Skandalöse Küsse - Scandal Becomes Her
ich es ankommen lassen. Sobald Sie meine Frau sind, wird Ihr Vater, da bin ich sicher, seine Meinung ändern.«
»Aber ich nicht!«, versprach sie und verstärkte ihre Bemühungen, ihm zu entkommen.
Als er sie hochhob und sich ohne viele Umstände einfach über die Schulter warf, bekam sie plötzlich keine Luft mehr. Er hielt sie mit einem Arm über ihrem Hintern fest und durchquerte den Raum.
Nell war inzwischen vollkommen wach, ihre Gedanken überschlugen sich. Es gab nur einen Weg, wie er sich Zugang zum Haus verschaffen konnte: über ihren Balkon durch die unverriegelte Glastür. Aber woher hatte er gewusst, in welchem Zimmer sie schlief? Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Er musste sie ausspioniert haben, ihr heute Nacht vom Ball bei den Ellingsons nach Hause gefolgt sein. Er hätte gewiss erraten können, dass ihr Vater sich nicht sofort in seine Räume zurückziehen würde, sie vermutlich aber schon. Das hatte sie ihm selbst praktisch gesagt. Ärger erfasste sie. Er hatte nur die Fenster im oberen Stockwerk beobachten müssen und aufpassen, in welchem Raum kurz darauf die Kerzen ausgeblasen wurden. Hölle und Verdammnis über ihn! Und was für ein Glück für ihn, dass ihr Zimmer eines der wenigen war, das einen Balkon besaß, dachte sie erbost. Ihr sank das Herz. Sowohl die Geräusche, als auch die Richtung, in die sie sich bewegten, verrieten, dass er das Haus auf demselben Wege wieder verlassen wollte, auf dem er es betreten hatte.
Da sie wusste, jede Sekunde zählte, dass, wenn er sie erst
einmal weit genug vom Haus und dem Schutz ihres Vaters fortgeschafft hätte, alles verloren wäre, holte sie tief Luft und schrie.
Tynedale zuckte zusammen. Er fluchte und stolperte, stieg halb und fiel halb über die Balkonbrüstung. »Alte Hexe! Mach das noch einmal«, erklärte er drohend, während er den riskanten Abstieg begann, »und ich erwürge dich.«
Nell kniff die Augen zusammen, erkannte entsetzt, dass sie sich in einer gefährlichen Lage so weit über dem Boden befand und hin und her schwang. Er musste ein Seil benutzt haben, es irgendwie am Balkon befestigt haben und daran hochgeklettert sein. Und jetzt stieg er mit ihr daran wieder nach unten. Gütiger Himmel!
Eingeschüchtert von dem Wissen, dass, wenn sich Tynedales Griff um sie lockerte oder ihm das Seil entglitt, sie auf die steinerne Terrasse unten stürzen würde, verharrte Nell stocksteif auf seiner Schulter. Sobald sie seine Füße den Boden berühren spürte, schrie sie erneut, trat und wand sich in seinen Händen.
»Ich habe dich gewarnt!«, knurrte er.
Sein Griff verlagerte sich, und sie glitt in die Senkrechte. Im nächsten Moment gab es eine blendend grelle Explosion in ihrem Kopf, und die Welt um sie wurde dunkel.
Doch Nells Schreie waren nicht ungehört verhallt. Über die Geräusche des Sturmes hinweg hörte Robert den ersten Schrei nur ganz schwach. Aber er hatte etwas vernommen, und da er gerade das Haus betreten wollte, blieb er vor der Tür stehen und lauschte. Er hatte eben erst entschieden, dass er sich getäuscht haben musste, als erneut ein schwaches Geräusch an sein Ohr drang. Der Wind und der Regen zusammen mit dem massigen Gebäude verfälschten den Laut, doch
Robert war überzeugt davon, etwas gehört zu haben. Ein Kätzchen? Einen jaulenden Hund?
Mit gerunzelter Stirn betrat er das Haus. Sir Edward durchquerte gerade die mit schwarzem und weißem Marmor geflieste Eingangshalle und lächelte ihm zu.
»Hat Drew das Pferd gekauft?«, erkundigte er sich mit hochgezogenen Brauen.
Robert lachte. »Es war sehr knapp, aber Henry und ich konnten ihn überzeugen, dass es nicht klug wäre.« Sein Stirnrunzeln kehrte zurück. »Hast du eben auch dieses merkwürdige Geräusch gehört?«, fragte er.
»Was für ein merkwürdiges Geräusch denn? Außer dem gewöhnlichen Heulen und Pfeifen des Sturmes nichts. Warum fragst du?«
»Ich dachte, da wäre etwas gewesen …« Er zuckte die Schultern. »Vermutlich ist es nichts, aber ich denke, ich sehe mich kurz um, ehe ich ins Bett gehe.«
Nachdem er einige Minuten später nichts Auffälliges gefunden hatte, kam sich Robert ein bisschen albern vor, als er vor Nells Tür stand und klopfte. Als sie nicht antwortete, beunruhigte ihn das nicht weiter; Sir Edward hatte erwähnt, dass sie sich zu Bett begeben hatte, praktisch direkt nachdem sie heimgekommen waren. Bestimmt schlief sie. Robert lächelte. Nell schlief bekanntermaßen wie eine Tote, und selbst das Toben des
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