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Silbernes Band (German Edition)

Silbernes Band (German Edition)

Titel: Silbernes Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Jaedig
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ebenfalls herzlich umarmte. Er hielt sie an den Schultern fest und blickte ihr tief in die Augen, nickte dabei anerkennend. Pétur war sofort aufgefallen, wie glücklich seine Tochter wirkte. Er hoffte inständig, dass das so bleiben möge.

    „Schwesterherz!“ Die Péturs-Töchter fielen sich in die Arme und küssten sich auf beide Wangen. „Na, was macht die Schule?“ – „Fang bloss damit nicht an! Nichts als öde Prüfungen und spiessige Pauker!“ - „Gæfa!“, warf Ulrike missbilligend ein. Der Lehrer nahm es locker und ging mit einem Grinsen über das Genöle des Teenagers hinweg. „Ihr könnt bestimmt einen Kaffee vertragen“, stellte er fest, während er ihnen höflich Jacken und Mäntel abnahm. Ulrike..., ihr wisst schon.

    Heiðar bemerkte ein paar weisse Katzenhaare an Ulrikes dunkelgrünem Strickpulli. Rúnas Familie schien ziemlich tierlieb zu sein. Ob das auch für raubtierhafte Halbwesen galt? Er wartete geduldig, bis alle aus ihren Schuhen geschlüpft waren und führte sie dann ins Wohnzimmer, wo Rúna bereits den Kaffeetisch gedeckt hatte. „Macht’s euch gemütlich“, verschwand und kam gleich darauf mit einer dampfenden Kanne Kaffee wieder. „Da sind Milch und Zucker.“ Heiðar machte die Runde und schenkte höflich ein, bevor er sich neben Rúna setzte und sie liebevoll an sich zog. Ulrike..., lassen wir das.

    „Arbeitest du schon lange in Breiðholt?“ Die beeindruckte Mama wollte ihm ein wenig auf den Zahn fühlen. Rúna sollte auf keinen Fall nochmals enttäuscht werden. Heiðar sah diesem Verhör gelassen entgegen und hatte Verständnis für ihre Neugier. Es war doch normal, dass Mütter sich Sorgen machten. In seinem Fall war es vielleicht sogar angebracht. „Ich habe nach Abschluss meiner Ausbildung da angefangen. Es gefällt mir nach wie vor, und ich möchte in nächster Zeit nichts daran ändern. Heutzutage ist es wichtig, einen sicheren Arbeitsplatz zu haben.“ Pétur nickte zustimmend. „Das sehe ich auch so. Ich bin heilfroh, dass ich mein Auskommen in der Fischindustrie gefunden habe. Auf keinen Fall möchte ich mit den Leuten in der Finanzwelt tauschen.“ Ulrike hatte keine Lust, über die Krise zu diskutieren, lieber wollte sie noch mehr über Rúnas Freund erfahren. „Leben deine Eltern auch in der Hauptstadt?“ Rúna wurde es heiss und kalt. Sie hätte Mama unbedingt von Kristíns Tod erzählen müssen, obwohl sie es hasste, solche Dinge übers Telefon mitzuteilen.

    Heiðars Miene nahm einen schmerzlichen Zug an, als er mit leiser Stimme antwortete: „Ich bin bei meiner Mutter aufgewachsen. Sie ist leider vor ein paar Wochen gestorben, sie hatte Krebs.“ Ulrike versuchte Haltung zu bewahren: „Oh, verzeih mir, das wusste ich nicht. Das tut mir ausserordentlich leid. War sie lange krank?“ – „Es war eine aggressive Form von Leukämie. Sie hat nach vier Monaten die Therapie abgebrochen... Der Tod war eine Erlösung, ich habe ihren Wunsch akzeptiert... Rúna hilft mir, darüber hinwegzukommen, ohne sie wäre es wohl ziemlich schwer.“ Ulrike wagte nicht, nach seinem Vater zu fragen. Möglicherweise war der auch schon gestorben.

    Pétur beschloss, dem Gespräch eine andere Richtung zu geben: „Du hast früher Handball gespielt. Nummer Sieben, nicht wahr? An deine Zeit im Nationalteam kann ich mich gut erinnern, du warst ein richtiger Torjäger. Respekt.“ Heiðar lächelte schwach. „Ja, es war eine grossartige Sache, in der Nationalmannschaft zu spielen. Dabei habe ich relativ spät angefangen, ich bin erst mit Achtzehn in einen Verein eingetreten.“ – „Warst du immer bei Fram Reykjavík?“ – „Ja, bis zu meinem Karriereende 2004.“ – „Du hast nie eine Profikarriere im Ausland angestrebt?“ – „Es gab Angebote eines dänischen und eines deutschen Vereins, aber ich habe abgelehnt. Es scheint, als wollte mich eine höhere Macht in Island halten. Und heute weiss ich auch warum.“ Rúna bekam einen dicken Kuss auf die Wange.

    „Warum hast du aufgehört? Du könntest heute noch spielen“, hakte Pétur nach. „Nach Abschluss meines Studiums wollte ich mich auf meine Arbeit konzentrieren. Und ich wollte auf keinen Fall, dass man mich eines Tages darum bittet, endlich aufzuhören. Besser man geht, wenn’s am schönsten ist.“

    Pétur hoffte, dass sich Heiðars Motto nicht auch auf Rúna bezog. „Du könntest eine Mannschaft trainieren.“ Heiðar schüttelte leicht den Kopf. „Das hat mich nie gereizt. Ich stehe schon Tag für

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