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Shannara III

Titel: Shannara III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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hielt inne. »Wenn er allerdings nicht gefunden werden will, ist es unmöglich. Das gehört zu seinen Abwehrmechanismen. Mit Großvater ist es ein richtiges Spiel geworden. Wisper verschwindet und läßt sich nicht wieder sehen, bis Großvater sich heiser gebrüllt hat. Das ist eigentlich nicht ganz fair von ihm, denn Großvaters Augen sind nicht mehr so gut, wie sie einmal waren.«
    »Aber ich nehme an, um deinetwillen taucht er dann wieder auf.«
    »Immer. Er hält mich für seine Mutter. Ich habe ihn gepflegt und gefüttert, als wir ihn ins Haus brachten. Wir stehen einander nun so nahe, als wären wir Teile ein und derselben Persönlichkeit. Die meiste Zeit über scheinen wir sogar fühlen zu können, was der andere denkt.«
    »Auf mich wirkt er gefährlich«, bekannte Rone offen.
    »Oh, das ist er auch«, stimmte das Mädchen ihm zu. »Sehr gefährlich. In der Wildnis wäre er unbezähmbar. Aber Wisper ist kein wildes Tier mehr. Vielleicht ist es noch ein Teil von ihm, eine Erinnerung oder ein tief irgendwo schlummernder Instinkt, aber der ist inzwischen längst vergessen.«
    Sie stand auf und schenkte jedem von ihnen noch etwas Wein ein. »Gefällt euch unser Haus?« fragte sie sie nach einer kleinen Weile.
    »Sehr«, antwortete Brin.
    Das Mädchen lächelte und freute sich sichtlich. »Ich habe die Einrichtung weitgehend selbst gemacht - bis auf die Glas- und Silbersachen; die hat Großvater von seinen Reisen mitgebracht. Und ein paar hatte er schon vor meiner Zeit. Aber der Rest ist mein Werk. Den Garten habe auch ich angelegt. Die ganzen Blumen, Sträucher und Gemüsepflanzen - all die kleinen Büsche und Ranken. Ich liebe Farben und süße Düfte.«
    Brin lächelte ebenfalls. Kimber Boh war eine Mischung von Kind und Frau - in mancher Hinsicht noch sehr jung, in anderer erwachsener, als es ihren Jahren entsprach. Es war eigentümlich, aber sie erinnerte das Talmädchen an Jair. Bei diesem Gedanken vermißte sie ihren Bruder plötzlich schrecklich.
    Kimber Boh sah ihren Gesichtsausdruck und mißdeutete ihn. »Es ist hier am Kamin wirklich nicht gefährlich«, versicherte sie dem Mädchen aus Shady Vale. »Für euch mag es diesen Anschein haben, weil euch das Land nicht vertraut ist wie mir. Aber vergeßt nicht, das ist mein Zuhause - hier bin ich aufgewachsen. Als ich klein war, brachte Großvater mir alles bei, was ich zu meinem Schutz wissen mußte. Ich habe mit den Gefahren hier umzugehen gelernt; ich weiß, wie ich ihnen aus dem Weg gehen kann. Und ich habe Großvater und Wisper. Du brauchst dir um mich keine Sorgen zu machen - wirklich nicht.«
    Brin lächelte auf die Versicherung hin. »Das ist mir schon klar, Kimber. Ich sehe, daß du sehr tüchtig bist.«
    Zu ihrer Überraschung errötete Kimber Boh. Dann erhob sich das Mädchen hastig und ging dorthin, wo Cogline seinen Waldumhang auf der Armlehne eines hölzernen Schaukelstuhls abgelegt hatte. »Ich muß Großvater seinen Mantel bringen«, erklärte sie schnell. »Es ist kalt draußen. Wollt ihr mich begleiten?«
    Das Talmädchen und der Hochländer standen auf und folgten ihr, als sie die Tür aufmachte und hinaustrat. Sowie der Riegel aufschnappte, war Wisper auf den Beinen und trottete lautlos hinter ihnen nach draußen. Sie blieben auf der Veranda der kleinen Hütte stehen und genossen die Pracht des friedlichen abendlichen Stillebens. Die Luft war kühl, ein wenig feucht und duftete süß nach dem Wald, über den die Dunkelheit hereinbrach. Silbriger Mondschein ergoß sich über Rasen, Gartenblumen, säuberlich getrimmte Heckenreihen und Sträucher mit blendender Helligkeit. Jeder Grashalm, jedes weiche Blütenblatt und jedes winzige Blättchen glänzte feucht in dunklem Smaragdgrün und hatte einen Saum aus Reif, wo sich der Tau des Herbstabends sammelte. In der Dunkelheit jenseits ragten die Bäume des Waldes wie gewaltige Riesen vor dem Hintergrund des sternenerfüllten Himmels in die Höhe - zeitlos, stark und reglos in der Stille der Nacht. Der sanfte Wind der frühen Dämmerung hatte sich nun gänzlich gelegt und verebbte lautlos. Selbst die vertrauten Rufe der Waldtiere waren zu schwachem fernen Gemurmel gedämpft, das besänftigend und beruhigend wirkte.
    »Großvater wird bei der Weide sein«, vermutete Kimber Boh und durchbrach den Bann des Schweigens.
    Gemeinsam traten sie von der Veranda auf den Gartenweg, der zur Rückseite des Häuschens führte. Niemand sprach ein Wort. Sie gingen nur langsam hinter dem Mädchen her, und ihre

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