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Sie waren zehn

Sie waren zehn

Titel: Sie waren zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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vierhundertsiebenundsechzig Schweinen und einem Heer von Hühnern, Gänsen und Enten anmarschiert komme. Er hat eine Wohnung mit vier Zimmern in Essen-Steele.«
    »Du wirst froh sein, Vater, wenn du ein paar Koffer mitnehmen kannst. Lieber morgen als übermorgen. Ich beschwöre dich, Vater! Wenn der Russe marschiert, ist er in sechs bis acht Tagen vor unserer Tür!«
    »Ich soll deine Mutter verlassen?« sagte der alte Kuehenberg leise. Asgard zuckte zusammen.
    »Mutter ist seit sieben Jahren tot, Papa!«
    »Aber sie liegt dort drüben im Park, unter der Platane. Ich soll sie den Sowjets überlassen? Wie kannst du so etwas verlangen, Junge?!«
    »Du lebst, Vater! Du! Und wenn Mutter noch lebte, würde sie jetzt sagen: Friedle, hör auf den Jungen! Laß uns evakuieren! Vielleicht ist es nur ein Abschied auf Zeit. Vielleicht sehen wir Thernauen einmal wieder. Das hätte sie gesagt, Papa!«
    Der alte Kuehenberg schwieg. Er sah in sein Glas, und plötzlich weinte er. Lautlos, unbewegten Gesichts. Eine Versteinerung, aus der es heraustropfte.
    »Papa«, sagte Asgard leise. »Du kannst ja versuchen, Mama in einem Zinksarg mitzunehmen. Nur frühzeitig mußt du das machen. Ich weiß es vom Ib der Heeresgruppe: Wir haben nicht mehr viel Zeit. Der Sommer 1944 wird fürchterlich.«
    Elmfried Kuehenberg evakuierte nicht. Aber er versprach, es sofort nach Beendigung von Asgards Urlaub zu tun. Seine Argumentation war lahm, aber von väterlicher Logik: »Du sollst deinen letzten Urlaub noch unbeschwert auf Thernauen verleben, mein Junge. Wenn du dann wieder an der Front bist, räume ich das Gut. Ich verspreche es dir. Schließlich bist du der einzige Erbe. Ich will so viel retten, wie ich retten kann. Aber jetzt, mein Junge, jetzt sollst du noch einmal drei Wochen über die Felder gehen, den Wald riechen, im See baden, über die Koppel galoppieren. Laß uns hoffen, Asgard. Wirkliche Wunder gibt es nur noch in Kriegen. Warum kann kein Wunder über Thernauen kommen?!«
    Asgard ritt mit seiner vorbestimmten Verlobten durch die Wälder und erfuhr dabei, daß Luise von Serlock endlich die Gelegenheit gefunden hatte, mit ihm über ihre gemeinsame Zukunft zu sprechen.
    »Ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll –«, setzte sie zaghaft an. Sie hatten in einer Waldlichtung angehalten, und eigentlich hätte man jetzt absitzen und sich einen weichen Grasplatz aussuchen müssen, um sich verlobungsgemäß zu benehmen.
    Asgard lächelte breit und winkte lässig ab. »Du liebst einen anderen. Keine großen Kommentare, Luise.«
    »Du bist nicht böse, Asgard?«
    »Keine Spur.« Er beugte sich vor und tätschelte den Hals seines Pferdes. »Wir konnten noch nicht gehen, da hieß es schon: Welch ein schönes Paar! – So etwas ist doch hirnrissig! Luise, ich wünsche dir alles Glück dieser Welt. Aber tu etwas, wozu ich meinen Vater nicht bewegen kann: Setz dich ab! Pommern ist schon zu nah! Geh nach Holstein, zu deinem Onkel Eduard. Oder zu Tante Martha nach Plön . Alles, was östlich von Berlin liegt, ist unsicher.«
    »So schlimm steht es?« fragte Luise und machte kugelrunde Augen.
    »Eine ganz große Scheiße ist es, Mädchen.« Asgard beugte sich zu ihr und küßte sie auf die Stirn. »Liebling, wir werden bald wie Ahasver ruhelos durch die Welt irren. Man radiert unsere Heimat von den Landkarten.«
    Als sie zum Gut zurückkamen, hatte Elmfried Kuehenberg das Wunder in der Hand und hielt es seinem Sohn entgegen. Ganz strahlender stolzer Vater.
    »Der Briefträger hat es vor einer Stunde mit dem Rad gebracht. Ein Telegramm!«
    Der alte Kuehenberg ließ es sich nicht nehmen, den Text vorzulesen:
    »Sie haben sich unverzüglich nach Berlin in Marsch zu setzen und in Eberswalde, Reitschule, zu melden. Alle Transportmittel stehen Ihnen zur Verfügung. Dieses Telegramm ist ein Marschbefehl und Ausweis für alle Dienststellen zugleich. – v. Kettner. OKW-Führungsstab.«
    Asgard nahm das Telegramm aus der Hand seines Vaters und las es zweimal stumm durch. Dann reichte er es an Luise weiter.
    »Du sagst nichts?« Das Gesicht des alten Kuehenberg zuckte. »Du nimmst das einfach hin! Junge, das ist das erste Wunder von Thernauen! Man zieht dich aus der Front heraus. Vielleicht sollst du Reitlehrer in Eberswalde werden?! Du wirst den Krieg überleben!«
    »Das Telegramm ist idiotisch«, sagte Asgard. » 1944 – vor der Invasion in Frankreich und der großen Sommer-Offensive der Sowjets – braucht man keine Reitlehrer mehr! Und wenn man das

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