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Seziert: Das Leben von Otto Prokop (German Edition)

Seziert: Das Leben von Otto Prokop (German Edition)

Titel: Seziert: Das Leben von Otto Prokop (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Benecke
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Professor Dotzauer, der damals ja Chef der Rechtsmedizin in Köln war. Eigentlich mochte Prokop Dotzauer nicht, aber wenn sie sich getroffen haben zu einem Kongress, dann war er total nett zu ihm. Können Sie sich so etwas vorstellen?
    Ja. Ich habe Dotzauer nicht mehr kennengelernt, aber ich kann mir das vorstellen. Ich würde dieses Verhalten nicht überbewerten. Konziliantes Verhalten war und ist in der Öffentlichkeit gang und gäbe.
    Kann natürlich sein. Und die rätselhafteste Frage: Ich weiß immer noch nicht, wer Prokops Begleiter war. Das war ein MfS-Mann. Der ist mit ihm immer auf Auslandsreise gefahren.
    Ja, der Kraftfahrer.
    Ich weiß nicht, ob der Kraftfahrer sich Folgendes eingebildet hat, das in seinen Bericht reinschreiben wollte oder ob es wirklich sein kann. Also, Prokop ist zu jemandem in den Westen gefahren, der angeblich ein glühender Nazi war. Die beiden hätten sich zusammen Filme angeguckt aus dem Krieg. Es klang im Bericht ans MfS einerseits sehr aufgesetzt, als ob er gerne etwas schreiben wollte, was irgendwie einen politischen Unterton hat. Andererseits war der Fahrer nicht dabei, weil die beiden ihn rausgeschmissen haben, wenn’s um die Filme ging.
    Vielleicht brauchte der Fahrer seine Spielwiese, wollte gegen Prokop stacheln. Vielleicht hatte Professor Prokop ja auch Freude an solchen obskuren Dingen, keine Ahnung, vielleicht gab’s da besonders spannende Filmdokumente.
    Also einfach Interesse an Kuriosem?
    Warum nicht? Er hat »Über Mord mit Tierhaaren« promoviert.
    Noch etwas Letztes. Wie wir in den Akten gelesen haben, hat er in der DDR Lektine herstellen lassen, und zwar in verschiedenen Instituten, nicht nur bei sich in Berlin, und sie dann im Westen vertickert. Er ist mit einem Köfferchen hin und hat das Geld hinterher direkt beim MfS abgegeben. Erst bei der Charité, das hat aber nicht gut genug funktioniert, und dann haben sie beim MfS eine Scheinorganisation gegründet. Er hat keinen Pfennig davon behalten. Das bestätigt auch der Fahrer. Das kriege ich nicht richtig sortiert. Aus seinem Selbstverständnis, Österreicher zu sein, der am bekanntesten Krankenhaus Ostdeutschlands arbeiten konnte, und gleichzeitig, dass er dann Lektine vertickert, um damit der Charité einen Gefallen zu tun. Haben Sie da irgendwas, das es für mich ein bisschen griffiger macht? Ich finde, da ist irgendwie ein Gefälle.
    Der DDR ging’s schlecht. Devisen fehlten. Man war am Westgeld interessiert. Mit einem seltenen Antikörper als Immundiagnostikum war viel Geld zu verdienen. 20 000 oder 30 000 D-Mark waren aus DDR- Sicht – unvorstellbar für Sie – eine astronomische Summe.
    Wenn Prokop bestimmte Seren oder Antikörper ausgeführt hat, war das ein Erfolg für ihn, sein Institut und die Charité. Sicherlich ging es ihm um die persönliche Reputation. Es war ihm aber auch wichtig, sein Institut und seine Labore mit westlichen Laborgeräten und Reagenzien auszurüsten.
    Er hat eine Datsche gehabt und ein dickes Auto. Hinterher hat er sich bitter beklagt über seine Rente.
    Peinlich, ganz peinlich.
    Dass seine Ehre gekränkt war.
    Ja, seine Ehre. Weil ich ihn verehrt habe, hat mich das sehr gestört. Er hat vielen, gefragt oder ungefragt, gesagt, wie wenig Altersversorgung er bekäme. Ich kenne Ähnliches auch aus Rostock von ehemaligen Rektoren oder anderen leitenden Mitarbeitern der Universität. Die haben sehr geklagt.
    Er fühlte sich aber sozusagen zurückgesetzt …
    … gegenüber den westlichen Kollegen, wobei er wie viele Hochschullehrer aus der DDR empfindet.
    Darf man sich darüber aufregen?
    Nicht in der gerade besprochenen Art und Weise. Seine Aufregung war aus meiner Sicht überzogen und übernachhaltig.
    Ich war dabei, als Prokop damals nicht Ehrenmitglied der Gesellschaft für Rechtsmedizin wurde. Sie auch?
    Ja.
    Die Begründung eines der Anwesenden war, die westlichen Intellektuellen hätten beschlossen, die DDR akademisch ausbluten zu lassen. Ich erinnere mich, mit welch großem Ernst der Redner das gesagt hat.
    Ja, wir haben alle dagesessen und uns geschämt. Vor allem habe ich auf die Berliner Kollegen geschaut und mich gefragt, warum sagen die nichts?
    Wie haben Sie das denn empfunden, außer dass Sie sich geschämt haben?
    Es war peinlich.
    Vor wem haben Sie sich geschämt?
    Eigentlich habe ich mich vor mir selbst geschämt: Bist du mal wieder feige. Das war so die Zeit 94/95, da wurde man als Ostdeutscher sehr nach dem »Prinzip des Misstrauens« bewertet.
    Was hätte

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