Silver Moon
bellen. Der Hengst fuhr erschrocken zusammen und wich zurück.
»Was ist los? Was hast du?«, fragte ich Sakima. Wieder bellte er.
Mia kam zu uns geritten. »Fass Eyota nicht an! Er ist scheu und beißt auch, reiten kann ihn gar keiner außer Yuma. Es ist sein Pferd! Noch nicht einmal Jacy traut sich in die Nähe von Eyota, und Jacy reitet sogar wilde Pferde ein!«, klärte sie mich auf. Nun wunderte es mich nicht mehr, weshalb dieser Hengst mich so sehr faszinierte – ich besaß wohl den gleichen Geschmack wie Yuma.
Eyota war mit Abstand das schönste Pferd, das ich je gesehen hatte, und etwas zog mich zu ihm. Ungeachtet des mahnenden Bellens von Sakima schlüpfte ich durch den Weidezaun und ging ganz vorsichtig zu Eyota. Er sah mich erwartungsvoll an; seine wachsamen Augen ruhten permanent auf mir. Ich begann langsam mit ihm zu reden und auch Sakima wurde ruhiger, aber er beobachtete jede meiner Bewegungen akribisch. Ich trat näher zu dem Hengst … Seine Nüstern zuckten und er senkte langsam seinen Kopf. Ich nahm es als Aufforderung, ihn zu streicheln, aber zuvor schaute ich Sakima an. »Was meinst du? Soll ich es wagen?«, vergewisserte ich mich. Sakima sah skeptisch aus. Er gab mir kein eindeutiges Signal, blieb aber ruhig, was mir wie ein Zuspruch vorkam. Meine Hand wanderte langsam höher. Das Pferd schreckte nicht zurück, es blieb still stehen. Auch als meine Finger seine Stirn erreichten und sanft nach unten fuhren, rührte sich Eyota nicht. Er ließ sich geduldig von mir streicheln und zeigte keine Aggressivität.
»Beeindruckend!«, hörte ich plötzlich jemanden sagen und drehte mich erschrocken herum. Jacy stand am Zaun. Er wirkte erstaunt und fasziniert zugleich. Seine Augen schweiften abwechselnd von mir zu Eyota. »Mir ist bewusst, dass du eine innige Bindung zu Sakima hast. Aber die Verbundenheit zu dem schwarzen Mustang erstaunt mich sehr! Eyota lässt niemanden an sich heran, abgesehen von Yuma. Würde ich es jetzt wagen und über das Gatter klettern, einfach in sein Reich treten, Eyota würde scheuen. Ihn zu streicheln, wäre gar undenkbar, er würde mich sofort beißen! Er lässt sich von mir weder striegeln noch berühren, selbst Futter nimmt er von keinem! Einzig Yuma lässt er in seine Nähe, und dich ganz offenbar!«, bekannte Jacy, der sich nicht an uns sattsehen konnte. In seinen Augen lag eine unbeschreibliche Glut. Ich ergriff die Gunst der Stunde, tat ganz naiv und fragte, was mir schon so lange auf der Zunge brannte. »Wo steckt Yuma eigentlich?«
Jacy grinste. »Er ist näher, als du denkst!« Mit diesen Worten ließ er mich stehen und ging zurück zu den Stallungen. Jetzt wusste ich genauso viel wie vorher. Betrübt wandte ich mich wieder zu Eyota. Jacy hatte gesagt, er würde von niemandem Futter nehmen. Ich suchte in der Wiese nach saftigem Löwenzahn, fand an den Rändern einige Büschel, die ich abrupfte, und reichte sie dem Pferd. Er nahm sie sofort an, fraß mir vorsichtig aus der Hand und Mia staunte.
»Wow!«, raunte sie und stieg von ihrem Pony. Sie band Halona an den Zaun und wollte gerade durch die Abzäunung treten, um zu uns zu kommen, als Eyota auf die Hinterbeine ging und scheute. Er wieherte und bäumte sich auf. Der Hengst stand direkt vor mir auf seinen Hinterläufen und wedelte mit den vorderen Hufen durch die Luft. Eyota war immens groß, gar riesig. Es war imposant zu sehen, welche Ausmaße solch ein Tier hatte, wenn es aufrecht stand. Vor lauter Staunen wich ich nicht zurück, dafür war Sakima umso aufgebrachter. Er rannte zu Mia und drängte sie von der Weidefläche. Augenblicklich beruhigte sich Eyota, doch er schien verängstigt zu sein und galoppierte davon.
Nahe dem Waldrand, bei einem Unterstand, hielt er inne und blieb stehen. Sakima lief hinter ihm her. Ich beobachtete beide: Sakima setzte sich vor Eyota und schaute ihm in die Augen. Ihre Blicke ruhten ineinander. Sie schienen auf eine für mich unerklärliche Art und Weise zu kommunizieren. Erst nach einer Weile kehrte Sakima zurück. Er schaute Mia an und bellte.
»Ich schätze, du sollst nicht zu Eyota gehen, will er dir sagen!«, versuchte ich Sakimas Gesten zu deuten. »Ja, denke ich auch«, pflichtete mir Mia bei. »Ich wusste ja, wie er reagiert. Habe es schon ein paarmal gesehen, wenn Bob durch das Gatter ging, oder Jacy. Aber dass er bei dir nichts gemacht hat, ist komisch!«, bemerkte Mia noch und kletterte wieder auf Halona.
Ihre Worte brachten mich zum Grübeln, jedoch konnte ich
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