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SISSI - Die Vampirjägerin

SISSI - Die Vampirjägerin

Titel: SISSI - Die Vampirjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Treppe hinunter. Knochen knirschten, als er versuchte, sich zu bewegen.
    »Gute Nacht!«, rief Edgar in den Keller hinab, dann schlug er die kaputte Tür zu. Franz-Josef hörte, wie etwas davorgeschoben wurde. Seine Augen schlossen sich, ohne dass er es wollte.
    Nein …
    »Hallo? Ist jemand hier?«
    Sissis Stimme! Franz-Josef kämpfte sich durch den Nebel seiner Benommenheit. Sein ganzer Körper schmerzte, doch die schlimmsten Verletzungen schienen geheilt zu sein. Die beiden Otter, die er am Vorabend leer getrunken hatte, mussten genügt haben. Am Treppengeländer zog er sich auf die Beine.
    Über sich hörte er Schritte. Sie waren zu leicht, um Edgars zu sein, also mussten sie von Sissi stammen. Die Erleichterung riss ihn vollends aus dem Schlaf. Irgendwie musste es ihr gelungen sein, sich zu befreien.
    Franz-Josef erreichte das Ende der Treppe. Die zersplitterte Tür wurde von außen von einem Möbelstück verdeckt, wahrscheinlich einem Schrank. Er drückte gegen die Rückwand. Sie war so dünn, dass sie unter seinen Fingerspitzen nachgab.
    Nein, sie gibt nicht nach, dachte er dann, als er die Scharniere bemerkte. Es war eine Tür, keine Rückwand. Irgendwann einmal hatte sie zu einem Geheimnis geführt.
    Was ist das nur für ein Haus?, fragte er sich.
    Er schob sie auf und sah durch die offene Schranktür in den Gang. Sissi verschwand gerade in ihrem Zimmer. Er wollte sie rufen, hielt aber im letzten Moment den Mund. Wenn Edgar noch schlief, wovon auszugehen war, durfte er ihn nicht wecken. Alte Vampire schliefen länger und tiefer als junge, aber laute Rufe weckten auch sie.
    Franz-Josef stieg aus dem Schrank und ging durch den Gang zur Zimmertür. Mit einem Blick nahm er das Bild auf, das sich ihm bot.
    Edgar lag unter dem Bett und schlief, Sissi stand davor und hatte das Katana erhoben. Die Spitze zeigte auf die Matratze. Das Schwert würde sie durchdringen, wenn sie zustieß, und sich ins Herz des Vampirs darunter bohren. Sissi wirkte so ruhig, so konzentriert, als habe sie das schon hundert Mal getan. Sie bot einen verstörenden Anblick, jung, hübsch und tödlich.
    Franz-Josef zögerte. Es wäre so einfach gewesen, nichts zu tun, sie zustoßen zu lassen und sein Problem in einer Pfütze aus Asche und Schleim verschwinden zu sehen. Doch als sich ihre Muskeln spannten und sie den Atem anhielt, machte er einen Satz nach vorn und packte ihre Hände.
    »Nein!«, sagte er. Franz-Josef sah den Schreck in ihrem Gesicht, spürte den Widerstand gegen seinen Griff.
    »Er ist ein Vampir«, flüsterte sie, als sei damit alles gesagt.
    »Das bin ich auch.«
    »Ich weiß.«
    Sie sahen sich an. Sissi hatte die Augen eines Rehs, weich und warm. Der harte Stahl in ihren Händen wirkte auf Franz-Josef wie ein Verrat an dem, was sie war, was sie hätte sein können.
    »Was hat man mit dir gemacht, dass du uns so hasst?«, fragte er leise.
    Die Frage schien sie zu verwirren, als habe sie noch nie in Betracht gezogen, dass es noch etwas anderes als Hass in ihrem Leben geben könnte.
    »Wirst du mich ihn töten lassen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Komm. Er wird bald aufwachen.«
    Franz-Josef ließ ihre Hände nicht los, selbst dann nicht, als sie das Schwert senkte. Er führte sie aus dem Zimmer, schloss die Tür und sie blieben im Flur stehen. Draußen verschwand die Abendsonne gerade hinter den Bäumen. Eine halbe Stunde noch, schätzte Franz-Josef, dann konnten sie aufbrechen. Er hoffte, dass Edgar nicht vorher aufwachte. Die Chancen standen gut, denn der Vampir war erschöpft und brauchte den Schlaf.
    Stumm standen sie sich gegenüber. Einige Male setzte Franz-Josef dazu an, etwas zu sagen, aber schließlich war es Sissi, die das Schweigen brach.
    »Was machst du hier?«, fragte sie.
    Franz-Josef erklärte es ihr, froh darüber, etwas Unverfängliches sagen zu können. Er holte zu weit aus und redete zu lang, doch Sissi schien das nicht zu stören, als sei auch sie froh, den großen Themen aus dem Weg gehen zu können.
    »Dann hast du mir das Leben gerettet«, sagte sie, als er nach einer Weile beim besten Willen nichts mehr hinzufügen konnte.
    »Du hättest dasselbe getan«, antwortete er, ohne nachzudenken, und sah, wie Sissi die Lippen zusammenpresste.
    Das Schweigen kehrte in den Flur zurück und machte es sich bequem. Franz-Josef warf einen sehnsüchtigen Blick aus dem Fenster des anderen Zimmers, aber die Sonne war noch nicht ganz untergegangen. Er wünschte, er hätte etwas tun oder sagen können, doch nichts wollte

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