben!«, befahl Mrs Tunstell ihren Hüten.
»Oh, also wirklich, Ivy. Lass den Schaffner sich um die Sache kümmern. Der Mann weiß, was er tut. Sorg lieber dafür, dass deine Truppe in Ruhe ihre Plätze einnimmt.« Alexia war ebenso gereizt, wie ihre Tochter entzückt war.
»Aber, Alexia, meine Hüte! Ich kann sie doch nicht einfach irgendjemandem überlassen. Das ist die Sammlung eines ganzen Lebens.«
Lady Maccon bediente sich einer kalkulierten Notlüge, um die Angelegenheit zu beschleunigen. »Oh, aber Ivy, ich bin mir sicher, ich habe gesehen, dass das Kindermädchen von drinnen versuchte, deine Aufmerksamkeit zu erlangen. Vielleicht sind die Zwillinge …«
Mrs Tunstell vergaß augenblicklich ihre kostbaren Hüte und kletterte hastig in den Zug, um zu sehen, ob ihre kleinen Engelchen tatsächlich unter irgendeinem möglichen Kummer litten.
Anders als Prudence versetzte die Aussicht auf eine Auslandsreise die Tunstell-Zwillinge nicht in Aufregung. Vielleicht rührte dies von der theatralischen Lebensart ihrer Eltern. Primrose war stumm verzückt von all dem Zierrat und Gefunkel um sie herum, eindeutig die Tochter ihrer Mutter. In regelmäßigen Abständen winkten winzige Ärmchen aus ihrem Korbwagen und grabschten nach einer Feder oder einer besonders grellen Schleife. Percy hingegen hatte bereitwillig auf das Samtcape des führenden Schurken gespuckt und war dann eingeschlafen.
»Alexia, Lord Maccon. Guten Morgen!« Eine warme Stimme mit schwachem Akzent schwebte von hinten auf sie zu.
Alexia drehte sich um.» Madame Lefoux , Sie haben es noch rechtzeitig geschafft, wie ich sehe.«
»Als ob ich das hier würde missen wollen, Lady Maccon .«
»Wie Sie sehen, herrscht ein ziemliches Theater«, meinte Alexia.
Sie sahen zu, wie sich der Rest von Ivys Entourage in den Zug begab und einen Berg Gepäck auf dem Bahnsteig zurückließ.
»Conall, gib den Gepäckträgern ein gutes Trinkgeld, wärst du bitte so freundlich?«, bat Lady Maccon ihren Gatten an.
»Selbstverständlich, meine Liebe.« Lord Maccon schlenderte hinüber, um sich um die Angelegenheit zu kümmern.
Alexia verlagerte Prudence auf die andere Seite ihrer Hüfte. »Prudence, das hier ist Madame Lefoux. Ich glaube nicht, dass du ihr seit deiner Ankunft in dieser Welt begegnet bist. Madame Lefoux, darf ich Ihnen Prudence Alessandra Maccon Akeldama vorstellen?«
»Dama?«, fragte Prudence daraufhin.
»Nein, Liebes – Lefoux. Kannst du Lefoux sagen?«
»Fuu!«, sprach Prudence mit großem Scharfsinn aus.
Die Französin schüttelte ernst Prudence’ pummelige kleine Hand. »Es ist mir eine Freude, Ihre Bekanntschaft zu machen, junges Fräulein.«
»Fuu-fuu«, antwortete Prudence mit ebenso gemessener Würde. Dann, nach einer sehr abschätzenden Musterung der wie ein Gentleman gekleideten Dame, fügte sie hinzu: »Btttpttbtpt.«
Die Erfinderin hatte für die Reise nur einen kleinen Reisekoffer dabei und eine Hutschachtel, die, wie sich Alexia erinnerte, nur äußerlich eine Hutschachtel war. Darin verbarg sich ein ausgeklügelter Werkzeugsatz.
»Sie erwarten wohl Schwierigkeiten, Genevieve?« Alexia vergaß die Förmlichkeit und fiel nur allzu schnell wieder in die Vertrautheit zurück, die sich auf einer früheren Reise durch Europa entwickelt hatte – einer Zeit, als sie und die Erfinderin eher Freunde statt zurückhaltende Bekannte gewesen waren.
»Natürlich. Und Sie? Ohne Sonnenschirm, wie ich sehe. Oder zumindest ohne einen richtigen .«
Alexia sah sie aus schmalen Augen an. »Das stimmt. Meiner wurde zufällig zerstört, als eine gewisse Person ein gewisses Vampirhaus zum Einsturz brachte, dass allen die Trümmer nur so um die Ohren flogen.«
»Das tut mir aufrichtig leid. Die Dinge liefen ein wenig aus dem Ruder.« Hoffnungsvoll zeigten sich Madame Lefoux’ Grübchen.
Alexia wollte davon nichts wissen. »›Tut mir leid‹ reicht nicht. Ich habe meinen Sonnenschirm verloren! « Sie zischte es regelrecht. Der Verlust schmerzte noch immer.
»Sie hätten etwas sagen können. Ich hätte Ihnen einen Ersatz angefertigt. Die Countess hat mich sehr gut ausgestattet.«
Alexia wölbte die Augenbrauen.
»Ach.
Weitere Kostenlose Bücher