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Simulacron-Drei

Simulacron-Drei

Titel: Simulacron-Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel F. Galouye
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möchtest du finden?«
    »Ich dachte daran, daß du genau zu einer Zeit in mein Leben getreten warst, als ich beinahe um jeden Preis einen Menschen wie dich brauchte.«
    »Auch während ich fort war, hab’ ich nie aufgehört, an dich zu denken«, sagte sie. »Ich bin mir die ganze Zeit wie ein albernes, enttäuschtes Kind vorgekommen. Aber ich habe nie aufgehört damit.«
    Ich wartete auf das neuerliche Einsetzen des sanften Stromes ihrer Worte, hörte aber nur tiefe Atemzüge. Sie schlief. Auf ihren Wangen glitzerten zwei quecksilbrige Rinnsale im Mondlicht.
    Sie war auf der Flucht, genau wie ich – aber ich wußte in diesem Augenblick, daß wir uns nicht miteinander verständigen konnten, obwohl wir vielleicht unter der gleichen Verzweiflung litten, weil sie es aus irgendeinem unbegreiflichen Grund so wollte.
    Der Wagen glitt eine Anhöhe hinauf, überflutete die Steigung mit Licht und zeigte mir einen Teil der Landschaft, den ich noch nie gesehen hatte. Wir erreichten die Kuppe, und eisiges Entsetzen schien mein Herz erstarren zu lassen. Ich drückte auf die Bremstaste, und wir kamen ungewöhnlich schnell und glatt zu stehen.
    Jinx bewegte sich, wurde aber nicht wach.
    Ich saß eine Ewigkeit und starrte ungläubig hinaus.
    Die Straße hörte nach dreißig Metern auf. Auf beiden Seiten des Streifens fiel die Erde selbst in eine undurchdringliche Barriere höllischer Dunkelheit ab.
    Da draußen gab es keine Sterne, kein Mondlicht – nur das Nichts im Nichts, das man jenseits der dunkelsten Unendlichkeit finden mochte.
     

6
    Später wurde mir klar, daß ich Jinx auf dem Höhepunkt dieser an der Vernunft zerrenden Fahrt hätte wecken sollen. Ihre Reaktion hätte mir gezeigt, ob die Hälfte der Schöpfung schlagartig aus der Existenz gerückt worden war, oder ob ich mir das nur eingebildet hatte. Aber ich hatte nur dagesessen und hatte gegen eine neuerliche Bewußtseinsstörung angekämpft. Als ich den Anfall endlich überwunden hatte und den Kopf heben konnte, war die Straße vorhanden – sie erstreckte sich ganz normal in die Ferne, flankiert von Feldern und runden Hügeln, die im Mondlicht scharf hervortraten.
    Hier war er wieder – der rettende Umstand. Die Straße war verschwunden gewesen. Aber das konnte nicht sein, weil sie vorhanden war. Gleichermaßen war auch Lynch verschwunden, aber alles wies darauf hin, daß es ihn nie gegeben hatte. Es gab keine Möglichkeit, zu beweisen, daß ich die Skizze von Achilles und der Schildkröte gesehen hatte. Aber die ausgleichende Möglichkeit bestand darin, daß sie überhaupt nie gezeichnet worden war.
    Erst am folgenden Nachmittag kam Chuck Whitney mit einem derart schwierigen Simulektronik-Problem zu mir, daß meine Gedanken aus ihrer Tretmühle der Unvernunft befreit wurden.
    Er betrat mein Büro durch den Nebeneingang, ließ sich in den Sessel fallen und legte die Beine auf den Tisch.
    »So, endlich funktioniert der Beobachtungsmodulator wieder.«
    Ich trat vom Fenster zurück, wo ich mir die Demonstranten angesehen hatte.
    »Du scheinst nicht sehr glücklich darüber zu sein.«
    »Wir haben zwei ganze Tage verloren!«
    »Das holen wir ein.«
    »Klar.« Er lächelte müde. »Aber diese Umweltstörung hat unsere Kontakteinheit dort unten furchtbar erschreckt. Eine Weile dachte ich schon, P. Ashton schnappt uns über und wir müssen ihn herausnehmen.«
    »Ashton ist das einzige schwache Glied in Fullers System. Keine Analog-Mentalität kann das Wissen ertragen, daß sie lediglich ein Komplex elektrischer Ladungen in einer simulierten Wirklichkeit ist.«
    »Mir gefällt das auch nicht. Aber Fuller hatte recht. Wir müssen dort unten einen verläßlichen Beobachter haben. Hunderterlei Dinge könnten schiefgehen, bevor wir nach Tagen davon erfahren.«
    Dieses Problem hatte mich seit Wochen beschäftigt und schließlich dazu getrieben, einen Monat in Urlaub zu gehen, um mit meiner Unzufriedenheit fertig zu werden.
    Irgendwie vermochte ich die Überzeugung nicht loszuwerden, daß es ein Höchstmaß an Skrupellosigkeit darstellte, einer Kontakteinheit die Erkenntnis zu gestatten, daß sie nicht mehr ist, als ein elektronisch simuliertes Wesen.
    Entschlossen sagte ich: »Chuck, wir werden dieses System so bald wie möglich aufgeben. Statt dessen richten wir einen Beobachtungsstab ein. Wir führen alle Überprüfungen im Rahmen direkter Projektion in den Simulator durch. Es darf keine P. Ashtons mehr geben.«
    Er grinste erleichtert.
    »Ich fang gleich damit an.

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