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Sintflut (German Edition)

Sintflut (German Edition)

Titel: Sintflut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Schulze
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nicht, ob er es aus Gehässigkeit gemacht hat oder weil er dachte, wir hätten einen Deal. Wochen später haben sie Hassans großen Bruder Orib tot aus dem Main gezogen. Ich habe ihn nicht umgebracht, obwohl ich es liebend gern getan hätte. Aber ich hatte plötzlich eine Million Euro auf einem Nummernkonto in der Schweiz und Kollege Faller die Bankauszüge dazu auf seinem Schreibtisch liegen. Nie werde ich den Triumph in seinem Gesicht vergessen, als er sie mir unter die Nase hielt. Ich, die Kollegin mit der großen Klappe endlich klein genug, um sich im Schatten seiner Schnürsenkel zur Ruhe zu setzen.
     
    Akan serviert belegte Brote, schenkt Rotwein ein, stellt einen Aschenbecher auf den Wohnzimmertisch. Das besänftigt mich irgendwie. Paulas Knie hat Fortschritte gemacht. Sie darf es jetzt belasten, aber immer nur kurze Zeit. Ich erzähle von Fleischmann und Flavio. Paula stöhnt. »Tut mir leid, das mit Martin wusste ich nicht. Gut, dass du dich eingeschlossen hattest.«
    »Fleischmann muss verrückt sein«, meint Akan und gießt sich ein Glas Wein ein, »taucht der Kerl doch ausgerechnet hier auf.«
    Als ich dann noch Leos Botschaft überbringe, springt Paula auf. Gleich darauf zuckt sie zusammen und sinkt in die Polster zurück. »Was hat das zu bedeuten?«, fährt sie Akan zornig an, denn er hat ihr wohl die ganze Zeit etwas verschwiegen.
    »Paula, ich bin hier aufgewachsen. Ich durfte nichts sagen. Es ist ein Geheimnis und sollte es eigentlich auch bleiben. Nur die Dorfältesten …«
    »Dorfältesten?«, faucht Paula und zündet sich eine Zigarette an.
    »So heißt unser Gemeinderat. Aber man wird erst nach seinem 60. Geburtstag aufgenommen, vorausgesetzt, man hat bis dahin ein ehrliches Leben geführt. Erst dann erfährt man die ganze Wahrheit über das Spiel. Sie haben mich ins Vertrauen gezogen, das ist schon die absolute Ausnahme. Nun wollen sie euch ins Vertrauen ziehen, unglaublich. Aber es geht einfach nicht mehr anders. Nicht nur wegen der Journalisten oder der Morde. Es gibt noch einen Grund, warum wir befürchten, das Spiel nicht mehr schützen zu können.«
    Ich denke an Birguls Datei. Es wird höchste Zeit, damit rauszurücken. »Ich muss euch was sagen. Birgul Schmitzig …«, weiter komme ich nicht.
    Akan hat nur Ohren für Paula, die ihn kalt ansieht. Er schneidet mir einfach das Wort ab und redet weiter: »Alles, was ihr in der Kirche gesehen habt, sind Nachbildungen, das weißt du, Paula. Aber es gibt auch die Originale noch. Sie werden schon lange nicht mehr benutzt und an einem sicheren Ort aufbewahrt.«
    Paula sieht wütend aus und schweigt.
    »Das würde bedeuten«, sage ich an ihrer Stelle, »die Originale sind so um die 7000 Jahre alt.«
    »Stimmt«, fährt Akan fort, »aber es gibt auch jüngere Sachen, denn das Spiel wurde im Lauf der Jahrtausende erweitert. Wie und mit welchen Figuren weiß ich nicht genau, ich habe sie noch nie gesehen.«
    Paula muss jetzt einiges verdauen. Dietzendorf und die Journalisten waren besser informiert als sie, selbst Fleischmann wusste was. Wie soll sie sich da nicht verschaukelt vorkommen.
    »Jahrhunderte«, höre ich Akan sagen, »konnte Pluton die Originale sicher verstecken. Doch ausgerechnet da, wo das Versteck ist, soll jetzt ein Luxushotel gebaut werden. Es ist Leo nicht gelungen, das zu verhindern.«
    »Und das wäre wo?«, fragt Paula jetzt betont sachlich und schaut ganz kurz in seine Richtung, aber dann schnell wieder weg.
    »Nicht weit von hier. Schon in wenigen Wochen kommen die Bagger. Sobald dort der Fels weggesprengt wird, könnte die Höhle, in der Figuren versteckt sind, einstürzen oder vorher entdeckt werden. Beides wäre schlecht, denn dann könnte man uns den Schatz einfach wegnehmen. Entweder schaffen die Bauarbeiter ihn heimlich beiseite oder sie übergeben ihn den Behörden, dann wird er Staatseigentum. Dabei hat die ganze Welt einen Anspruch darauf.«
    Akan verschränkt die Arme und lehnt sich an eine Wand. Er schaut finster vor sich hin, dann geht er zu einem Fenster und macht es auf. Frische Nachtluft strömt herein. Jetzt ist Paula dran, und ihre Neugier siegt über ihren Ärger. »Und warum sucht ihr nicht einfach ein neues Versteck?«, fragt sie und steht vorsichtig auf.
    »Weil der Eingang zu der Höhle vor über 20 Jahren während eines Erdbebens verschüttet wurde«, erwidert er und hebt resigniert die Schultern. »Wir kommen nur rein, wenn wir graben. Und das geht nicht heimlich. Sobald jemand merkt, was wir da

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