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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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ihm erwartet. Ich meinte bloß, dass er sich das abschminken soll. Von mir aus kann er ruhig in London bleiben, wenn er das für eine gute Idee hält. Für mich steht fest, dass ich Hogmanay nicht in England rumhocken werde!
    Nachdem wir am St. Andrew’s Square aus dem Bus ausgestiegen sind, machen wir uns auf Richtung Montgomery Street. Auf dem Weg lassen wir uns noch ein bisschen Alk-to-go in einem Pub abfüllen. Der Bus hatte eine Stunde Verspätung wegen des vielen Verkehrs: Zu Neujahr fahren nämlich alle nach Hause. Gegen halb elf kommen wir in der Bude auf der Monty an, die Spud und Keezbo mittlerweile übernommen haben. Als wir eintreten, ist die Party schon in vollem Gang. Wir lassen uns nicht lange bitten, sondern stürzen uns gleich ins Getümmel. Es herrscht eine tolle Stimmung. Matty verhält sich allerdings komisch: Anstatt sich mit Nicksy zu unterhalten, der sich wie ein Schneemann über das Wiedersehen freut, kriegt er kaum ein Wort raus. Der blöde Wichser tut echt fast so, als wäre unser Kumpel aus London, der uns zu unseren Punkzeiten unter seine Fittiche genommen hat, ein Fremder für ihn. Ich kann’s kaum fassen und bin echt megasauer auf den Armleuchter. Zumindest ist Franco nett zu unserem Gast. — Du bist also aus London, Kumpel?, fragt er Nicksy. — Ich hab ma ne Alte aus London geknallt. In Benidorm war das. Erinnerste dich noch dran, Nelly? Benidorm? Diese beiden Kirschen aus London?
    Nelly schaut ein bisschen verwirrt, weil er keinen Plan hat, worüber der Generalissimo labert, nickt aber zustimmend.
    Dann werden die Instrumente ausgepackt, und wir spielen ein wenig. Es entwickelt sich eine kleine Jamsession. Nicksy zupft auf Mattys Akustikgitarre herum und entlockt der Klampfe Klänge, von denen ihr Besitzer nur träumen kann. Franco singt mit lauter, klarer und einfühlsamer Stimme über das Weintrinken und das damit einhergehende Wohlgefühl.
    Keezbo und ich versuchen, den Takt zu halten und einen anständigen Rhythmusteppich für Franco und Nicksy zu liefern. Begbies Stimme ist ein wahrer Ohrenschmaus. Die festliche Atmosphäre zu Hogmanay liefert den passenden Hintergrund für sein charakterstarkes Organ. Er hat genau die richtige Menge Alkohol intus und ist verdammt gut drauf. Für kurze Zeit verwandelt er sich in einen vollkommen anderen Menschen: eine vor Wärme und Anmut strahlende Figur.
    Ich schaue in die vom Schein der Kerzen erleuchteten Gesichter: Nicksy, Keezbo, Tommy, Spud (der endlich die Armschlinge los ist), Alison, Kelly, Franco, June, Matty, Shirley und Nelly. Dann ist da noch so ein ziemlich fertig dreinblickendes Girl mit langen, rabenschwarzen Haaren, das mit Nelly da ist, aber niemandem vorgestellt wurde. Dieser Typ hat echt die Social Skills eines Stormtroopers! Im Kamin brennt ein zünftiges Kohlenfeuer. (Die Heinis von der Stadtverwaltung können sich ihre ofenrauchfreie Zone heute sonst wohin schieben!) Alle sind sichtlich bewegt von Francos Gesang. Beim Refrain stimmt die gesamte Mannschaft ein, und so sind wir mit einem Mal zusammen, teilen diesen zerbrochenen Traum, von dem die Lyrics berichten …
    Begbie ist so sehr in seine Darbietung vertieft, dass er die Augen halb geschlossen hat. Mit sanfter Flüsterstimme singt er darüber, wie die Leute abends ins Bett gehen …
    Spud, der sentimentale Hund, ist von der Sache derart mitgenommen, dass er in Tränen ausbricht, als Franco mit schmachtender Stimme die nächste Strophe vorträgt. Matty wirkt immer noch eingeschnappt und unnahbar, obwohl Shirley lächelnd mit ihm im Takt wippt. Kelly und Alison schauen zu June rüber, die Franco anglotzt, als wäre er ein Rock-’n’-Roll-Star oder so was. Und irgendwie ist er das heute Abend ja auch. Aye, die Bühne gehört Franco. Nicksy zupft weiter hochkonzentriert auf der Klampfe, während Keezbo einen fluffigen Beat liefert und ich den Song mit einer Handvoll tiefer Noten auf dem Shergold Fretless untermale. Ich wünschte, ich hätte den Fender-Bass dabei, weil es bei dem Schummerlicht echt schwer ist, die Bundmarkierungen auf dem Fretless auszumachen. Begbie holt tief Luft und setzt zum großen Finale an, dem letzten Refrain des Songs, in dem er noch mal alles gibt.
    Am Ende des Liedes brechen alle in Jubel aus, was Franco nicht so wirklich in den Kram zu passen scheint. Ich zwinkere ihm zu und weiß, dass ihm das viel eher reinläuft, da es eine subtile Art ernst gemeinter Anerkennung ist. Mein kleiner Finger fühlt sich taub an. Ich bin’s einfach nicht

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