Sind wir nun gluecklich
Diskussion bedürfen. Letztendlich haben wir bloß den gesunden Menschenverstand mit den Waffen der Vernunft verteidigt, aber in der heutigen Zeit, wo 1 plus 1 gleich 4 sein muss, ist es schon ein Grund zum Jubeln, wenn der gesunde Menschenverstand siegt …
China unter dem Mikroskop und die Zukunft unter der Lupe
»Die Eröffnungszeremonie war ausgezeichnet, erstaunlicherweise gab es aber keinerlei Bezüge auf Mao oder die Revolution, wie kommt das?« Diese Frage stellte mir ein ausländischer Journalist am 9. August, dem Tag nach der Eröffnung der Spiele.
Ich war amüsiert: »Wenn Sie nicht danach gefragt hätten, wäre ich überhaupt nicht auf die Idee gekommen, dass man darauf Bezug nehmen könnte.«
Als ich anderen Chinesen hinterher davon erzählte, fanden auch sie das witzig. Das war für uns eine völlig obsolete Frage, niemand hatte daran einen Gedanken verschwendet. Für einige Ausländer scheint das aber immer noch ein wichtiges Thema zu sein.
Dieser ausländische Kollege war nicht zum ersten Mal in China, im Gegenteil, er war eher ein China-Experte, und seine Frage war auch in bester Absicht gestellt.
»Es gibt hier augenblicklich nicht gerade wenige Demonstranten, auf dem Tian’anmen-Platz zum Beispiel und auch anderswo, warum berichten sie nicht darüber in ›Xinwen Lianbo‹?«
Diese Frage kam von einem anderen ausländischen Reporter, etwa zur Halbzeit der Olympiade. Ich zog ihn auf: »Eure Erwartungen werden ja von Tag zu Tag höher. Zuerst heißt es: ›Kann ich nach China einreisen?‹ Dann: ›Kann ich in China Interviews machen?‹ Und: ›Kann ich in China unabhängig und frei berichten?‹ – So geht das immer weiter, und nun erwartet ihr schon, ›Xinwen Lianbo‹ würde über Demonstrationen berichten.«
Ich habe nicht gelacht, als ich das sagte. Das gegenwärtige China stellt sich in den Augen der ausländischen Medien und im Ausland überhaupt sehr kompliziert dar. In dem Gewirr von Gestern, Heute und der Zukunft ist es schwierig, Verständnis, Missverständnisse oder Versöhnung in ein angemessenes Verhältnis zu bringen. Es besteht kein Zweifel daran, dass China seine Tore weit aufgestoßen hat. Über 20 000 ausländische Journalisten waren für die Olympischen Spiele registriert, dazu gab es solche, die nicht registriert und nur schwer zu erfassen sind, weil sie nicht exklusiv über die Spiele berichten. Ich habe einige von ihnen interviewt, und sie alle sagten mir ganz offen: »Wir interessieren uns für alle Fragen, die China betreffen.« Ich hatte deshalb eigens vor der Eröffnung der Spiele eine Sendung mit dem Titel »China unter dem Mikroskop« gemacht, denn mir ist klar, dass das einen Test bedeutet für uns, bei dem es nicht nur um »gute« oder »schlechte« Fakten geht. Es ist eher ein Schachspiel um Selbstvertrauen und Selbstrespekt.
Natürlich war die Kritik an China programmiert, aber was hatten wir in einem Dutzend Tage schon zu verlieren? Eigentlich nichts. Wenn man die Türen wirklich weit aufmacht, muss man damit rechnen, dass es kritische und misstrauische Berichte geben wird, aber eben auch die Chance auf mehr Verständnis anstelle von Missverständnissen. Die Olympischen Spiele bildeten eine Brücke zur Überwindung der Distanz zwischen China und dem Ausland. Mag sein, dass es an manchen Stellen gelang, anfängliche Missverständnisse in Verständnis münden zu lassen. Die Voraussetzung dafür ist aber, dass man sich von Angesicht zu Angesicht gegenübersteht und nicht mit dem Rücken zueinander. Eine weitere Überlegung ist: Auf dieser Welt gibt es wahrscheinlich weder besonders viele Menschen, die China lieben, noch solche, die es hassen. Den meisten Leuten fehlt es an Annäherungsmöglichkeiten und Informationen, die ihnen die Entscheidung erlauben, China zu lieben oder zu hassen. Die Olympischen Spiele sind ein entscheidender Wendepunkt, an dem wir das Selbstvertrauen haben sollten zu sagen: » Habt ihr China erst einmal kennengelernt, wird sich euer Hass in Luft auflösen.« Daher gibt es keinen Grund, das Tor nicht aufzustoßen, man kann es getrost noch weiter öffnen. Anfangs ist es ungewohnt, aber am Ende hat man viel gewonnen.
Davon abgesehen ist Chinas Demokratisierungsprozess auf dem besten Weg, der Reformprozess hat bereits eine tiefgehende Phase des Umbaus bestehender Strukturen eingeläutet. Demokratie, Freiheit, Menschenrechte … das sind keine Schlagworte, die nur während der Olympischen Spiele vorübergehend Bestand hatten, es handelt
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