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Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Siesta italiana: Meine neue italienische Familie

Titel: Siesta italiana: Meine neue italienische Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Harrison
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Giovanni, »sind neunundneunzig nichts als heiße Luft.«
    Nach einem aperitivo in der nächsten Bar entschuldigte sich Giovanni und sagte, er käme sonst zu spät zu einer Verabredung in Lecce. Nachdem er weg war, kehrten wir zur Schule zurück, wo mir die Sekretärin mein foglio rosa gab, für das Michele eine Woche gebraucht hatte, sowie eine Rechnung über 250 Euro, die zwar auch die beiden Führerscheinprüfungen mit einschloss, mich aber trotzdem schockierte.
    »Ich dachte, Giovanni ist ein Freund von dir«, sagte ich auf der Heimfahrt zu Daniela.
    »Überlass das mir«, entgegnete sie gelassen. »Wir werden weniger bezahlen.«
    Am folgenden Montag flog ich zum australischen Konsulat nach Mailand statt zur Botschaft nach Rom und nutzte die Gelegenheit, um alte Freunde und Kollegen zu treffen. Und um Francesco etwas Pferdefleisch, sein Lieblingsessen, zu bringen, das Valeria für ihn zubereitet hatte. Ich möchte nur einmal in Italien verreisen können, ohne irgendjemandem etwas zu essen mitzubringen. »Was ist in Ihrem Koffer, Sir?« – »Ein halbes Pferd, wenn Sie es unbedingt wissen wollen.«
    Am Mittwoch war ich zurück in Andrano, und am Freitag fuhren wir erneut nach Castellano, um Giovanni den Brief zu geben und einen kurzen mündlichen Test zu absolvieren, damit ich die Prüfung auf jeden Fall bestehen würde. Ich machte den Test bei der Sekretärin, die sich nicht lange damit aufhielt, sondern vielmehr versuchte, sich meiner Solidarität als Ausländer zu versichern. Sie war mit einem Mann aus einem nahe gelegenen Ort verheiratet und hasste Süditalien. Wie Danny, der damit allerdings Norditalien gemeint hatte, bezeichnete sie es als »Dritte Welt«. Sie hasste die Italiener für ihren menefreghismo , also für ihre »Ihr könnt mich mal«-Haltung dem Leben gegenüber, für den Müll, der überall herumlag. Sie hasste die Regierung für ihre Korruption, die carabinieri für ihre Blödheit, ihren Chef für seine chaotische Organisation, die Krankenhäuser, die Schulen, die Banken …
    Ich hätte ihrer Schmährede nicht widersprochen, wenn sie sie nicht vor einer Gruppe einheimischer Jungs gehalten hätte, die gerade auf Giovanni warteten. Sie zogen an ihren Zigaretten und starrten die Sekretärin an, die ihnen gerade das Klischee der spießigen Schweizerin bestätigte. Ich fühlte mich unwohl, weil sie erwartete, dass ich ihr laut zustimmte, was ich auch in einigen Punkten tat, aber deutlich weniger gehässig. Als sie sagte, sie plane, nächstes Jahr in die Schweiz zurückzugehen, überhörte Giovanni diese Bemerkung und fragte, warum sie stattdessen nicht nach Albanien ginge, womit er suggerierte, dass dieses Land noch fortschrittlicher sei als die Schweiz. Er hatte sich regelrecht einen Sport daraus gemacht, sie zu necken. Seine Bemerkung zeigte die gewünschte Wirkung und regte die Sekretärin erst recht auf. Sie sagte, genau wegen Menschen wie Giovanni sei Italien nur Mittelmaß. Giovanni lachte, die Sekretärin tobte, und ich gab mein Bestes, beiden gleichermaßen beizupflichten, obwohl ich eigentlich nur meinen verdammten Führerschein wollte.
    Nachdem ich den Pseudo-Test bestanden hatte, würde ich die eigentliche Prüfung bei der Zulassungsstelle in Lecce ablegen. Giovanni sagte, er würde mich für die nächste mündliche Prüfung in zwei Wochen anmelden, etwa zweieinhalb Monate nachdem ich meinen Fuß das erste Mal in die autoscuola von Caritano gesetzt hatte. Bevor wir gingen, sagte Daniela mit Absicht vor Giovanni zur Sekretärin, dass sie die Rechnung verlegt hätte, und fragte, wie viel die Sache gleich wieder koste.
    »Zweihundertfünfzig«, erwiderte die Sekretärin.
    »Hundertfünfundzwanzig«, schaltete sich Giovanni ein. »Nur die Steuern. Ich will kein Geld.«
    » Molto gentile «, sagte Daniela und bezahlte ihn sofort in bar.
    Die Sekretärin war stinksauer, hatte sie jetzt doch einen Grund mehr, in ihre Heimat zurückzukehren. Daniela war fantastisch und gab mir einen Grund mehr zu bleiben.
     
    Am Tag meiner Theorieprüfung nahm sich Daniela frei, und bevor wir nach Lecce fuhren, holten wir Giovanni aus Castellano ab. Ich fuhr, Daniela saß auf dem Rücksitz und Giovanni vorn, der Gurt meines Fahrlehrers hing schlaff neben der Tür herab. Punkt neun erreichten wir die Zulassungsstelle, ein großes Gebäude auf einem Gelände außerhalb der Altstadt. Nachdem wir einen Parkplatz ergattert hatten und einparkten, was so kompliziert war wie die Vervollständigung eines Puzzles, fanden

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