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Sie waren zehn

Sie waren zehn

Titel: Sie waren zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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interessiert.
    »… in Panik komme ich, denn Larissaschka liegt gerade unter mir und umklammert mich mit ihren weichen Armen. Was muß ich tun? Ich reiße einen Zipfel aus dem Bettuch, stopfe ihn mir in den Mund und vermauere mein ekliges Rülpsen! Larissa wäre vor Entsetzen gestorben, wenn ich sie angeblasen hätte. Vergiftet worden wäre sie!« Petrowskij setzte sich an den Tisch, überblickte das Schachspiel, machte einen Zug und nickte. »Schach! – Irgendwoher muß das ja kommen!«
    »Sie Satan! Tatsächlich Schach!« Dr. Speschnikow wischte die Figuren um, hielt Petrowskij eine Flasche hin und wackelte mit dem Kopf. »Wollen Sie?«
    »Was ist das?«
    »Samogonka …«
    »O Himmel! Damit kann man einen kastrieren!«
    »Haben Sie etwas Besseres, Sie Rindvieh? Na also! Lieber einen höllischen Knollenschnaps als fades Wasser! Im übrigen sollen Sie ihn trinken und nicht über die Hoden schütten!« Petrowskij nahm einen vorsichtigen Schluck aus der Flasche, hielt den Atem an, würgte und blieb dann mit offenem Mund sitzen. Dr. Speschnikow starrte ihn an.
    »Was haben Sie?«
    »Kommen Flammen aus meinem Mund?«
    »Wenn Sie wirklich einen Ulcus ventriculi hatten – der ist jetzt weg! Danken Sie Gott oder sonstwem, daß ich Sie vor Barynja Fjodorowna Tschigirina gerettet habe.« Er nahm die Flasche zurück, soff mit geschlossenen Augen und knallte sie auf das Schachbrett. »Was tun wir jetzt?«
    »Draußen wartet Larissa auf mich.«
    »Was wir mit Ihnen tun, Sie Sauerrülpser! Was soll ich in den Bericht schreiben? OB?! Dieses ›Ohne Befund‹ bringt Sie sofort an die Front zurück. Gerade jetzt, wo die Offensive rollt. Wollen Sie das?«
    »Ich bin ein guter Russe, Dr. Speschnikow.«
    »Ein Rätsel ist das, warum ich gerade mit Ihnen länger rede als einen Furz lang. Luka Iwanowitsch, Sie können überleben!«
    »Das will ich, wenn es möglich ist. Ich habe jetzt eine gute Arbeit. Ich fahre auch Traktoren.«
    »Ist das schön! Das Weibchen rattert, das Männchen rattert, und wenn sie abends zusammenkommen, rattern sie gemeinsam.« Dr. Speschnikow seufzte und rutschte in seinem Sessel nach vorn. Petrowskij ergriff ihn und hielt ihn fest, zog ihn wieder hoch und setzte ihn richtig hin. »Ich werde schreiben: Wir haben den Feststellungen der Armeeärzte nichts hinzuzufügen.«
    »Das ist genial, Dr. Speschnikow. Ich möchte das Schicksal bitten, mir einmal Gelegenheit zu geben, Ihnen zu danken.«
    »Wie reden Sie plötzlich?« Speschnikow schüttelte Petrowskijs Hand ab. »Paßt das zu Ihnen? Warum sagen Sie nicht: Ein verdammt guter übler Trick, Sie Narr!? – Sehe ich Sie wieder?«
    »Wenn es Ihnen angenehm ist.«
    »Würde ich dann fragen?« Dr. Speschnikow hielt sich an der Seitenlehne fest. Er spürte, daß er wieder nach vorn rutschte. »Mich interessiert Ihr weiteres Leben. Sie sind von einer grandiosen Frechheit. Sie waren nie krank, Luka Iwanowitsch. Furzgesund sind Sie. Aber Sie haben es geschafft, von der Front wegzukommen.« Er hob beide Hände und schüttelte den Kopf. »Überlegen Sie jetzt nicht: Soll ich den dämlichen Alten umbringen? Wenn ich ihm den Schädel einschlage, wird jeder denken, er sei besoffen gegen eine Kante gerannt. So leicht ist das … wir sind ja allein! – Luka, ich mag Sie.«
    »Ich habe nie daran gedacht, Sie zu töten!« sagte Petrowskij mit belegter Stimme. Er log. Sekundenlang hatte dieser Gedanke ihn durchblitzt, als Speschnikow sein Geheimnis lüftete. »Und ich bin krank. Unglücklich macht es mich, daß alle Ärzte verschiedener Meinung sind. Wenigstens in der Medizin sollte Einigkeit herrschen.«
    »Da am wenigsten!« Dr. Speschnikow klopfte Petrowskij auf die Hand. »Geh zu deiner Larissa, Freundchen. Komm ab und zu und erzähle, was aus dir geworden ist. Und wenn Larissa ein Kind bekommt, und ich lebe noch – das will ich holen! Und du wirst dabeisein! – Noch einen Samogonka?«
    »Doktor, warum saufen Sie so fürchterlich?«
    »Weil wir jetzt den Krieg gewinnen, Freundchen.« Dr. Speschnikows Kopf pendelte hin und her. »Die Welt ahnt ja gar nicht, was es bedeutet, wenn die Bolschewisten den Krieg gewinnen! Sie ist so blind und dumm.«
    »Aber Sie wissen es?« fragte Petrowskij etwas spöttisch.
    »Ja.« Speschnikow blickte hoch. Seine Augen flatterten in den wäßrigen Höhlen. »Warum sitze ich hier als Facharzt für Gynäkologie im ewigen Nachtdienst? Warum wohl? Kennst du Turochensk? Am Jenissej liegt es, gehört zum Arbeitsbezirk Norilsk. Ein Zwangslager

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