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Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition)

Titel: Serafina – Das Königreich der Drachen: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hartman
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es gab so mancherlei Hinweise, die mich im Stillen fürchten ließen, dass ich womöglich bald weit mehr von Viridius sehen würde, als mir lieb war.
    Ich wartete bis zum Morgen und machte mir eine kräftige Tasse Tee; danach betrat ich sofort meinen Garten. Ich nahm den Lauten Lauser bei der Hand und ließ mich gemeinsam mit ihm auf eine Vision ein. Zu meinem Erstaunen lag plötzlich die ganze Welt unter mir ausgebreitet: die Stadt, rot schimmernd im Morgengrauen, das blitzende Band des Flusses, in der Ferne die Hügel mit den Wiesen und Äckern. Lars stand auf den Zinnen des Wachturms, mit jedem Fuß auf einer anderen Zinne, spielte seinen Dudelsack, um die Stadt und den Morgen zu begrüßen, er ließ sich von meiner ätherischen Erscheinung dabei nicht stören. Ich wartete, bis er fertig war, und genoss insgeheim das Gefühl, über die Stadt zu fliegen und von seiner Musik getragen zu werden. Es war aufregend, in solcher Höhe zu schweben, ohne Angst haben zu müssen, dass man hinunterfällt.
    »Bist du das, Serafina?«, fragte er schließlich.
    Ich bin’s. Ich brauche deine Hilfe.
    Ich sagte ihm, dass ich Angst hätte um den Ardmagar und womöglich blitzschnell seinen Beistand bräuchte. Andere unserer Art namens Abdo und Dame Okra würden auch da sein, um zu helfen, und ich beschrieb, woran er sie erkennen könnte. Falls Lars erstaunt war, dass es außer ihm noch andere Halbdrachen gab, ließ er sich das mit seinem samsamesischen Gleichmut nicht anmerken. Er fragte: »Aber von wo kommt die Gefahr, Serafina? Ein Angriff auf das Schloss? Ein Verräter innerhalb der eigenen Mauern?«
    Ich wusste nicht, wie ich ihm beibringen sollte, wen ich im Verdacht hatte. Vorsichtig sagte ich: Ich weiß, dass du nicht gerne über Josef sprichst, aber –
    Er schnitt mir das Wort ab. »Nein. Über ihn habe ik niks zu sagen.«
    Vielleicht hat er etwas damit zu tun. Womöglich ist er sogar der eigentliche Drahtzieher.
    Lars machte ein langes Gesicht, aber sein Entschluss stand fest. »Wenn es so ist, werde ik mik gegen ihn stellen und dir helfen. Aber ik habe geschworen, nikt zu sagen, was er ist.« Geistesabwesend fingerte er an seinem Dudelsack herum. »Vielleikt«, sagte er schließlich, »komme ich bewaffnet.«
    Ich glaube nicht, dass Kiggs irgendjemand außer den Palastwachen erlaubt, Waffen zu tragen.
    »Ik habe immer meine Fäuste und meine Dudelsackpfeifen bei mir.«
    Ähm, ja, so ist es recht, Lars.
    Es würde ein denkwürdiger Abend werden, so viel stand fest.

    Ich war schlau genug, auf einen Gedankenbesuch bei Dame Okra zu verzichten. Am Abend des Friedensfestes wollte ich nicht mit schwarz und blau geschlagener Nase auftauchen.
    Den ganzen Vormittag über verrichtete ich zügig, wenn auch etwas lustlos meine Arbeit. Ich überwachte das Aufhängen der Girlanden, das Aufstellen der Kerzenleuchter und der Tischchen, das Heranschaffen des Cembalos – das aussah wie ein Sarg, als es ohne seine Beine von vier Männern durch die Tür getragen wurde –, und zahllose andere Kleinigkeiten, die im letzten Augenblick erledigt werden mussten. Währenddessen versuchte ich immer wieder, die Aufmerksamkeit von Dame Okra auf mich zu lenken, ohne sie direkt anzugehen. Meine Bemühungen, sie zum Erscheinen zu bewegen, mein vorgetäuschtes Grämen – ich seufzte und murmelte ein ums andere Mal: »Jetzt könnte ich die Hilfe von Dame Okra wirklich brauchen« – war nie von Erfolg gekrönt.
    Zum Schluss blieb mir kaum noch genug Zeit, in mein Zimmer zu eilen und mich zum Abendessen umzuziehen. Ich hatte mir bereits das scharlachrote Kleid zurechtgelegt, das Millie mir geschenkt hatte, damit ich nicht lange überlegen und nur die Überkleider wechseln musste. Auf diese Weise brauchte ich mich nicht der Gefahr auszusetzen, von jemandem nackt gesehen zu werden. Jeden Moment konnte eine Magd auftauchen, die mir die Haare richten sollte. Glisselda hatte darauf bestanden, sie war sogar so weit gegangen, mir anzudrohen, dass Millie mich frisieren würde, wenn ich es nicht selbst tat.
    Das Mädchen kam und bändigte mein Haar. Als ich in den Spiegel blickte, war ich zuerst entsetzt, wie lang mein Hals war. Sonst fiel mein Haar darüber, aber jetzt, wo es hochgesteckt war, hatte ich eine unverkennbare Ähnlichkeit mit einer Mischung aus Kamel und Giraffe. Auch der tiefe Ausschnitt von Millies Kleid half da nichts. Puh.
    Ormas Ohrring baumelte an einer goldenen Kette um meinen Hals – nicht so sehr, weil ich damit rechnete, ihn auch

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