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Siddharta

Siddharta

Titel: Siddharta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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Freund anblickte, und hell glänzte nun auch
    auf Siddharthas Gesicht dasselbe Lächeln auf. Seine Wunde
    blühte, sein Leid strahlte, sein Ich war in die Einheit geflossen.
    In dieser Stunde hörte Siddhartha auf, mit dem Schicksal zu
    kämpfen, hörte auf zu leiden. Auf seinem Gesicht blühte die
    Heiterkeit des Wissens, dem kein Wille mehr entgegensteht,
    das die Vollendung kennt, das einverstanden ist mit dem Fluß
    des Geschehens, mit dem Strom des Lebens, voll Mitleid, voll
    Mitlust, dem Strömen hingegeben, der Einheit zugehörig.
    Als Vasudeva sich von dem Sitz am Ufer erhob, als er in
    Siddharthas Augen blickte und die Heiterkeit des Wissens
    darin strahlen sah, berührte er dessen Schulter leise mit der
    Hand, in seiner behutsamen und zarten Weise, und sagte:
    »Ich habe auf diese Stunde gewartet, Lieber. Nun sie gekommen
    ist, laß mich gehen. Lange habe ich auf diese Stunde ge-
    wartet, lange bin ich der Fährmann Vasudeva gewesen.
    Nun ist es genug. Lebe wohl, Hütte, lebe wohl, Fluß,
    lebe wohl, Siddhartha!«
    Siddhartha verneigte sich tief vor dem
    Abschiednehmenden.
    »Ich habe es gewußt«, sagte er leise. »Du wirst in die
    Wälder gehen?«
    »Ich gehe in die Wälder, ich gehe in die Einheit«,
    sprach Vasudeva strahlend.
    Strahlend ging er hinweg; Siddhartha blickte ihm
    nach. Mit tiefer Freude, mit tiefem Ernst blickte er ihm
    nach, sah seine Schritte voll Frieden, sah sein Haupt voll
    Glanz, sah seine Gestalt voll Licht.
    Govinda
    Mit anderen Mönchen weilte Govinda einst während einer
    Rastzeit in dem Lusthain, welchen die Kurtisane Kamala
    den Jüngern des Gotama geschenkt hatte. Er hörte von
    einem alten Fährmanne sprechen, welcher eine Tagereise
    entfernt am Flusse wohne, und der von vielen für einen
    Weisen gehalten werde. Als Govinda des Weges
    weiterzog, wählte er den Weg zur Fähre, begierig, diesen
    Fährmann zu sehen. Denn ob er wohl sein Leben lang
    nach der Regel gelebt hatte, auch von den jüngeren
    Mönchen seines Alters und seiner Bescheidenheit wegen
    mit Ehrfurcht angesehen wurde, war doch in seinem
    Herzen die Unruhe und das Suchen nicht erloschen.
    Er kam zum Flusse, er bat den Alten um Überfahrt, und
    l. da sie drüben aus dem Boot stiegen, sagte er zum Alten:
    »Viel Gutes erweisest du uns Mönchen und Pilgern, viele
    von uns hast du schon übergesetzt. Bist nicht auch du,
    Fährmann, ein Sucher nach dem rechten Pfade?«
    Sprach Siddhartha, aus den alten Augen
    lächelnd:
    | »Nennst du dich einen Sucher, o Ehrwürdiger, und bist
    doch schon hoch in den Jahren und trägst das Gewand der
    Mönche Gotamas?«
    »Wohl bin ich alt«, sprach Govinda, »zu suchen aber habe
    ich nicht aufgehört. Nie werde ich aufhören zu suchen, dies
    scheint meine Bestimmung. Auch du, so scheint es mir, hast
    gesucht. Willst du mir ein Wort sagen, Verehrter?«
    Sprach Siddhartha: »Was sollte ich dir, Ehrwürdiger, wohl
    zu sagen haben? Vielleicht das, daß du allzuviel suchst? Daß
    du vor Suchen nicht zum Finden kommst?«
    »Wie denn?« fragte Govinda.
    »Wenn jemand sucht«, sagte Siddhartha, »dann geschieht es
    leicht, daß sein Auge nur noch das Ding sieht, das er sucht,
    daß er nichts zu finden, nichts in sich einzulassen vermag,
    weil er nur immer an das Gesuchte denkt, weil er ein Ziel hat,
    weil er vom Ziel besessen ist. Suchen heißt: ein Ziel haben.
    Finden aber heißt: frei sein, offen stehen, kein Ziel haben. Du, Ehrwürdiger, bist vielleicht in der Tat ein Sucher, denn,
    deinem Ziel nachstrebend, siehst du manches nicht, was nah
    vor deinen Augen steht.«
    »Noch verstehe ich nicht ganz«, bat Govinda, »wie meinst
    du das?«
    Sprach Siddhartha: »Einst, o Ehrwürdiger, vor manchen
    Jahren, bist du schon einmal an diesem Flusse gewesen und
    hast am Fluß einen Schlafenden gefunden, und hast dich zu
    ihm gesetzt, um seinen Schlaf zu behüten. Erkannt aber, o
    Govinda, hast du den Schlafenden nicht.«
    Staunend, wie ein Bezauberter, blickte der Mönch in des
    Fährmanns Augen.
    »Bist du Siddhartha?« fragte er mit scheuer Stimme. »Ich
    hätte dich auch dieses Mal nicht erkannt! Herzlich grüße ich
    dich, Siddhartha, herzlich freue ich mich, dich nochmals zu
    sehen! Du hast dich sehr verändert, Freund. und nun bist du
    also ein Fährmann geworden?«
    Freundlich lachte Siddhartha. »Ein Fährmann, ja. Manche,
    Govinda, müssen sich viel verändern, müssen allerlei
    Gewand tragen, ihrer einer bin ich, Lieber. Sei willkommen,
    Govinda, und bleibe die Nacht in meiner

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