Skandalöse Küsse - Scandal Becomes Her
bekommen! Er wollte das von Nell nicht glauben, aber, ermahnte er sich, trotz der Vertrautheit, die gegenwärtig zwischen ihnen entstand, kannten sie sich nicht gut - und außerdem hatte sie ihn nicht heiraten wollen …
Ein leises Klopfen an der Tür unterbrach seine Gedanken, und auf seine Aufforderung hin trat Dibble ein. »Mylord, der Arzt ist da.«
»Ah, ja. Führen Sie ihn in Myladys Gemächer. Sie wird gleich nachkommen.«
Die Tür schloss sich wieder hinter dem Butler. Mit einem viel sagenden Blick zu Julian erhob Nell sich. »Ich habe schon erklärt, dass ich keinen Arzt benötige.«
»Und ich hatte erwidert, dass ich denke, es wäre trotzdem besser, wenn Sie sich untersuchen ließen«, entgegnete Julian gelassen.
»Und wenn ich mich weigere?«, erkundigte sie sich mit einem herausfordernden Glitzern in den Augen.
Er stand auf. »Das wäre mir sehr unangenehm«, antwortete
Julian mit trügerisch leiser Stimme, »aber wenn Sie sich weigern, dann sähe ich mich gezwungen, Sie die Stufen persönlich nach oben zu tragen und in Ihr Zimmer zu verfrachten.«
Sie betrachtete seine schlanke, aber kräftige Gestalt, und ein köstlicher kleiner Schauer durchlief sie, wenn sie sich vorstellte, dass er sie auf seinen Armen nach oben trug. Sie erwog, es darauf ankommen zu lassen, aber am Ende entschied sie, dass es kein Kampf war, in dem es ihre Rechte durchzusetzen galt.
»Erpresser«, sagte sie.
»Aber nur zu Ihrem Besten«, erwiderte er mit einem schiefen Lächeln. »Kommen Sie, ich begleite Sie zu Ihren Räumen und stelle Ihnen Dr. Coleman vor.«
Nebeneinander gingen sie die Stufen empor und betraten ihren Salon. Ein hochgewachsener Mann stand mit dem Rücken zu ihnen und starrte aus dem breiten Fenster. Beim Geräusch der sich öffnenden Tür drehte er sich um und lächelte.
Nell blieb beinahe das Herz stehen, als sie den gut aussehenden Fremden vor ihr musterte. Genauso gut hätte sie ihren Ehemann anschauen können. Sie betrachtete wieder Julian, dann erneut den anderen Mann. Nein, auf den zweiten Blick bemerkte sie, dass sie nicht ganz gleich aussahen, aber sie hatten genug gemeinsame Züge, um in ihr Fragen zu wecken.
Julian übernahm die Vorstellung und ließ sie nach ein paar Augenblicken höflicher Konversation allein.
»Sollen wir in Ihr Ankleidezimmer gehen, Mylady?«, schlug Dr. Coleman lächelnd vor. »Ich verspreche auch, dass die Untersuchung nicht lange dauern wird.«
Er erinnerte sie wirklich an Julian, und das Lächeln...
Sie erwiderte es. »Es ist wirklich gar nicht nötig«, sagte sie. »Ich habe bloß etwas gegessen, das ich nicht vertragen habe - Hummer in Butter. Ich bin ansonsten kerngesund.«
»Ja, das stimmt sicher, aber um Seine Lordschaft glücklich zu machen, denke ich, wir sollten uns wenigstens« - ein Funkeln trat in seine leuchtend grünen Augen - »bemühen, den Anschein zu erwecken, als hätte ich Sie gründlich untersucht.«
Da musste sie lachen. Sie mochte diesen Arzt. In seiner Gegenwart war sie schon viel entspannter, und so führte sie ihn in ihr Ankleidezimmer. »Wohnen Sie in der Nähe?«, fragte sie ihn währenddessen.
Er nickte und stellte seine kleine schwarze Ledertasche ab, die er bei sich trug. »Ja, nicht mehr als ein paar Meilen die Straße hinab, im Rose Cottage.«
»Oh, daran erinnere ich mich. Es ist ein reizendes Haus, umgeben von lauter Rosenbögen.«
»Danke. Es ist ein gemütliches Heim, und der Duft der Rosen im Sommer ist herrlich.«
Sie hätte ihm gerne noch mehr Fragen gestellt, aber er bedeutete ihr, sich hinzusetzen, und sagte: »Nun gut. Ich werde Sie, fürchte ich, ein wenig ausfragen und ihren Puls messen müssen, um Seiner Lordschaft in die Augen sehen zu können. Stört es Sie?«
Das tat es nicht. Während sie sich angeregt unterhielten, erledigte er zügig seine Aufgabe. Sein Verhalten war so angenehm, dass ihr erst, als sie durch ihren Salon gingen, auffiel, dass er sie überaus gründlich untersucht hatte und dabei mehrere forschende Fragen zu ihrer Gesundheit eingestreut hatte.
An der Tür angekommen lächelte sie ihn an und erklärte: »Sie sind ein überaus kluger Mann, Dr. Coleman - mich so
geschickt abzulenken, dass ich es Ihnen gestatte, genau das zu tun, was mein Mann wollte.«
Seine Tasche in der einen Hand, erwiderte er ihr Lächeln. »Sie haben mich durchschaut. Aber urteilen Sie nicht zu hart über mich. Lord Wyndham ist ein umsichtiger Gutsherr. Ich würde ihn ungern enttäuschen.« Das Funkeln trat wieder in
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