Silberstern Sternentaenzers Sohn 09 - Im Land der wilden Mustangs
wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werden die Menschen feststellen, dass man Geld nicht essen kann!“, fügte er dann hinzu.
Sanft legte Sammi eine Hand auf Charles’ Arm. „Es ist das Schicksal, das uns der Große Geist auferlegt hat, und wir sind stark genug, es zu tragen.“ Sie blickte in die Runde. „Nun ist es gut mit den trüben Geschichten. Freut euch lieber mal auf das Powwow morgen!“
„Das was?“, wollte Annit wissen.
Sammi lächelte und zwinkerte nur vielsagend. „Lasst euch überraschen!“
Ein indianisches Fest
Tags darauf holten Charles und Sammi die kleine Reisegruppe im Camp ab. Nach einem gemächlichen Ritt gelangten sie schließlich zu einem Platz, auf dem mehrere Tipis aufgebaut waren. Daneben tobten ein paar Jungen mit einem kleinen Hund. Ein paar ältere Männer saßen im Schatten der Zelte und schnitzten Pfeile und Bogen. In der Mitte des Platzes brannte ein großes Lagerfeuer, darum herum tanzten etliche Indianer. Hinter ihnen standen im Halbkreis etwa genauso viele Indianerfrauen, die sangen und klatschten.
„Früher trafen sich bei einem Powwow die nordamerikanischen Ureinwohner, um die Gemeinschaft und den Zusammenhalt zu stärken“, erklärte Sammi, während sie vom Pferd glitt. „Es gab Tänze, Lieder, Rituale, Essen und Spiele, also so eine Art Volksfest.“ Sammi band ihr Pferd an einem Pfosten fest und setzte sich auf einen Holzstamm am Rand des großen Festplatzes. Sie winkte die anderen neben sich.
Die Indianer hatten inzwischen ihren Tanz beendet und traten zurück in die zweite Reihe. Nun tänzelten die Indianerfrauen nach vorne und begannen mit rhythmischen Bewegungen, während die Indianer dazu klatschten.
„Sieht schön aus“, meinte Mannito begeistert.
„Manchmal gibt es auch Tanzwettbewerbe, bei denen man Geldpreise gewinnen kann“, raunte ihnen Sammi zu. „Einige Indianer leben heute ausschließlich davon.“
Als der Tanz beendet war, gingen die Indianerfrauen herum und verteilten lange Stöcke, an denen gegrillte Marshmallows steckten. Mannito machte sich gleich hungrig drüber. „Mhm, schmeckt lecker!“
„Haben das die Indianer früher auch gegessen?“, erkundigte sich Denise.
„Ja klar“, gluckste Mannito. „Irgendwo in den Schluchten des Wilden Westens gab es Supermärkte, wo man Marshmallows kaufen konnte.“
Auch Sammi schmunzelte. „Früher gab es wohl eher so was wie gegrilltes Büffelfleisch.“
Denise verzog das Gesicht. „Wär nicht so ganz mein Geschmack!“, meinte sie.
Auf einmal wurde es still.
„Was ist jetzt?“
„Kleine Pause“, erklärte Sammi.
Annit stand auf. „Ich würd mir gern mal so ein Tipi von innen ansehen.“
Sammi erhob sich auch. „Komm mit!“
Die beiden gingen auf das erste Tipi zu. Sammi schob ihren Kopf hinein. „Na los!“
Annit zögerte. „Geht das einfach so?“
„Klar. Sieh dich um.“
Der Boden war mit Tierfellen ausgelegt. Am Rand lagen bunte Decken und Körbe, darüber hingen bestickte Lederschärpen, Federschmuck und Ledersäcke. Von einem der Zeltpfähle baumelte ein Wassersack, daneben hing ein Beutel mit Pfeilen. Als Sitze dienten Büffelfellstücke mit geflochtenen Rückenlehnen.
Als von draußen lauter Trommelwirbel ertönte, packte Sammi Annit am Arm. „Komm, es geht weiter!“, sagte sie und zog Annit zurück auf ihren Platz.
Kaum saßen die beiden, hüpfte ein über und über mit Federn geschmückter Indianer in die Mitte des Platzes und vollführte einen wilden Tanz.
„Das ist der Schamanentanz“, erklärte Sammi.
„Ein Schamane ist doch so etwas wie ein indianischer Medizinmann, stimmt’s?“, fragte Annit nach.
„Oh nein!“ Sammis Augen blitzten. „Er ist so viel mehr. Er hat übersinnliche Fähigkeiten und hält Kontakt mit den Geistern, wirkt als Mittler zwischen dem Hier und dem Jenseits. Schamanen sind heilige Männer, die zum Wohle ihres Volkes handelten. Nur leider gibt es nicht mehr viele von ihnen."
„Warum?“
Sammi zog ihre Beine an und begann zu erzählen. „Von den Weißen wurden die Schamanen häufig als Betrüger geächtet. Christliche Missionare verdammten ihre Riten und vernichteten ihre heiligen Plätze. Ihr schlimmstes Vergehen aber war ihr Erfolg. Sie kurierten nicht nur Indianer, sondern auch kranke Weiße."
„Das ist doch gut“, fand Annit.
„Nun, kommt drauf an. Denn einige betrachteten ihre Heilrituale auch als Teufelswerk, und so wurden sie Ende des neunzehnten
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