Silberschweine
hatte. Wer sie kaufen wollte, brauchte allerdings ein privates Münzamt. Anscheinend hatte jemand das britische Wetter in Kauf genommen, um genau dies zu bewerkstelligen.
»Als sie zu mir kamen«, erzählte Frontinus, »verlangte ich einen Beweis. Um Zeit zu gewinnen. Zwei Tage später tauchten sie mit einem gestempelten Barren wieder auf. Meine Leute blieben diesen Rüsselkäfern auf den Fersen, aber sie machten sich aus dem Staub und ließen ihr Prachtstück unterwegs fallen.« Ich wußte warum, ich hatte selbst mal mit angefaßt! »Wir verloren ihre Spur, und als wir zurückkamen, war auch der Barren verschwunden. Kaum hatten wir ein paar Spione in die Spelunken unten am Fluß gesetzt, da hörten wir von einem Rollkutscher, der prahlte, er habe etwas gefunden, womit er sich ein goldenes Dankeschön vom Kaiser persönlich verdienen werde. Offenbar hatte noch jemand zugehört, der weniger freundlich war als die Garde.«
Er warf mir einen ernsten Blick zu. Ein kalter, nasser Fleck hatte sich dort gebildet, wo meine Untertunika die Mulde meines Brustkorbs überspannte. Ein Weinfleck war es nicht.
»Vespasian ist kein Dummkopf, Falco. Er kommt vielleicht aus dem Nichts, aber er hat Urteilskraft und jede Menge Mumm. Wir hatten gedacht, er wüßte Bescheid. Und jetzt tauchst du hier auf! Ermittelst du für den Palast, mein Lieber? Hast du einen Spezialauftrag, Vespasian abzuschirmen, wenn die Garde ihn im Stich läßt?«
»Nicht daß ich wüßte, Julius …«
Langsam wurde mir klar, wieviel ich nicht wußte.
XVI
Am nächsten Tag machte ich dem Senator noch einen Besuch. Nach dem Abend mit Petronius wurde daraus ein Nachmittagsbesuch; den Morgen möchte ich hier nur kurz streifen. Größtenteils verbrachte ich ihn im Bett, obgleich ich zwischendurch auch von einigen Anfällen krampfhafter Aktivität heimgesucht wurde. Als ich das Haus des Senators betrat, plagte ihn nach dem Mittagsmahl eine leichte Magenverstimmung. Mich plagte eine schwere Magenverstimmung, obwohl ich gar nichts herunterbekommen hatte.
Ich stürmte in sein Arbeitszimmer. Langsam lernte er, meine jeweilige Stimmung an der Plötzlichkeit meines Auftauchens zu ermessen. Heute kam ich als Schuft, der ein Publikum für seine Bösartigkeit sucht. Camillus Verus hatte die Güte, seine Schreibereien beiseite zu legen und sich anzuhören, was ich ihm zu sagen hatte.
»Ich habe mir den Zeh gestoßen, aber nicht an Silberbarren, sondern an einem ausgewachsenen Komplott! Sie haben mich angelogen, Senator! Gelogen wie eine kranke Hure im Isis-Tempel, genauso gekonnt, aber zu einem verwerflicheren Zweck!«
»Falco! Darf ich Ihnen erklären?«
Nein, jetzt tobte ich, und er sollte zuhören, das war er mir schuldig. Meine Erregung hielt ihn in Bann.
»Verschonen Sie mich, Senator! Ich lasse die Finger von der Politik; das Risiko ist mir zu groß. Einen Sohn hat meine Mutter in Galiläa schon dem Kaiser geschenkt: Ich bin ihr einziger Überlebender, und ich überlebe gern!«
Er machte ein ärgerliches Gesicht. Er fand, ich würde die politischen Aspekte bagatellisieren. Aber eben dies warf ich ihm vor. Wir standen wie zwei Damesteine im Patt.
»Willst du zusehen, wie Vespasian ermordet wird, Falco? Wie das Land wieder in den Bürgerkrieg stürzt? Wie das Reich in Trümmer fällt? Wieder Kampf, wieder Unsicherheit, wieder römisches Blut auf römischen Straßen?«
»Es gibt Leute, die einen ordentlichen Sold dafür bekommen, daß sie den Kaiser schützen«, krächzte ich. »Ich dagegen werde mit Lügen und Versprechungen abgespeist!« Plötzlich verlor ich die Geduld. Das hier hatte keine Zukunft. Sie hatten mich hereingelegt; sie hatten versucht, mich auszunutzen. Schlauere Leute als der da hatten schon geglaubt, sie könnten mich als Dorftrottel verschleißen; sie hatten ihren Irrtum bald eingesehen. Etwas ruhiger brachte ich diese Farce zu Ende.
»Vespasian mag keine Ermittler. Ich mag keine Kaiser. Ich hatte geglaubt, mit Ihnen, Senator, wäre auszukommen, aber jeder kann sich mal irren. Guten Tag!«
Ich stürmte hinaus. Er ließ mich gehen. Daß Decimus Camillus Verus ein gewiefter Mann war, wußte ich ja schon.
Mit zornigen Schritten durchquerte ich das Vestibül mit dem blubbernden Springbrunnen. Da hörte ich ein leises Zischen.
»Falco!« Es war Sosia. »Komm in den Garten; wir müssen reden!«
Auch wenn ich noch in den Diensten ihres Onkels gestanden hätte, wäre es unstatthaft gewesen, mit der jungen Dame des Hauses zu plaudern. Ich bin
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