Shannara III
riesigen Tentakel fuhren aus dem Wasser heraus und reckten sich nach den auf dem Wehrgang versammelten Zwergen. Dutzende wurden ins Wasser gerissen und in die Saugnäpfe und Stacheln des Wesens hineingezogen, das sie angriff. Schreie und Jammern erfüllte die Morgenluft, als die Zwerge starben.
Wurfgeschosse regneten auf das schwarze Ding hinab, doch seine Haut schützte es vor jeglicher Verletzung. Unvermindert fegte es die kleinen Gestalten weg, die es aufzuhalten versuchten, riß sie mit peitschenartigen Armen herab und zerschlug die Zinnen, hinter denen sie in Deckung gingen.
Nun schlossen sich auch die Gnomen dem Angriff an; zu beiden Seiten des Hochdamms stürmten sie gegen die Tore und hielten Strickleitern und Enterhaken in Händen. Zwergenverteidiger stürzten an die Brustwehren, um dem erneuten Angriff Widerstand zu leisten. Doch die Gnomen schienen endgültig in Raserei zu verfallen. Ohne sich um die ihnen zugefügten Verluste zu kümmern, warfen sie sich gegen Tore und Mauern, den Tod nicht achtend.
Und doch steckte hinter diesem scheinbaren Wahnsinn ein Sinn. Während die Zwergenverteidiger auf diese Weise abgelenkt waren, bahnte der Krake sich im Norden seinen Weg an der Mauer empor, wo sie am nächsten an die Tore reichte. Mit einem plötzlichen Satz erhob er sich aus dem Wasser des Sees, und stemmte die Flossenbeine gegen den Damm, wo er in einer Kurve in die Uferlinie des Sees überging. Dicke Fangarme schnellten an den Mauern empor, Saugnäpfe klammerten sich an den Toren fest, und das Ungeheuer zerrte daran. Mit heftigem Splittern von Holz und Eisen barsten die Rahmen und Verriegelungen sprangen auf. Die Tore der Zitadelle brachen aus ihren Angeln und stürzten zusammen, und das Heer der Gnomen strömte mit Triumphgeschrei in die Burg.
Von der Brustwehr des Wachturms beobachteten Jair und Spinkser den Kampf mit wachsendem Entsetzen. Als die Tore erst einmal niedergerissen waren, konnten die Zwerge der Wucht ihrer Angreifer nicht länger standhalten. Innerhalb von wenigen Minuten würde die Festung in der Hand des Feindes sein. Die Verteidiger zogen sich bereits an den Mauern, die nach hinten führten, zurück, wobei sich kleine Scharen um die Hauptleute bildeten im Versuch, dem Ansturm standzuhalten. Doch von der Stelle aus, wo der Talbewohner und der Gnom das Geschehen verfolgten, war klar erkennbar, daß die Schlacht verloren war.
»Wir müssen fliehen, solange wir noch können, Junge!« drängte Spinkser und faßte nach dem Arm des anderen.
Doch Jair wollte nicht gehen, suchte er doch immer noch nach seinen Freunden und war von den Ereignissen zu schockiert, um zu etwas anderem fähig zu sein. Der Krake war wieder ins Wasser des Sees gerutscht und schleppte seinen Rumpf zur Mitte des Damms. In seinem Kielwasser glitten die Mordgeister zum Rand der zerschmetterten Wälle und hielten mahnend die grauen Stäbe erhoben, als ihre Gnomen-Anhänger nach vorne stürmten. Mit unnachgiebiger Zielstrebigkeit rückten die Gnomen in die Zwergenfestung ein.
»Spinkser!« schrie Jair plötzlich und deutete mitten ins Schlachtgewimmel. Hoch auf den Zinnen der vordersten Mauer erhob sich aus Rauch und Staub Helts hünenhafte Gestalt. Elb Foraker war an seiner Seite. Den Bogen fest umschlossen stemmte der Grenzbewohner sich gegen die Zinnen, zielte nach unten auf die Stelle, wo die Mordgeister standen, spannte langsam die Bogensehne und ließ los. Als verwaschener Schatten schoß der lange, schwarze Pfeil davon, um sich tief in die Brust des vordersten Geistes zu bohren. Das Geschöpf bäumte sich zitternd auf und wurde von der Wucht des Schusses zurückgeschleudert. Ein zweiter Pfeil folgte dicht auf den ersten, und wieder taumelte der Geist zurück. Entsetzte Schreie stiegen aus der Umgebung des finsteren Wesens auf, und einen Augenblick lang schien das ganze Vorrücken der Gnomen ins Wanken zu kommen.
Doch dann fand der Mordgeist seinen Halt wieder. Eine Krallenhand packte die Pfeile, die in ihm steckten und zog sie mühelos heraus. Das Ungeheuer hielt sie empor, damit alle sie sehen konnten, und zerbrach sie zu Splittern. Dann fuhr der Hexenholzstab in die Höhe, und rote Flammen schossen aus seiner Spitze. Rund um die Wehrgänge loderte Feuer auf und schoß gleichermaßen in Gestein und Verteidiger; Helt und Foraker wichen zurück, als die Flammen sie erreichten, und gingen in einer Lawine von heruntergebrochenem Mauerwerk und Staub unter.
Jair wollte wütend hinzustürzen, aber Spinkser riß ihn
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