Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silbernes Band (German Edition)

Silbernes Band (German Edition)

Titel: Silbernes Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Jaedig
Vom Netzwerk:
Alten Welt zu bleiben. Die Karriereleiter der Gesellschaft hatte ihn immerhin bis an diesen Schreibtisch gebracht.

    Zuunterst lagen die Lieferscheine der Osloer Blutbank. Einige Lieferungen waren nach Island gegangen. Das bedeutete einen Lieferkostenzuschlag, weil die gottverdammte Insel so weit weg lag. Wer ging schon nach Island, zu den Bauern und Barbaren? Höchstens ein nostalgisch veranlagter Unsterblicher aus der Zeit der Wikinger, oder eben Fionn.

    Seine Bestellungen wurden alle zwei Wochen ins Hotel Borg in Reykjavík geliefert. Es gab noch zwei weitere Lieferungen: Ein Neukunde, Heiðar Kristínarson, Njálsgata 16, 101 Reykjavík. Ob Fionn diesen Kunden akquiriert hatte? Oder war dieser Heiðar womöglich sein neuer Gefährte? Quasi frisch verwandelt? Falls er ein junger Unsterblicher war, dann jagte er nebenbei regelmässig, die gelieferte Menge deckte unmöglich den Bedarf. Gab es überhaupt so viele Menschen auf dieser verfluchten Insel? Junge Unsterbliche waren naturgemäss immer durstig und mussten erst lernen, ihre Begierde zu kontrollieren.

    George legte den letzten Lieferschein zur Seite, um sich den neu erstellten Verträgen zu widmen. Diesen Monat waren es zwei Verträge gewesen. Eine weibliche Unsterbliche aus Italien: Cecilia – was für ein verheissungsvoller Name! Vielleicht sollte er bald einmal nach Italien reisen? Cecilia hatte für den Vertragsabschluss persönlich bei der Blutbank in Rom vorgesprochen, so lautete die Vorschrift. Der zweite Vertrag betraf diesen Isländer. Der hatte nirgends vorgesprochen, aber da war eine Bürgschaftserklärung von Fionn. Persönlich bekannt. Typisch - Fionn fand immer einen Weg, sich um die Vorschriften zu drücken. Also gab es eine Verbindung zwischen Fionn und diesem isländischen Unsterblichen.

Unsterbliche Fürsorge

    Sigrið Ólafsdóttir betrat die Buchhandlung am Skólavörðustígur um Viertel nach Sechs. Sie wollte noch rasch durch die Taschenbücher schmökern, vielleicht war etwas dabei, das sie auf ihrem Flug in den Süden lesen konnte. Sie entfloh regelmässig der isländischen Kälte, um Urlaub an der Sonne zu machen. Nächste Woche war es wieder so weit, sie konnte es kaum erwarten, am Strand von Mauritius zu liegen.

    Sie wählte einen anspruchslosen Roman, der leicht zu lesen war. Es ging um selbstbewusste Frauen mit wechselnden Beziehungen - dazu zählte sie sich selbst auch. Das Buch in der Hand, stöckelte sie in Richtung der Kassentheke, wo sie sich mit einem genervten Schnalzen in die Schlange stellte. Nanu, war das nicht die Kleine, die sie kürzlich mit Heiðar im Sólon gesehen hatte? Die arbeitete offenbar hier. Sigrið grinste listig. Mal sehen, ob sie noch mit ihm zusammen war. Vermutlich nicht, Heiðar war bekannt dafür, dass er es nie lange mit einer Frau aushielt. Kriegte irgendwann Panik, wenn sie zu sehr klammerten.

    Sie trat an die Theke und schob Rúna mit klebrigem Lächeln das Buch entgegen. Die Freundlichkeit hinterm Ladentisch erstarb und wurde zur bemühten Grimasse. „Hallo Sigrið.“ – “Hæ, wie heisst du nochmal?“ „Rúna“, meinte die Angesprochene kühl. „Hallo Rúna“, quietschte es zurück. „Cool bleiben“, mahnte sich die Angequietschte. Das Taschenbuch in die Hand nehmen, umdrehen und den Preis einscannen, dabei geflissentlich das dümmliche, vermeintlich überlegene Grinsen ignorieren. Diese blöde Kuh hielt sich wohl für etwas Besseres. Kreditkarte überprüfen, einlesen, Quittung drucken und mitsamt Kugelschreiber rüberschieben. Gleich war es geschafft – oder auch nicht. Die Quittung wurde beiläufig unterschrieben und über die Theke geschnippt. Den Kugelschreiber stiess Sigrið wie einen Dolch durch die Luft, zielte dabei auf Rúnas Herz. „Sag mal, bist du etwa immer noch mit Heiðar zusammen? Oder meinst du, ich könnte ihn mal anrufen?“

    Okay, beschwor sich die Attackierte und fasste den Kugelschreiber mit festem Griff. Jetzt kerzengerade aufrichten, Schultern straffen, Kinn heben und der Feindin direkt in die Augen blicken: „Du kannst ihn natürlich gerne anrufen, wenn du möchtest, aber es wird dir nichts nützen, wir sind immer noch zusammen – und das bleiben wir auch.“ Die Kreditkarte wurde mit Nachdruck über die Theke geschoben. Nun war es an Sigrið, eine angestrengte Grimasse zu ziehen, das kleine Biest war nicht auf den Mund gefallen. „Viel Spass mit deinem Buch!“ Die Tüte wurde mit einem extra freundlichen Lächeln überreicht. Sigrið nahm sie

Weitere Kostenlose Bücher