Silberband 060 - Die Cynos
Seine Hände durchdrangen den leuchtenden Energienebel. Diesmal fuhr er nicht zurück. Er war auf die eisige Kälte vorbereitet. Hastig öffnete er Alaskas Uniformhemd und tastete über die Haut. Er spürte die Knochen des hageren Mannes unter der eiskalten Haut.
Schlangenhaut! durchzuckte es Rhodan.
»Er ist eiskalt!« informierte Rhodan die anderen. »Kennsingby, sind Sie sicher, daß Sie sich nicht täuschen?«
»Sie können gern selbst nachsehen«, empfahl ihm der Arzt beleidigt.
»Schon gut!« besänftigte ihn Rhodan. Er richtete sich auf und wandte Saedelaere den Rücken zu. Dann erst wagte er die Augen zu öffnen. Im Licht des Cappin-Fragments bildeten die Männer in dem großen Raum unwirkliche Schatten an den Wänden.
»Spürst du noch Mentalimpulse von ihm?« fragte Rhodan den Mausbiber.
»Ja«, sagte Gucky. Er war selten so wortkarg. Offensichtlich machte er sich Sorgen um diesen Terraner, den er zu seinen besten Freunden zählte.
Dr. Parning seufzte und schob die Blendkappe in den Nacken zurück.
»Die Strahlung läßt sich nicht genau bestimmen, dazu brauchen wir die empfindlichen Geräte aus dem C-Labor. Aber wir sind sicher, daß es eine Sextadimstrahlung ist.«
»Und was schließen Sie daraus?« wollte Atlan wissen.
Eggny, der zweite Wissenschaftler, rief empört: »Was erwarten Sie von uns? Wir sind Wissenschaftler, keine Zauberer.«
Atlan hob beschwichtigend beide Hände. »Ich weiß, daß Sie nervös sind. Sie werden die anderen Instrumente bekommen.«
»Der Transport wird ihnen nicht bekommen«, befürchtete Dr. Parning. »Wir schlagen vor, Saedelaere ins C-Labor zu transportieren.«
Der Vorschlag war nicht schlecht, aber Rhodan wußte, daß mit dem Transport Saedelaeres zwei Risiken verbunden waren: einmal für Alaska und zum anderen für das Schiff und dessen Besatzung.
Bevor er eine Entscheidung treffen konnte, wurde er durch ein Geräusch abgelenkt. Alaska gab einen klagenden Laut von sich.
Rhodan fuhr herum. Beinahe unvorbereitet wurde er von der vollen Strahlung des Cappin-Fragments getroffen. Er schloß die Augen und lauschte.
Plötzlich wurde es sehr still innerhalb der Krankenstation.
»Alaska!« rief Gucky leise. Wieder der klagende Laut. »Er ist jetzt bei Bewußtsein«, meldete Gucky. »Ich weiß jedoch nicht, ob er sprechen kann.«
Als Rhodan sich zu dem Transmittergeschädigten hinabbeugte, wurde er von einem eisigen Luftzug berührt, der vom Körper des Kranken ausging.
Er traf Rhodan wie ein Schock.
Es geschah so schnell, daß du zunächst überhaupt nicht wußtest, was mit dir geschah. Wahrscheinlich passierte es in dem Augenblick, als du deine Kabine betratest, um dich etwas auszuruhen. Als du wieder zu dir kamst, lagst du in der Krankenstation. Du kannst dich schwach daran erinnern, daß du durch das Schiff geirrt bist.
Du spürst die Lebendigkeit des Cappin-Fragments. Seine Aktivität bereitet dir heftige Schmerzen. Wenn du dich nicht beherrschst, wirst du die Kontrolle über dich verlieren, aufspringen und zu toben beginnen.
Woher kommt dieses eigenartige Leuchten, das deinen Körper umgibt? Wird es vom Cappin-Fragment verursacht?
Es ist sehr kalt. Du spürst diese Kälte immer stärker, sie frißt sich wie mit spitzen Zähnen in deinen Körper.
Du hörst dich stöhnen, die Schmerzen drohen dich zu übermannen. Es fällt dir schwer, etwas von deiner Umgebung zu erkennen, denn fast alles wird vom Licht des Cappin-Fragments überstrahlt.
Aber du weißt, daß jemand in der Nähe ist. Gucky, Rhodan, Atlan und noch ein paar andere. Sie bemühen sich um dich.
Jetzt bist du wieder eine Art Monstrum für sie, das sie in unregelmäßigen Abständen gefährdet und dem sie insgeheim mißtrauen. Gewiß, sie wollen dir helfen, aber manchmal wünschen sie sich sicher, sie könnten das Problem für alle Zeiten lösen.
Sie rufen nach dir. Es ist die Stimme des Mausbibers, der offenbar erkannt hat, daß du dein Bewußtsein wiedererlangt hast.
Du versuchst zu sprechen, aber deine Zunge ist wie aufgequollen. Die Plastikmaske drückt sich in dein Gesicht. Wenn es nur etwas wärmer wäre!
Allmählich beginnst du zu begreifen, was mit dir geschieht. Das Wissen um kommende Dinge macht sich in deinem Bewußtsein breit. Unter normalen Umständen wärst du vielleicht entsetzt darüber, aber das jahrelange Tragen des Cappin-Fragments und der Plastikmaske hat dich abgestumpft. Manchmal ist dir dein Schicksal fast gleichgültig, du sehnst eine gewaltsame Veränderung
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